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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den Tod gibt denen, von denen er haben will, daß sie sterben!“
    „Der geheimnisvolle Hauptmann? Wer ist das?“
    Der Jude warf ihm einen mißtrauisch forschenden Blick zu und sagte dann mit gedämpfter Stimme.
    „Wenn Sie sind ein Mann von der Polizei, werden Sie doch viel besser wissen als ich, wen ich meine!“
    „Ich sage Ihnen, daß es sich nicht darum handelt, wer ich bin, sondern darum, was Sie von dem Hauptmann wissen!“
    „Was ich von ihm weiß? Nichts, gar nichts weiß ich, lieber Herr!“
    Man hörte es dem Ton seiner Stimme an, daß er sich einer Besorgnis vor dem Unbekannten nicht erwehren könne. Dieser aber meinte in fast drohendem Ton:
    „Salomon Levi, ich befehle Ihnen, mir zu sagen, was Sie von dem Hauptmann wissen! Sprechen Sie grad so, als ob sie einen Fremden vor sich hätten, der von ihm noch gar nichts gehört hat.“
    Dieser Ton machte Eindruck. Der Jude antwortete, indem er die möglichst vorsichtigen Ausdrückte wählte:
    „Nun, der Herr wissen wohl, daß jetzt hierzulande alle Arten von Verbrechen in dreifacher Anzahl vorkommen als vorher.“
    „Nichts weiß ich, gar nichts.“
    „Auch nicht, daß es Banden gibt, oder vielmehr eine einzige große Bande, welche über alle Provinzen verbreitet ist?“
    „Auch das weiß ich nicht.“
    „Und doch wissen es alle Kinder.“
    „Ich bin kein Kind. Sprechen Sie weiter!“
    „Die Mitglieder dieser Bande scheinen allwissend zu sein. Wo eine Summe liegt, das erfahren sie. Mit welchem Postzug Geld fortgeht, das wissen sie. Wenn jemand ein Erbe ausgezahlt erhält, sie holen es. Man sagt, daß sie geradezu streng militärisch organisiert und diszipliniert seien.“
    „Von wem?“
    „Nun eben von dem Hauptmann!“
    „Wer ist das?“
    „Weiß ich es! Weiß es ein anderer? Weiß es die Polizei? Niemand weiß es, und niemand kann es erfahren. Er ist überall, und er ist nirgends. Sucht man ihn hier, so ist er dort, und sucht man ihn dort, so tritt er hier auf. Bald ist er ein Bettler, dann wieder ein Fürst; er läßt sich sehen als Offizier, als Schuster, als Kaufmann und Metzger. Er tritt auf als Christ und als Jude. Er hat hundert Gesichter und tausend Gestalten. Man hat einen Preis auf ihn gesetzt, aber man kann ihn nicht fangen.“
    „Fängt man auch niemand von seiner Bande?“
    „Man fängt welche, man denkt wenigstens, daß sie zu dieser Bande gehören; aber er weiß es stets so einzurichten, daß sie entweder fliehen können oder für unschuldig befunden werden.“
    „Ein Beispiel davon möchte ich wissen.“
    „Es gibt ihrer viele. Haben Sie nichts gehört von dem Riesen Bormann?“
    „Den Namen habe ich gehört. Was ist's mit ihm?“
    „Er war Mitglied bei einem Zirkus von der Kunstreiterei. Er mußte wegen Körperverletzung abgehen und wurde eingesteckt. Seit jener Zeit ist er der berühmteste Einbrecher.“
    „So mag man ihn doch wieder einstecken.“
    „Das hat man auch getan, aber man mußte ihn stets wieder freilassen. Es fanden sich Zeugen, welche seine Unschuld bewiesen.“
    „Nun, so ist er eben kein Einbrecher gewesen!“
    „O doch! Man weiß es ganz genau. Der Hauptmann hat ihm allemal durchgeholfen. Man weiß, daß er ein Mitglied der Bande ist.“
    „So hole der Teufel eure Polizei und eure Gerichte!“
    „Was können die dafür? Sie haben unter sich selbst Mitglieder der Bande. Aber jetzt endlich haben sie ihn doch fest, so daß er nicht entkommen kann.“
    „Den Riesen Bormann?“
    „Ja.“
    „Was hat er getan?“
    „Er ist bei einem Uhrmacher eingebrochen und hat dann den Raub verkaufen wollen. Der Händler aber, zu dem er gegangen ist, der hat ihn angezeigt. Nun kann er nicht entkommen. Er wird die Frohnveste nur verlassen, um in das Zuchthaus zu gehen.“
    „Wer war dieser Händler?“
    Der Jude zögerte mit der Antwort. Der Baron wiederholte seine Frage in einem Ton, welcher einen ganz eigentümlichen Nachdruck besaß:
    „Nun, wer war dieser ehrliche Handelsmann?“
    „Ich“, antwortete Salomon Levi, beinahe verlegen.
    Der Baron strich sich mit der Rechten nachdenklich den Bart und fragte dann, indem sein Auge trotz der Finsternis, in welcher er sich befand, sichtbar aufleuchtete:
    „Sind Sie stets so ehrlich?“
    „Gott der Erzväter! Warum soll ich sein nur einen einzigen Augenblick meines Lebens unehrlich? Jehova ist mein Zeuge, daß es gibt keinen Flecken oder Makel auf dem Namen Salomon Levi.“
    „Ist Baumann kein Fleck?“
    Bei der Nennung dieses Namens fuhr der Jude zurück. Auf

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