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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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geworden. Jetzt wußte niemand, was man sagen sollte. Ihm aber war seine Absicht geglückt. Einige Augenblicke später schritt er durch das Portal auf die Straße hinaus.
    Er eilte mit raschen Schritten die Straße hinab und dann um die Ecke. Dort gab es einen kleinen, offenen Platz, auf welchen die Wasserstraße und auch diejenige mündete, welche er jetzt herabgekommen war. Auf dem Platz standen mehrere Reihen von Buden und Verkaufsständen, vom heutigen Christmarkt her. Dieser letztere war zu Ende. Die Händler hatten ihre Plätze verlassen, und es war einsam rundumher.
    Es schien, als ob kein Mensch zugegen sei; aber als der Fürst um die Ecke bog und dann, lauschend und sich scharf umsehend stehenblieb, ertönte ein halblautes Räuspern, und eine männliche Gestalt löste sich langsam und vorsichtig aus dem Schatten, welcher zwischen den Buden herrschte.
    Dieser Mann trug einen Pack auf dem Arm und schien jemand erwartet zu haben. Der Fürst trat mit einigen raschen Schritten auf ihn zu, blieb aber auf der Hälfte des Weges stehen und fragte, auch nur in halblautem Ton:
    „Wer ist es, der hier steht?“
    „Der Diener des Elends“, antwortete es.
    „Ah, gut!“
    Mit diesen Worten trat der Fürst vollends heran und zog den anderen in den Schutz der Buden zurück.
    „Man muß vorsichtig sein; man darf das niemals vergessen“, fuhr er fort. „Hast du alles?“
    „Ja.“
    „Ist etwas vorgefallen?“
    „Nein.“
    „So gib her!“
    Er zog den Pelz aus und nahm das Paket des Dieners, um mit Hilfe des letzteren Rock, Überkleid und Kopfbedeckung zu wechseln. Die anderen Veränderungen, welche er dann noch mit sich vornahm, konnte man bei der Tiefe des Schattens, in welchem er stand, nicht beobachten; zuletzt aber steckte er noch zwei geladene Revolver in die Tasche.
    „So bin ich fertig“, sagte er dann. „Du kennst die Wohnung der Baronesse Alma von Helfenstein?“
    „Sehr genau.“
    „Sieh an deine Uhr! In Punkt einer Stunde bin ich vor der Tür, um die Kleidung abermals zu wechseln. Keine Minute früher oder später. Bist du hier gesehen worden?“
    „Ja, aber nur von einem Frauenzimmer.“
    „Auch das ist unangenehm. Wer war sie?“
    „Ich kannte sie nicht. Sie suchte nach Abfällen an den Verkaufsständen. Es muß ein armes Weib gewesen sein. Da ich mich nicht näher betrachten lassen wollte, konnte auch ich sie mir nicht genau ansehen.“
    „Ist sie fort?“
    „Sie muß noch in der Nähe sein. Kurz bevor Sie kamen, trat sie in die zweite Budenreihe.“
    „So werde ich sie mir betrachten. In unserer Lage ist es notwendig, zu wissen, wer es ist, von dem man bemerkt wird. Adieu!“
    Die beiden gingen auseinander. Als der Fürst aus der dunklen Stelle hervortrat, hätte ihn wohl niemand wiedererkannt. Er trug einen winterlichen Stutzeranzug, und sein Gesicht war ein so ganz anderes geworden, daß diese Veränderung geradezu unbegreiflich erschien. Er schritt langsam an der ersten Budenreihe dahin und blieb am Ende derselben stehen, um zu rekognoszieren.
    Gerade jetzt trat drüben aus der zweiten Reihe eine Frauengestalt hervor. Sie war in ein Tuch gehüllt und trug einen Korb in der Hand. Man sah, daß sie fror; ihre Kleidung war sommerlich dünn und für die heutige Kälte ungenügend. Da, wo sie jetzt stand, hatten Obstfrauen feilgehalten. Das Frauenzimmer bückte sich, um die weggeworfenen, weil angefaulten Äpfel aufzuheben und in den Korb zu tun. Dabei kam sie dem Fürsten näher.
    Dieser hörte jetzt den Schnee unter Schritten knirschen, welche von der anderen Seite herbeikamen. Er hatte noch Zeit, zu bemerken, daß er nicht eine Frau, sondern jedenfalls ein Mädchen vor sich habe, deren Gesicht beim Schimmer des leuchtenden Schnees einen eigentümlichen Reiz zu besitzen schien. Dann zog er sich zurück, um von ihr und dem Nahenden nicht gesehen zu werden.
    Vor Erzählung der nun folgenden Szene muß bemerkt werden, daß Baron Franz von Helfenstein, als er nach der Unterredung mit seiner Frau sein Palais durch eine hintere Tür verließ, sich ebenso möglichst unkenntlich gemacht hatte. Wer ihn jetzt erblickte, mußte ihn für einen Angehörigen des Mittelstandes, für einen Handwerker halten.
    Er schritt über den Ringplatz hinweg und hielt gerade auf den oberen Eingang der Wasserstraße zu. Die dritte oder vierte Nummer derselben war ein kleines, einstöckiges und schmutziges Häuschen, neben dessen Tür auf einem alten Holzschild zwar nicht jetzt aber doch am Tag zu lesen war, daß hier

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