Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Not gebracht. Jetzt aber laß' mich allein! Ich habe noch an meiner heutigen Rede zu arbeiten.“
    „Worüber sprichst du?“
    „Über Gott den Herrn als Helfer in der Not.“
    „Famos! Deine Hilfe ist mir ebenso lieb!“ –
    Heute am Morgen hatte der Förster sich mit seinem Gast in den Wald begeben, um ihn den Ort zu zeigen, an welchem die Leiche des Grenzbeamten gelegen hatte. Bei den drei Tannen angekommen, erklärte er ihm den Tatbestand. Arndt folgte seiner Auseinandersetzung aufmerksam und fragte ihn dann:
    „Hat sich eine Spur gefunden, daß ein Kampf dem Mord vorangegangen ist?“
    „Nein.“
    „Oder daß die Leiche vielleicht geschleppt worden ist?“
    „Auch nicht.“
    „Hm! Sollte der Grenzer meuchlings erschossen worden sein? Dann hätte der Mörder im Hinterhalt gelegen, und das ist bei dem hiesigen Terrain nicht gut möglich. Hier die einzelnen drei Tannen, drüben die freie Lichtung, links die Blöße, und an den beiden anderen Seiten der Wald mit den weit auseinander stehenden Stämmen. Wo sollte sich denn da ein Versteck finden?“
    „Hinter jedem Baum.“
    „Dann müßte der Mörder ganz genau gewußt haben, wann und woher sein Opfer kommen werde. Das ist aber nicht möglich, da hier kein Weg vorüberführt. Wie weit haben sich die Nachforschungen der Gerichtskommission über die Örtlichkeit erstreckt?“
    „Bis dort hinüber zu den einzelnen Sträuchern.“
    „So hat man allerdings angenommen, daß der Mord aus dem Hinterhalt geschehen sei; ich aber bin anderer Meinung. Sehen Sie! Hier hat die Kugel, nachdem sie das Opfer traf, den Stamm der Tanne gestreift.“
    Er deutete dabei nach dem Baum. Der Förster betrachtete die Stelle und sagte:
    „Bei Gott, es ist wahr! Das ist uns allen entgangen.“
    „Gut! Hier hat der Tote gelegen; hier ist die Kugelspur am Baum. In gerader Richtung von beiden hat also der Schütze gestanden. Gehen wir in dieser Richtung retour! Bitte, Herr Vetter, folgen Sie mir!“
    Der Förster konnte nicht begreifen, was Arndt beabsichtigte, doch schritt er hinter ihm her. Der letztere ging langsam vorwärts und musterte alle Einzelheiten des Terrains genau.
    „Was suchen Sie denn?“ fragte Wunderlich.
    „Nichts Bestimmtes. Kommen Sie nur!“
    So schritten sie mehrere hundert Schritte in gerader Richtung weiter. Da plötzlich tat Arndt einen raschen Sprung vorwärts, bückte sich und hob etwas auf. Der Förster eilte herbei.
    „Was gibt's? Was ist's?“ fragte er.
    „Hier, sehen Sie!“
    Er hielt ihm ein dreieckiges Stückchen weiße Leinwand entgegen, welches er sich genau betrachtet hatte.
    „Ein Fetzen Leinwand!“ meinte Wunderlich enttäuscht. „Was soll das helfen? Solche Lappen liegen überall herum!“
    „Oh, denken Sie nicht gering von diesem Fund! Betrachten Sie den Fetzen genauer. Was bemerken Sie?“
    „Nichts, als daß zwei Seiten einen Saum haben, und da, ah, wahrhaftig, da ist ein gestickter Buchstabe, ein ‚T‘.“
    „Richtig! Dieses Stück Leinen ist der abgerissene Zipfel eines, eines – nun, wovon?“
    „Eines Bettuchs.“
    „Das ist auch meine Meinung. Wie aber kommen Bettücher in den Wald? Findet man den Zipfel eines Taschentuchs, so läßt sich das leicht und auf vielfache Weise erklären; aber eines Bettuchs? Hm! Was denken Sie darüber?“
    „Ich denke gar nichts. Ich bin ein Forstmann, aber kein Polizist.“
    „Aber Sie müssen doch eine Ahnung haben, wozu jetzt, im Winter und des Nachts, ein Bettuch zu gebrauchen ist?“
    „Habe keine Ahnung davon!“
    „Nun, rings ist tiefer Schnee. Den Paschern muß daran liegen, unbemerkt zu bleiben. Dunkle Kleidung sticht vom Schnee ab. Was liegt da näher, als daß man, um die Grenzer zu täuschen, sich ein Bettuch umhängt. Dann ist man des Nachts vom Schnee nicht zu unterscheiden.“
    „Sapperment! Das leuchtet mir ein!“
    „Ich kann Ihnen sogar gestehen, daß ich ein Bettuch mitgebracht habe, um auf meinen beabsichtigten Streifereien mich seiner ganz zu demselben Zweck zu bedienen. Ah, kommen Sie hier diese drei Schritte weiter! Da ragt ein Stumpf aus dem Schnee hervor, ein abgebrochener Wacholderknorren. Und sehen Sie, da hängen zwei weiße Fädchen Leinen daran! Was ist daraus zu schließen?“
    „Die Ecke ist hier an dem Knorren abgerissen worden.“
    „Allerdings. Nun ist die Sache klar. Es ist ganz so, wie ich vermutete. Der Pascher wurde ertappt und entfloh, von dem Grenzbeamten hart verfolgt. Er war mit einem Bettuch umhüllt, mit dem er hier hängenblieb. Er

Weitere Kostenlose Bücher