595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)
Joanne K. Rowling?«, hake ich nach.
»Wer ist das? Hält die mich für dumm? Die Schlampe kenne ich nicht. Ist sie eine Nutte?«
»Eine Nutte?«, wiederhole ich fassungslos. »Du kennst Rowling nicht? Sie ist die Allergrößte. Sie hat Harry Potter geschrieben.«
»Die Filme? Mit deren Raubkopien habe ich viel Knete verdient.«
»Die Bücher«, korrigiere ich ihn.
»Dazu gibt es Bücher?«
Jemand anders möge ihn aufklären, was zuerst erschienen ist. »Rowling ist reicher als die Queen.«
Bedrohlich streckt er mir seinen wurstigen Zeigefinger entgegen. »Verarsch mich nicht! Niemand ist reicher als die Queen. Wag es nicht, sie zu beleidigen! Ich liebe das englische Königshaus.«
»Ich beweise es!«, beschwichtige ich ihn und greife nach meinem Smartphone. Bei Google tippe ich die Suchanfrage ›Rowling reicher als Queen‹ ein und öffne das erste Ergebnis. Ein Bericht aus dem Stern, etwa zehn Jahre alt. Ich gebe Dimitri das Handy, der den Artikel überrascht liest.
Schließlich lacht er laut auf. »Unfassbar!« Er schlägt seinem Leibwächter auf die Schulter. »Wir schreiben gleich ein Buch. Wie schwer kann das sein? Wer interessiert sich bloß für so einen Quatsch?«
»Mein Sohn liebt Harry Potter«, antwortet der Beschützer mit überraschend sanfter Stimme.
Angeekelt mustert ihn sein Arbeitgeber. »Ist dein Sohn schwul?«
»Er liebt die Bücher«, korrigiert sich der Mann.
»Bücher lieben ist nicht besser als schwul sein.« Nach dieser Belehrung wendet er sich wieder mir zu. »Bist du auch so reich?«
»Nicht ganz.«
»Aber du hast kein Bargeld?«
»Nein.«
»Und du willst um all deine Einkünfte pokern?«
»Um alle Einkünfte aus meinen bisherigen Romanen bis zu meinem Tod«, erinnere ich ihn. »Danach gehören sie meinen Erben. Wir werden viele Kinder in die Welt setzen.«
»Wovon willst du sie ernähren, wenn du verlierst?«, fragt er mich herablassend. »Schickst du sie dann auf den Strich?«
»Ich verliere nicht«, antworte ich selbstsicher.
»Was bringt mir dein Vorschlag, falls du demnächst stirbst?«
»Ich bin siebenunddreißig. Warum sollte ich bald sterben?« Irgendwie schaffe ich es, amüsiert zu schmunzeln.
»Vielleicht ein Autounfall, weil du dich mit den falschen Leuten eingelassen hast?«
Droht er mir? Kann ich eventuell einen anderen Plan in die Tat umsetzen? Beispielsweise Samstagnacht in mein Auto steigen und einen tödlichen Unfall verursachen? Würde man ihn wohl verdächtigen?
»Hast du ein Problem mit mir?«
»Du kommst hierher, busselst mit meiner Stute und verlangst dreist Geld von mir«, fasst er zusammen. »Weshalb sollte ich ein Problem mit dir haben?«
Offensichtlich ist er von meiner Idee nicht angetan. »Hey! Ich mache dir lediglich ein geschäftliches Angebot. Gib Arabella und mir eine Chance«, beschwöre ich ihn.
Wortlos steht er auf. Nach dem Austrinken seines Glases verschwindet er Richtung Toiletten. Der Bodyguard folgt ihm mit etwas Abstand.
Schweigend warten wir auf seine Rückkehr.
»Du unterschreibst, dass die erwähnten Honorare bis zu deinem Tod an mich fließen?«, vergewissert er sich zu meiner Überraschung, nachdem er sich wieder gesetzt hat. Ich hatte befürchtet, er würde ohne ein weiteres Wort die Bar verlassen.
»Ja«, bestätige ich.
»Dir ist klar, dass ich sehr böse werde, wenn du mich betrügst?«
»Dich möchte ich nicht zum Feind haben«, erwidere ich ehrlich.
»Klug von dir.«
Als sich die Bedienung nähert, scheucht Dimitri sie wie ein lästiges Insekt mit einer Handbewegung weg.
»Es gibt zwei Bedingungen.«
»Welche?«
»Ich leihe dir hunderttausend Euro.«
»Nur hundert? Die Rechte sind viel mehr wert!«
»Dann such dir jemand anderen, der dir bis Samstagmittag den Einsatz leiht.«
»Ihr setzt jeder eine Viertelmillion!«
Anteilslos zuckt er mit den Achseln.
Durch dieses geringere Grundkapital reduzieren sich meine Gewinnchancen erheblich. Aber was habe ich zu verlieren? Von Samstagabend bis Sonntagfrüh verdient er keinen Cent mit meinen Büchern.
»Einverstanden«, sage ich zähneknirschend.
Er wendet sich Arabella zu. »Im Gegensatz zum letzten Mal bist du bei dieser Pokerrunde anwesend. Sobald ich gewonnen habe, ziehen wir uns auf ein Zimmer zurück. Danach wirst du für mich anschaffen, sonst breche ich deinem Freund alle Knochen. Das ist meine zweite Bedingung!«
»Nein!«, widerspreche ich energisch.
Der Leibwächter legt mir seine linke Pranke auf die Schulter, Dimitri hingegen schenkt mir
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