60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken
Residenz.“
„Ja, das wäre das gescheiteste.“
„Für Sie allein! Aber dennoch, vielleicht sehen wir ruhig zu, daß der Brandt aufgeknüpft wird.“
„Macht, was ihr wollt!“
„Schön! Komm, Junge! Hier sind wir fertig.“
Er machte Miene zu gehen. Da aber stellte der Baron sich ihm schnell in den Weg und sagte:
„Mensch, bist du toll! Was hast du davon, wenn sie den Brandt freilassen!“
„Ich habe meine Pflicht getan!“
„Aber nichts dafür bekommen!“
„Bekomme ich für das Gegenteil etwas?“
„Natürlich! Ihr Schufte seid ja doch nur gekommen, um euch für euer Schweigen eine Bezahlung zu erpressen!“
„Das gebe ich freilich zu!“ gestand der Schmied sehr aufrichtig.
„Nun gut! Wieviel verlangt ihr?“
„Wieviel bieten Sie?“
„Fünfzig Taler.“
Da sah ihn der Schmied an, als ob er ein Wundertier anzustaunen habe, schlug ein schallendes Gelächter auf und rief:
„Fünfzig Taler? Hörst du es, Junge? Fünfzig Taler, lumpige fünfzig Taler für die Ehre und das Leben eines Barons! Das hätte ich nicht gedacht!“
„Gut, ich gebe hundert!“
„Viel, viel zuwenig!“
„Wie viele wollt ihr denn?“
„Gradheraus und kurz gesagt, zehntausend Taler.“
Da fuhr der Baron zurück, als ob er von einer Natter gebissen worden sei. Er sagte:
„Zehntausend Taler? Mensch, du bist zehntausendmal verrückt. Das ist ja ein ganzes Vermögen!“
„Freilich!“ antwortete der Schmied trocken. „Ich will nämlich reich werden.“
„Was geht das mich an! Wenn ich es auch geben wollte, ich könnte es doch nicht geben. Ich bin ja selbst arm!“
„Borgen Sie es sich!“
„Wer soll mir eine solche Summe borgen!“
„Hm! Ja, ja! Ich weiß gar wohl, daß es mit Ihrem Beutel nicht sehr gut bestellt ist. Aber vielleicht läßt sich da helfen. Geben Sie uns einen Wechsel!“
„Kerls, was versteht ihr denn von einem Wechsel!“
„Ich meine nämlich einen Wechsel auf Sicht“, fuhr der Schmied ganz unbeirrt fort.
„Der würde euch ja auch nichts nützen!“
„Warum nicht?“
„Ich könnte ihn ja gar nicht bezahlen!“
„Oh, wir würden Sie schon so weit bringen, daß Sie imstande wären, so eine kleine Summe zu bezahlen!“
Er horchte auf und sagte:
„Ich verstehe Euch nicht. Erklärt Euch deutlicher!“
„Hm! Da gibt es doch nicht viel zu erklären! Sie heißen ja Baron Helfenstein!“
„Was nutzt mir das?“
„Helfenstein ist doch eine große, reiche Besitzung!“
„Aber sie gehört mir nicht.“
„Daran sind Sie selbst schuld. Sie sind ja der Erbe!“
„Ja, wenn das Kind nicht wäre!“
Der Schmied schnipste mit den Fingern und meinte verächtlich:
„Das Kind! Hm, das Kind! Wem kann ein Kind im Weg sein!“
Der Baron trat an das Fenster und blickte eine Weile lang sinnend hinaus. Tausendmal schon hatte er daran gedacht, das Kind auf die Seite schaffen zu lassen. Er selbst wollte es nicht tun, und wo fand sich einer, dem er vertrauen konnte? Hier nun boten sich gleich zwei freiwillig an. Dazu kam, daß, wenn er ihnen das Geschäft übertrug, er sie auch in Beziehung auf die Ermordung des Hauptmanns zum Schweigen brachte. Und da waren zehntausend Taler keine große Summe. Er drehte sich also zu ihnen um und sagte:
„Wolf, ich glaube, Ihr habt mir einen Vorschlag zu machen?“
„Ja“, antwortete der Schmied schnell.
„Nun, welchen?“
„Sie geben mir heut einen Wechsel auf Sicht über die zehntausend Taler.“
„Was habe ich dafür?“
„Erstens gehen wir nicht nach der Residenz, und zweitens sind Sie in kurzer Zeit Besitzer der ganzen Herrschaft Helfenstein. Sind Sie es zufrieden?“
„Wann wird der Wechsel präsentiert?“
„Sobald wir merken, daß Sie ihn ohne große Opfer einlösen können. Sie sehen, wir sind sehr gefällig.“
„Hol euch der Teufel! Aber ich will euch gestehen, daß ich euch nicht für solche Spitzbuben, sondern für ganz und gar ehrliche Leute gehalten habe.“
„Hm! Wir zum Beispiel haben Sie stets für einen Spitzbuben gehalten, gnädiger Herr Baron!“
„Mensch! Schlingel! Was fällt dir ein!“
„Oh, wenn ich unter Kameraden bin, nehme ich niemals ein Blatt vor den Mund. Sie müssen nämlich wissen, daß ich schon seit einer langen Reihe von Jahren bei den Schmugglern bin.“
„Ah! Wirklich?“ fragte der Baron rasch. „Bringt das viel ein?“
„Ungeheuer! Es ist sicherer als das Hasardspiel. Wäre ich ein vornehmer und reicher Herr, ich spielte niemals ein anderes Spiel, als den
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