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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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war, so mußte die Untersuchung bis zu ihrer Genesung ruhen.
    Die pflichteifrigen Beamten hielten es nicht für unmöglich, daß der Angeklagte schuldlos sei. Sie taten alles, was zu seiner Rettung in ihrer Macht stand, aber der Beweise gegen ihn waren zu viele und klare, und der Baron verhielt sich so schlau, daß es unmöglich war, gegen ihn vorzugehen.
    Als die Voruntersuchung beendet war, hatte man Brandt nach der Residenz gebracht, wo so schwere Verbrechen abgeurteilt zu werden pflegten. Endlich hatte man das Material zusammen; Beweise für oder gegen ihn schienen nicht mehr auffindbar zu sein, und so wurde der Termin zur öffentlichen Verhandlung festgesetzt.
    Drei Tage vor diesem Termin schritten zwei Männer, in einem eifrigen Gespräche begriffen, auf der Vicinalstraße dahin, welche von Helfenstein aus in östlicher Richtung durch das Gebirge führt. Es war der Schmied mit seinem Sohn. Was sie besprachen, schien, nach den Gesten zu beurteilen, mit denen sie ihre Reden begleiteten, für sie von großer Wichtigkeit zu sein.
    „Nun sage mir aber auch, wohin wir gehen“, meinte der Sohn.
    „Wohin? Kannst du dir das nicht denken?“ fragte der Vater.
    „O doch!“
    „Nun, wohin?“
    „Nach der Eisenbahn.“
    „Hm! Du denkst, wir werden mit der Bahn fahren? Wohin denn?“
    „Nach der Residenz.“
    „Und was wollen wir dort?“
    „Den Brandt retten. Weißt du, erst war ich ihm ungeheuer bös, daß er damals der Gesellschaft solchen Schaden gemacht hat, aber er ist mein Schulkamerad und stets ein guter Kerl gewesen, obgleich der ermordete Baron gern einen großen Herrn aus ihm gemacht hätte. Nun werden sie ihn verurteilen und aufknüpfen, unschuldig, wie wir beide wissen. Das ist doch sehr traurig, und wir haben ihn auf dem Gewissen!“
    „Du redest wahrhaftig wie ein Katechismus!“
    „Nun, habe ich nicht recht? Geht es nach der Residenz?“
    „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Es hängt das ab von dem Mann, zu dem wir jetzt gehen.“
    „Wer ist das?“
    „Baron Franz von Helfenstein.“
    „Ah! Zu dem willst du? Was sollen wir bei ihm?“
    „Närrischer Kerl, kannst du dir das nicht denken?“
    „Nein.“
    „So bist du dümmer als dein Vater.“
    „Sage es; da brauche ich nicht zu raten.“
    „Das ist unnötig. Du wirst hören, was ich mit ihm spreche, und brauchst dann nur immer das zu wollen, was ich will.“
    Sie gelangten in ein Dörfchen, welches zu einer Herrschaft gehörte. Der Edelsitz sah eher einem alten Bauernhause als einem Schloß ähnlich. Er war das einzige und sehr verschuldete Eigentum des Barons Franz von Helfenstein. Der Sommer war noch nicht in das Land gekommen, die Zeit zu einer Villeggiatur war also noch nicht da; aber der Baron wohnte doch bereits seit einigen Wochen hier. Er war wieder einmal gezwungen gewesen, vor seinen Gläubigern in diese Einsamkeit zu entfliehen.
    Er saß höchst mißmutig in einer nichts weniger als fein möblierten Stube und rauchte eine Zigarre, welche im Tausend gewiß nicht über zwanzig Taler zu stehen kam. Er hatte Unglück im Spiel gehabt und sich hierher zurückgezogen, um über einen neuen Plan, seine Lage zu verbessern, nachzudenken. Sogar seinen Bedienten hatte er verabschieden müssen, da er nicht imstande gewesen war, ihm das rückständige Salär auszuzahlen.
    Da klopfte es an seine Tür, und auf sein mürrisches „Herein!“ sah er den Schmied mit seinem Sohn eintreten, zwei Helfensteiner, welche er recht gut kannte. Sie grüßten ziemlich höflich und blieben an der Tür stehen, um seine Anrede zu erwarten.
    „Ihr, Wolf?“ sagte er. „Was wollt denn Ihr von mir?“
    Wolf war nämlich der Familienname der beiden.
    „Wir möchten uns gern einen guten Rat erbitten, Herr Baron“, sagte der Vater.
    „Dazu habe ich keine Zeit. Dazu bin ich nicht da!“ antwortete er zornig. „Glaubt Ihr denn, wir Freiherren und Barone seien nur da, um euch Schmieden und Schenkwirten gute Lehren zu geben!“
    „Nicht?“ fragte der Schmied gleichmütig. „Nun, so habe ich es falsch gemacht und umgekehrt ist es richtig!“
    „Was? Wie meint Ihr das?“
    „Wir Schmiede sind da, um den Freiherren guten Rat zu geben.“
    „Alle Teufel!“ brauste der Baron auf. „Ich hoffe doch nicht etwa, daß Ihr gekommen seid, um Euch hier einen unzeitigen Spaß zu machen. Heraus mit dem, was Ihr wollt, und dann trollt Ihr Euch so schnell wie möglich davon!“
    „Schön. Wir kommen nämlich von wegen dem Gustav Brandt.“
    Er horchte auf. Das war ein

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