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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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der Jude Salomon Levi mit Altzeug handle und auch dabei ein Leihgeschäft treibe.
    Die Tür war verschlossen. Der Baron klopfte. Erst nach einer längeren Zeit wurde sie um eine Lücke geöffnet, blieb jedoch von innen noch mit Hilfe einer Sicherheitskette gesperrt. Eine lange, scharfe Nase erschien in der Spalte, und eine schnarrende, weibliche Stimme fragte.
    „Was wollen Sie?“
    „Kaufen“, antwortete er kurz.
    Das wirkte. Die Stimme wurde freundlicher und fragte:
    „Was ist's, was der Herr kaufen will?“
    „Altes Metall, Zinn, Kupfer, Silber und Gold.“
    „Sind Sie von hier?“
    „Nein. Ich bin der Reisende eines Juweliers.“
    Die Alte mochte gedacht haben, es mit einem verkleideten Polizisten zu tun zu haben. Seine letzten Worte zerstreuten ihren Verdacht und so antwortete sie:
    „Kommen Sie herein. Warten Sie ein wenig. Es ist jemand bei meinem Mann.“
    Sie ließ ihn eintreten, verschloß die Tür wieder und führte ihn dann in eine Stube, in welcher allerlei Gerümpel, wertloses Zeug, zu sehen war. Er durfte sich auf einen Schemel setzen. Sie aber öffnete eine in einen Nebenraum gehende Tür und rief hinein:
    „Salomonleben, es ist da gekommen ein feiner Herr, welcher will machen einen guten Handel mit dir. Laß gehen das Weib, welches doch nicht kann Nutzen bringen einen einzigen Pfennig für dich und unser Geschäft.“
    Nach diesen Worten entfernte sie sich, um ihren Wächterposten im Hausflur wieder anzutreten.
    Eine alte, trüb brennende Öllampe erhellte den Raum, in welchem der Baron saß. Sein Gesicht war kaum zu erkennen; dennoch aber schob er sich den Schemel so, daß er noch mehr in den Schatten zu sitzen kam. Dabei flüsterte er leise vor sich hin:
    „Ich wette, daß es die Schließersfrau ist! Vor einer Stunde ist der Bote bei ihr gewesen; vor einer Viertelstunde ist ihr Mann zum Abendessen gekommen, und sie hat sogleich fortgemußt, um alles noch Vorhandene zu versetzen.“
    Er hatte eine kleine Weile zu warten, dann wurde die Tür geöffnet. Eine junge, aber leidend aussehende Frau trat aus der Nebenstube. Der Baron hörte, daß sie leise schluchzte. Salomon Levis lange hagere Gestalt erschien im Rahmen der Tür. Er rief der Scheidenden nach:
    „Also sagen Sie, daß ich kann Pfand geben nur auf Sachen, welche ich bekomme in meine Hände. Wenn er will behalten den Tisch und die Betten, weil er sie braucht, so kann er bekommen nichts.“
    Der Baron nickte leise vor sich hin. Seine Vermutung hatte sich bestätigt. An ihn wandte sich jetzt, als die Frau die Stube verlassen hatte, der Jude:
    „Ich bitte, einzutreten, mein Herr! Ich stehe gern zur Verfügung, wenn man kommt, bei mir zu kaufen für bare Zahlung, aber nicht auf Kredit, welcher ist schädlich für den Handel und Wandel der Leute von Geschäft.“
    Er machte eine Bewegung mit der Hand, welche den Baron einlud, in das Nebenzimmer zu treten. Dieser jedoch blieb sitzen, weil da drin ein viel helleres Licht brannte.
    „Schon gut“, antwortete er. „Was wir zu besprechen haben, können wir auch hier miteinander reden. Machen Sie die Türe zu, Herr Levi!“
    Diese Worte waren in einem Ton gesprochen, gegen welche der Jude keine Widerrede fand. Er warf die Türe zu, setzte sich auf einen alten Kasten und fragte:
    „Welches ist das gute Geschäft, das der Herr will machen mit mir?“
    „Ich habe zu Ihrer Frau gesagt, daß ich Kupfer, Silber und Gold kaufen will; aber Ihnen will ich gestehen, daß ich in einer ganz anderen Absicht komme. Ich habe eine Erkundigung einzuziehen, und ich hoffe, daß Sie mir eine wahrheitsgetreue Auskunft erteilen.“
    Der Jude machte eine unruhige Bewegung und fragte:
    „Ist es eine private Erkundigung?“
    „Nein.“
    „Gott Abrahams! So ist der Herr wohl gar ein heimlicher Polizist, welcher genannt wird Detektiv vom geheimen Korps?“
    „Vielleicht haben Sie mit Ihrer Vermutung recht, vielleicht auch nicht. Sie werden allerdings erfahren, wer ich bin, aber erst nachdem Sie mir auf meine Fragen geantwortet haben.“
    „Wie soll ich das können! Wie soll ich beantworten die Fragen eines Herrn, den ich nicht kenne!“
    „Sie werden antworten, denn ich sage Ihnen, daß von Ihrem jetzigen Verhalten Ihr Wohl, Ihr Glück, ja vielleicht sogar Ihr Leben abhängig ist.“
    Da fuhr der Alte von seiner Kiste in die Höhe. Die Hände zusammenschlagend, rief er:
    „Herr Zebaoth! Mein Wohl, mein Glück, mein Leben! Ist es doch grad, als ob Sie wären der geheimnisvolle Hauptmann, welcher allerdings

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