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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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angenehmste Weise. Wer hätte dich erwartet!“
    „Der Herr machet seine Boten zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen! Wer kann seine Wege begreifen und seine Absichten erforschen! Wo ist dein Vater, mein lieber Fritz?“
    „In seinem Zimmer. Komm, laß dich führen!“
    Er geleitete ihn in das Haus und führte ihn die Treppe empor. Dort aber kam ihnen bereits sein Vater entgegen, welcher die Ankunft des Schlittens bemerkt hatte.
    „Willkommen!“ sagte er. „Alle Teufel, welcher Wind bringt denn dich so unerwartet geweht?“
    Der fromme Mann machte eine Gebärde des Schreckes und antwortete:
    „Fluche nicht, mein Bruder! Wer den Fürsten der Finsternis im Munde führt, der ist ihm bereits verfallen!“
    „Du meinst den Teufel?“
    „Ja, ich meine den Versucher von Anbeginn, welcher ein Gegner Gottes ist in Ewigkeit.“
    „Papperlapapp! Solches Zeug verfängt nicht bei mir! Komm, tritt jetzt herein, und wärme dich! Das Mittagessen wird sogleich aufgetragen werden.“
    Es war eigentümlich, die Familienähnlichkeit zu bemerken, welche diese drei Männer zur Schau trugen. Die Brüder sahen sich zum Verwechseln ähnlich, und der Sohn paßte ganz genau zu ihnen wie der halbwüchsige Alligator zu den alten Krokodilen.
    Der Gast machte es sich bequem, zog seine Dose hervor, nahm eine Prise und fragte dann:
    „Wie geht es euch hier? Man hat ein Geschrei gehört in dem Gebirge Bethlehem und ein Wehklagen auf den Höhen. Die Zeitungen schreiben, daß hier oben die Menschheit vor Hunger sterbe.“
    „Vor Hunger?“ fiel der Kaufmann ein. „Sage doch lieber, vor Faulheit!“
    „Ich glaubte es nicht. Der, welcher fünftausend Mann speiste mit drei Broten und zwei Fischen, so daß noch ganze zehn Körbe mit Brocken gesammelt wurden, wird auch hier keinen verderben lassen.“
    „Hat dich der Baron geschickt?“
    „Auch in seinem Auftrag komme ich.“
    „Auch, sagst du. Also gibt es noch einen anderen Grund deines Kommens?“
    „Ja. Ich komme als Prophet, als Heiliger der Meinigen.“
    „Alle Wetter! Seit wann bist du unter die Heiligen und Propheten gegangen?“
    Der Mann faltete die Hände und antwortete:
    „Ich bin nie als Saul unter die Propheten gegangen; ich war auch nie ein Saulus, aus welchem ein Paulus werden mußte. Ich habe von Anbeginn meiner irdischen Laufbahn nach dem Reich der Erlösung gestrebt. Jetzt nun bin ich Vorsteher der Gesellschaft der Schwestern und Brüder der Seligkeit.“
    „Diesen Galimathias mag der Kuckuck verstehen; ich begreife kein Wort davon. Erkläre dich deutlicher!“
    „Das werde ich tun, denn meine Seele dürstet, auch euch zu retten und einzuführen in die Sekte der wahrhaft Frommen.“
    „Bleibe mir mit deiner Sekte vom Leib! Ich beginne zu begreifen, daß du Vorsteher einer frommen Gesellschaft bist?“
    „Es ist die Gesellschaft der Brüder und Schwestern der Seligkeit.“
    „Aha! Es sind auch Schwestern dabei? Gratuliere!“
    „Du redest, wie die Kinder der Menschen reden. Ich verzeihe es dir, denn die Herzen meiner Brüder sind voller Milde und Erbarmen. Sie haben von der Not vernommen, welche in dieser Gegend herrschen soll, und eine Sammlung zum Besten der Unglücklichen veranstaltet. Ich komme mit sechstausend Gulden, um sie zu verteilen unter die, welche einer solchen Gabe am würdigsten sind.“
    Der Kaufmann lachte.
    „Der Würdigste bist jedenfalls du selbst!“ sagte er. „Also, sechstausend Gulden? Hm! Darüber werden wir noch zu sprechen haben. Vorerst aber muß ich wissen, ob du auch im Auftrag des Barons kommst.“
    „Ja, auch er sendet mich.“
    „In welcher Angelegenheit?“
    „In der Angelegenheit jenes Sohnes Belials, welchen ihr hier den Waldkönig nennt.“
    „Ich bitte dich um aller Welt willen: Laß diese frommen Ausdrücke beiseite, wenigstens so lange, als du dich bei mir befindest! Wir kennen uns und brauchen uns nicht zu verstellen. Wenn Belial wirklich einen Sohn hat, so bist du es! Verstanden?“
    Der Fromme schlug die Augen zum Himmel auf, machte eine Gebärde des Abscheus und rief:
    „Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun! Ich werde mich wahrhaftig gezwungen sehen, zu sprechen ganz so, wie die Kinder der Sünde zu sprechen pflegen. Aber sage mir, wie es kommt, daß dein Name ‚Seidelmann und Sohn‘ an deiner Tür zu lesen ist? Das ist doch ganz so, als ob du Kauf- oder sonst ein großer Geschäftsmann geworden bist.“
    „Das ist auch der Fall.“
    „Kaufmann?“
    „Man könnte so sagen. Was ich bin,

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