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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Fälle gerüstet zu sein. Der Jude Salomon Levi ist der geeignete Mann dazu. Heute habe ich meine ganze Zukunft in den Händen. Ich werde so handeln, daß ich mich nicht später selbst auszulachen brauche!“
    Sie klingelte ihrer Zofe, um Toilette zu machen. Als dann später ihr Wagen vor dem Palais des Fürsten hielt, war dieser erst vor kurzem zurückgekehrt. Doch waren bereits alle Vorkehrungen zu ihrem Empfang getroffen.
    Anton, der Diener und eigentliche Geheimpolizist, stand vor ihm, um seine Andeutungen zu verdeutlichen.
    „Wie kommt es, daß ihr auf den Ball verzichtet?“ fragte der Fürst.
    „Das Zöfchen hat sich mit einer Freundin, die mit geladen ist, gezankt. Darum geht sie nicht.“
    „Aber sie hat dich zu sich bestellt?“
    „Ja. Darf ich um Erlaubnis bitten?“
    „Gewiß! Mir ist es außerordentlich lieb, daß du heute bei Helfensteins bist. Wird dich die andere Dienerschaft sehen?“
    „Nein. Ich leide an stiller Liebe.“
    „Schön. Die Baronin kommt zu mir. Ich weiß nicht, wie lange sie sich verweilen wird, aber es wäre mir von größter Wichtigkeit, wenn du sie nach ihrer Heimkehr beobachten könntest.“
    Anton zog ein sehr pfiffiges Gesicht und antwortete:
    „Man müßte das ganz außerordentlich dumm anfangen.“
    „Wieso?“
    „Sich von der Baronin überraschen lassen.“
    „Wärst du es nicht, der das sagt, so würde ich dich für einen großen Dummkopf halten. Bei dir aber hat sich hinter diese Dummheit sicher ein guter Gedanke versteckt.“
    „Ich denke es!“
    „Du meinst doch nicht etwa, erwischen lassen?“
    „Fällt mir nicht ein! Überraschen lassen und erwischen lassen, das ist jedenfalls ganz zweierlei.“
    „Ich errate! Du beabsichtigst, dich im Zimmer der Baronin überraschen zu lassen?“
    „Ja. Ich werde das Zöfchen zu überreden wissen, daß wir dort am Allersichersten sind.“
    „Dann kommt plötzlich die Baronin. Du hast keine Zeit, dich zu entfernen und versteckst dich bei ihr, um sie zu beobachten?“
    „So ist es. Das Zöfchen wird vor Angst vergehen, ich aber werde in aller Ruhe meine Beobachtungen anstellen.“
    „Du magst der Zofe sagen, daß die Baronin erst um Mitternacht heimkehren werde, und ich sorge dafür, daß sie eher kommt. Aber das, was ich beobachtet wünsche, wird im Schlafzimmer geschehen, wenn mich meine Vermutung nicht täuscht.“
    „So verstecke ich mich dort. Mir ganz gleich. Vielleicht unter das Bett. Da bin ich am sichersten.“
    „Wie du dann herauskommst, das ist natürlich deine Sache!“
    „Nichts leichter als das! Ich warte, bis die gnädige Frau eingeschlafen ist, und schleiche mich dann hinaus, wo die Zofe mich jedenfalls erwarten wird.“
    „Ich vertraue deiner Gewandtheit. Es ist möglich, daß sich meine Vermutungen als trügerisch erweisen, aber ich muß auf den betreffenden Fall vorbereitet sein. Habe ich mit meiner Ahnung das Richtige getroffen, so halte ich von der Heimkehr der Baronin an in der Nähe ihrer Wohnung Wacht. Du findest mich am großen Brunnen lehnend. Ah, es klingelt! Sie kommt! Du kannst gehen!“
    Anton entfernte sich, und der Fürst ging der Baronin entgegen. Nachdem sie abgelegt hatte, führte er sie direkt in sein Arbeitszimmer. Er wollte sie mit Absicht in die unmittelbare Nähe seines Toilettenzimmers, in welchem sich seine Wertsachen befanden, plazieren.
    Sie war nur eilig durch einige Gemächer geschritten, dennoch war sie geblendet von dem Reichtum, der ihr da entgegenstrahlte. Sie kam sich wie ein armes Weib gegen diesen Krösus vor, dem doch dieser Glanz sehr gleichgültig zu sein schien.
    „Verzeihung, daß ich Sie nicht zum Salon nötige!“ sagte er. „Liebe Personen pflegt man im trauteren Raum zu empfangen.“
    „Ich habe nicht zu verzeihen, sondern zu danken“, antwortete sie geschmeichelt. „Der Salon würde erkältend wirken, während ich mich hier in dem Raum, der Ihr engeres Wirken sieht, als zu Ihnen gehörig fühlen darf.“
    Das Gespräch bewegte sich in rein freundlicher Weise, obgleich sie sich alle Mühe gab, es auf das Gebiet der Liebe hinüberzuspielen. Aber stets, wenn sie zärtlich zu werden drohte, warf er ihr ein Wort entgegen, vor dem sich ihre allzu große Wärme flüchten mußte. Dann kam Adolf, um zu servieren.
    „Ein kleines Souper unter zweien, meine Verehrteste“, sagte der Fürst. „Leider mangelt meinem Heim das weibliche Prinzip. Ich werde um Nachsicht zu bitten haben!“
    „Das weibliche Prinzip ist heute zugegen“, antwortete sie.

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