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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Brüderchen töten sollen.“
    „Das traue ich ihnen nicht zu!“
    „Ich traue ihnen zu, daß sie um der Bezahlung willen diesen Auftrag übernommen haben, aber ich traue ihnen die strikte Ausführung desselben auch nicht zu. Sie haben den Sohn der Botenfrau mit eingescharrt. Das ist des Nachts geschehen, eine gute halbe Stunde, bevor es im Schloß brannte. Wie nun, wenn man einmal nachgraben ließe, ob sich in jenem Grab wirklich die Reste einer Kinderleiche befinden?“
    „Wie meinen Sie das?“ fragte sie gespannt.
    „Ich denke, die beiden Pascher haben den alten, braven Totengräber übers Ohr gehauen. Sie haben die Leiche entfernt und nur den leeren Sarg einscharren helfen.“
    „Ich sehe aber nicht ein, weshalb und wozu!“
    „Nun, sehr einfach: um nicht gezwungen zu sein, Ihr kleines Brüderchen zu töten. Sie wollten das Geld verdienen, die Leiche des Knaben mußte also gefunden sein. Sie nahmen Ihren Bruder fort, legten das Kind der Botenfrau an seine Stelle und brannten das Bettchen an, damit die Verwechslung nicht bemerkt werden könne. So ist meine Kombination.“
    Da erhob sich Alma langsam und wie starr vom Stuhl. Gerade und aufrecht vor dem Fürsten stehend fragte sie:
    „Sie meinen, daß mein Bruder nicht getötet worden sei?“
    „Das meine ich.“
    „Daß er auch nicht mit verbrannt sei?“
    „Das will ich eben sagen.“
    „So kann er ja noch leben!“
    „Das ist leicht möglich!“
    Da schlug sie die Hände zusammen und rief: „Und das alles sagen Sie in einem so ruhigen und kalten Ton!“
    „Weil ich nicht Hoffnungen in Ihnen erwecken will, welche sich als trügerisch erweisen können. Halten Sie den kleinen Robert immerhin für tot, und lassen Sie mich weiter forschen.“
    „Gott, welch eine Freude, welch ein Glück, wenn er noch lebte!“
    „Ja. Welch eine Freude für Sie, und welch ein Schlag für Ihren Cousin!“
    „Er müßte die ganze Erbschaft herausgeben!“
    „Dazu würde er allerdings gezwungen sein!“
    „Durchlaucht, schreiten wir so rasch wie möglich auf der Bahn fort, die Ihr Scharfsinn uns eröffnet hat! Lassen wir schleunigst nachgraben, ob sich eine Kinderleiche im Sarg befindet!“
    „Gemach, gemach!“ meinte er lächelnd. „Zur Exhumierung einer Leiche gehört ein langer Aktenweg. Und selbst für den Fall, daß wir nur einen leeren Sarg vorfänden, was hätten wir erreicht? Nichts als die persönliche Überzeugung, daß meine Schlüsse korrekt gewesen sind.“
    „Aber man muß doch etwas tun!“
    „Allerdings! Die beiden Schmiede müssen gefaßt werden. Der Alte wird nicht mehr lange leben; man muß sich also beeilen. Eine grimmige Feindschaft mit ihrem früheren Verbündeten, Ihrem Cousin, würde am schnellsten zum Ziel führen. Lassen Sie mir Zeit zum Nachdenken und zu meinen Arrangements, so kann ich Ihnen die Hoffnung geben, daß wir früher oder später in jeder Beziehung zum Ziel gelangen.“
    Bei diesen Worten erhob er sich. Sie fragte:
    „Sie wollen sich verabschieden?“
    „Ja. Es sind Stunden vergangen, und der Tag möchte mich hier überraschen. Wollen Sie mir die Art und Weise verzeihen, in der ich heute bei Ihnen Zutritt nahm?“
    „Gern, Durchlaucht! Aber diese Art und Weise ist mir ein Geheimnis. Wer hat Sie eingelassen?“
    „Niemand.“
    „Aber wie konnten Sie zu dieser Stunde –?“
    Er unterbrach sie durch eine Handbewegung und antwortete in sehr launigem Ton:
    „Sie haben heute bei Oberst von Hellenbach gesehen, daß ich teuflische Künste treibe. Fragen Sie heut nicht! Vielleicht weihe ich Sie später in meine magischen Geheimnisse ein!“
    „So werde ich auch in dieser Beziehung warten müssen!“
    „Hoffentlich nicht sehr lange Zeit! Und nun möchte ich endlich mit einer Bitte scheiden!“
    „Bitten Sie getrost, Durchlaucht! Ich gewähre, was zu gewähren mir möglich ist.“
    „Lassen wir nicht öffentlich merken, daß wir befreundet und Verbündete sind! Je weniger wir uns zu kennen scheinen, desto mehr werden wir durch heimliches Zusammenwirken erreichen.“
    „Ich stimme bei, denn ich sehe ein, daß Ihre Ansicht die richtige ist. Aber, wie jetzt?“ fuhr sie lächelnd fort. „Werden Sie so ohne Hilfe verschwinden, wie Sie uns ohne unseren Beistand erschienen sind?“
    „Ich will die Geister nicht zu viel belästigen und ersuche Sie, mir durch die Zofe öffnen zu lassen!“
    Sie nahmen freundlichen Abschied voneinander, und als er fort war und das Mädchen schon längst wieder im Schlummer lag, saß Alma noch bei

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