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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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anderweit treffen.“
    Der Offizier entfernte sich und ließ den Baron nicht in der besten Stimmung zurück. Er war keineswegs als Held angelegt, obgleich er der Dirigent einer zahlreichen Diebesbande war. Sich dem Lauf einer geladenen Pistole gegenüberzustellen, das war ganz und gar nicht nach seinem Geschmack. Er sah ein, daß die Beleidigung des Jünglings eine Unüberlegtheit von ihm gewesen sei. Er hätte Bertram ganz ignorieren sollen. Ein Schreiber durfte für ihn, den Baron, gar nicht anwesend sein. Und indem er sich das sagte, wurde er auf sich selbst zornig.
    So traf ihn Herr August Seidelmann, welcher kam, um sich in betreff des geheimen Auszugs, der für heute abend beschlossen war, zu verabreden. Diesem teilte er mit, daß er für morgen einen Zweikampf zu erwarten habe, und nannte ihm auch die Personen, um welche es sich handelte.
    „Aber, gnädiger Herr Baron“, sagte der Schuster, „ich muß Ihnen sagen, daß ich ganz starr vor Verwunderung bin!“
    „Schweigen Sie! Was Sie mir sagen wollen, habe ich mir bereits selbst gesagt. Dieser verdammte Oberst zwingt mich zu diesem Duell!“
    „Wenn die Kugel trifft, nämlich wenn Sie getroffen werden, was wird dann aus unserem Unternehmen?“
    „Hm, nicht jede Kugel trifft. Sie kennen die Bertramsche Familie. Wissen Sie vielleicht, ob dieser Knabe schießen kann?“
    „Ich glaube kaum. Er war zwar Gymnasiast, hat sich aber von allem Allotria ferngehalten.“
    „Nun, so darf ich annehmen, daß er mich nicht treffen, sondern nur ein Loch in die Luft schießen kann. Da man aber auf alle Fälle gefaßt sein muß, so werde ich heute mein Testament aufsetzen und außerdem für Sie eine Schrift verfassen, welche ich Ihnen noch heute abend gebe. Sie wird versiegelt sein und alles enthalten, was Sie im Falle, daß ich getötet werde, zu tun haben. Sie öffnen sie natürlich erst dann, wenn Sie ganz sicher sind, daß ich tot bin.“ –
    Am anderen Morgen fuhr ein Schlitten aus der Residenz, in welchem der Fürst, Bertram, ein Arzt und noch ein Herr, der Unparteiische, saßen. Diese vier Personen stiegen aus, als sie das wohl eine halbe Stunde von der Stadt gelegene Birkental erreichten. Dort stand bereits ein anderer, leerer Schlitten.
    „Ah!“ sagte der Fürst. „Der Baron hat sich zeitig eingefunden. Er will zeigen, daß er tapfer ist. Kommen Sie, meine Herren.“
    Bertram war weder bleich, noch zeigte sich sonst etwas an ihm, welches hätte schließen lassen, daß er Furcht oder etwas Ähnliches fühle. Er nahm ein kleines Paketchen aus der Tasche, reichte es dem Fürsten und sagte:
    „Durchlaucht, sollte mir etwas Menschliches passieren, so bitte ich, dieses Päckchen zu öffnen. Es enthält nebst meinen letzten Wünschen einen Gegenstand, mit dessen Hilfe ich meine mir jetzt noch unbekannte Abstammung zu ergründen hoffte.“
    Sie gingen den Fußspuren nach, welche im Schnee zu sehen waren. Die beiden Kutscher, welche zurückblieben, wußten nun, um was es sich handle. Sie sprachen nicht miteinander, da ihre Herren sich ja als Feinde gegenüberstanden; aber sie lauschten.
    Nach vielleicht zehn Minuten fielen zwei Schüsse, und dann nach einem kleinen Weilchen noch zwei. Dann kamen drei Personen zurück – Bertram, der Unparteiische und der Fürst. Dieser letztere wendete sich an den Kutscher des Barons:
    „Fahren Sie unseren Spuren nach. Sie werden gebraucht. Ihr Herr ist verwundet worden!“
    Die drei stiegen ein und fuhren nach der Stadt zurück. Der Unparteiische wohnte in einer der ersten Straßen. Er stieg vor seiner Wohnung aus und verabschiedete sich. Indem sich dann der Schlitten in Bewegung setzte, sagte der Fürst zu Bertram:
    „Mein lieber junger Freund, ich muß Ihnen das Geständnis machen, daß ich ein wenig indiskret gewesen bin. Ich war gestern bei der Baronesse Alma von Helfenstein. Sie interessiert sich für Sie und ist meine Freundin. Ich erzählte ihr von dem Duell, und sie wird um den Ausgang desselben besorgt sein. Fahren wir zu ihr, um ihr zu zeigen, daß Sie Sieger sind!“
    Dies geschah. Als der Fürst sich melden ließ, kam Alma ihnen bis in das Vorzimmer entgegen. Als sie Bertram erblickte, sagte sie im Ton freudiger Genugtuung:
    „Gott sei Dank! Herr Bertram ist unverwundet?“
    „Ja“, antwortete der Fürst. „Er hat sich wie ein alter Soldat benommen. Der Baron aber hat einen Schuß in den Oberarm bekommen.“
    „So treten Sie ein, und erzählen Sie!“
    Robert Bertram sah im Laufe der Unterhaltung, daß er die

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