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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aufrichtigste Teilnahme der Baronesse besaß. Da schien sich der Fürst zu besinnen. Er griff in die Tasche und gab Bertram das Paket zurück.
    „Hier, mein Lieber“, sagte er. „Das ist nun glücklicherweise nicht mehr notwendig. Aber, sprachen Sie nicht von einem Gegenstand, welcher mit Ihrer Abstammung in Beziehung steht?“
    „Ja. Ich wurde als Kind auf der Drehscheibe des Waisenhauses abgegeben. Man fand bei mir einen Zettel mit der Bemerkung, daß ich auf den Namen Robert getauft sei, und dabei eine Kette von Gold. Den Zettel behielt man, als mein Pflegevater sich meiner annahm, im Waisenhause bei den Akten zurück; die Kette aber gab man mir mit.“
    „Eine goldene Kette?“ fragte da Alma. „Robert heißen Sie? Gott! Beschreiben Sie mir die Kette!“
    „Sie ist sehr dünn. An ihr ist ein Herz befestigt mit einer Freiherrnkrone und den Buchstaben R.v.H. darunter.“
    Da stieß Alma einen Schrei aus. Sie sprang auf und rief:
    „Herrgott! Wäre es möglich! Sie haben die Kette in diesem Paketchen? Zeigen Sie, zeigen Sie!“
    „Ja, öffnen Sie! Schnell, schnell!“ sagte auch der Fürst, welcher ganz dieselbe Aufregung zeigte wie die Baronesse.
    Bertram konnte die beiden nicht begreifen. Er öffnete den kleinen Karton, nahm die Kette hervor und gab sie ihnen. Beide betrachteten sie und machten dann gleiche enttäuschte Gesichter.
    „Sie irren“, sagte der Fürst. „Das ist keine Freiherrn-, sondern eine Phantasiekrone. Und hier steht nicht R.v.H. sondern R.u.H. Das sind jedenfalls die Anfangsbuchstaben von den beiden Vornamen Ihrer Eltern.“
    „Nein“, sagte Robert. „Es ist kein ‚u‘, sondern ein ‚v‘.“
    „Da, bitte, sehen Sie selbst!“
    Er gab ihm die Kette zurück. Robert betrachtete sie genauer, als es bei dem Juden geschehen war.
    „Das ist meine Kette nicht“, behauptete er dann. „Das ist eine andere, die allerdings der meinigen ganz ähnlich sieht. Und das Herz ist ganz täuschend nachgemacht.“
    „Wirklich, wirklich?“ fragte Alma. „Also eine Fälschung? Wer ist es, der einen solchen Betrug unternommen hat?“
    „Der Jude Salomon muß es gewesen sein. Der Vater und die Geschwister hungerten, und ich ging zu dem Juden, um die Kette zu versetzen. Es war das einzige Mittel, den Hunger zu stillen.“
    „Und wie alt sind Sie, wie alt?“ fragte sie, indem sie ihre Erregung kaum zu meistern vermochte.
    „Genau weiß ich das nicht. Zwanzig Jahre habe ich hinter mir.“
    „Es stimmt! Es stimmt! Durchlaucht, was sagen Sie dazu. Da sendet uns der Herrgott einen –“
    Der Fürst winkte abwehrend und unterbrach sie schnell:
    „Bitte, bitte, meine Gnädige! Wir stehen hier vor einer Lösung und doch wieder vor einem Rätsel. Geben wir uns also noch nicht einer vielleicht ungerechtfertigten Freude hin!“
    „Oh, doch! Wollen wir es ihm mitteilen?“
    „Noch nicht! Seien wir zunächst vorsichtig! Herr Bertram, sind Sie von dem Juden nach Ihrer Abstammung gefragt worden?“
    „Ja.“
    Er erzählte das Gespräch, soweit er sich auf dasselbe besinnen konnte, und dann auch die letzte Unterredung, als er sein Pfand wieder eingelöst hatte. Dann fragte der Fürst:
    „Kennen Sie den Grund, welcher den Juden bewogen haben könnte, die Fälschung der Krone und der Buchstaben vorzunehmen?“
    „Nein. Ich kann mir keinen Grund denken!“
    „Nun, dann kommen Sie. Es gilt, keinen Augenblick zu verlieren. Wir werden sofort zu diesem Salomon Levi fahren!“
    Er nahm Bertram, der das Verhalten der beiden gar nicht begreifen konnte, bei der Hand und zog ihn mit sich fort. Alma rief ihnen noch nach:
    „Ja, eilen Sie! Aber kehren Sie dann zu mir zurück, um mir Nachricht zu bringen.“
    Und dann, als sich die Türe hinter den beiden geschlossen hatte, faltete sie die Hände und flehte wie im Gebete:
    „Herrgott, Du lieber, himmlischer Vater, erbarme Dich meiner! Ist es mein Bruder, an welchem eine so schreckliche Missetat verübt wurde, so wirf Dein helles Licht in das Dunkel, damit mein Herz endlich Frieden finde, Frieden und das Glück, eine Seele zu besitzen, die mein eigen sein darf!“ –

DRITTES KAPITEL
    Der Kampf um die Liebe
    Es war am Sonnabend vor Fastnacht. Draußen, hart am Waldrand und fast eine halbe Stunde Wegs vom kleinen Städtchen entfernt, erhob sich auf hoher Halde ein finsterer, rußgeschwärzter Gebäudekomplex, in dessen Mitte eine hohe, rauchende Esse zum Himmel ragte. Das war ein Kohlenbergwerk, welches durch einen eingleisigen Schienenstrang mit dem Bahnhof

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