61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig
Herr Hauser, Sie sind aus dieser Versuchung glanzvoll hervorgegangen. Ich freue mich sehr.“
Da trat Eduard zurück, betrachtete den Sprecher genau und sagte in beinahe erschrockenem Ton:
„Sapperlot, Sie sind doch nicht etwa gar der Waldkönig?“
„Nein, mein Lieber. Ich will Ihnen vielmehr offen gestehen, daß ich ihn fangen will.“
„Fangen? Sie? Ah!“
„Ja. Ich habe erkannt, daß ich Ihnen trauen darf. Sie haben es abgeschlagen, ihm zu dienen. Jetzt will ich einmal sehen, ob Sie auch mir den Antrag, den ich Ihnen stellen will, abschlagen werden. Wollen Sie sich tausend Gulden verdienen?“
„Tau – tau –! Mein Gott! Natürlich, ja! Ich lecke alle zehn Finger danach! Aber womit soll ich mir eine solche Summe verdienen?“
„Ich sagte bereits, daß ich den Waldkönig fangen will, aber nicht allein, sondern mitten im Nest und umgeben von allen seinen Spießgesellen. Wenn dies durch Ihre Hilfe geschieht, zahle ich Ihnen eine Prämie von tausend Gulden.“
„Ist das wahr? Herr, da mache ich mit, auf der Stelle!“
„Halt, nicht so schnell! Es wird Zeit dazu gehören, und wovon wollen Sie bis dahin leben?“
„Oh, wir brauchen jetzt nicht zu hungern!“
„Ganz recht; aber Sie werden Extraausgaben haben. Ich werde Ihnen also wöchentlich zwanzig Gulden Löhnung geben.“
„Zwanzig Gul – wöchentlich!“
Das Wort Gulden blieb ihm im Mund stecken. Eine solche Summe pro Woche, das war unerhört.
„Ja, zwanzig Gulden! Ich glaube, daß Sie da reich werden.“
„Natürlich, natürlich! Da kann ich ja leben wie ein Fürst oder wie der Herrgott in Frankreich! Aber, was habe ich zu tun?“
„Zunächst nichts. Überlegen Sie es sich einmal, wie wir es anfangen müßten, zu erfahren, wer der Pascherkönig ist. Sobald Sie einen guten Gedanken haben, kommen Sie nach der Försterei, um ihn mir mitzuteilen.“
„Darf der Förster davon wissen?“
„Nur er allein, sonst weiter kein Mensch.“
„Ich werde verschwiegen sein. Es wird keine Silbe über meine Lippen kommen.“
„Das ist allerdings die erste Bedingung, welche ich habe. Und sodann versuchen Sie zu erfahren, welcher Name hier im Ort, nämlich Vor- und Zuname, mit den beiden Buchstaben T und M beginnt.“
„Steht das im Zusammenhang mit dem Waldkönig?“
„Ja. Und dann weiter verlange ich auch in allen übrigen Angelegenheiten die vollste Aufrichtigkeit.“
„Darauf können Sie sich verlassen.“
„Gut! Ich werde Sie da gleich einmal auf die Probe stellen. Sagten Sie nicht zu dem Waldkönig, daß Sie Geld brauchten?“
„Ja, zum Leben, weil ich keine Arbeit habe.“
„Nicht bloß zum Leben. Es war mir, als hätten Sie gesagt, daß Sie auch außerdem, für etwas anderes, Ausgaben nötig haben?“
„Hm! Ich darf nicht lügen. Aber es ist eine eigene Sache!“
„Seien Sie immerhin offen. Sie dürfen Vertrauen zu mir haben!“
„Nun gut, so will ich Ihnen gestehen, daß – daß ich – daß ich einen Maskenball besuchen muß.“
„Einen Maskenball? Besuchen muß, sagen Sie? Sie wollen nicht nur, sondern Sie müssen sogar?“
„Ja.“
„Warum?“
„Um – um – ein – um ein Mädchen zu retten.“
„Ah! Siehe da! Kommt hier wirklich das Engelchen ins Spiel, welches von dem Waldkönig genannt wurde?“
„Ja. Sie ist zu dem Ball geladen.“
„Ich errate. Und Sie wohl nicht?“
„Nein. Nämlich das Kasino aus der Nachbarstadt hält übermorgen hier in der Schenke eine Maskerade ab. Ein Mitglied hat Engelchen geladen und ihr sogar den Anzug einer Italienerin geschickt, den sie anlegen soll.“
„Ist er ihr Geliebter?“
„O nein! Sie ist meine Nachbarstochter und hat noch niemals einen Geliebten gehabt. Sie ist ein schönes Mädchen. Sie sticht diesem Kerl ins Auge; er will sie jedenfalls nur verführen.“
„Alle Wetter! Da müssen Sie sich allerdings in das Mittel legen! Geht sie denn gern?“
„Wie es scheint, ja.“
„O weh, da hat sie Sie entweder nicht lieb, oder sie schmollt aus irgendeinem Grund mit Ihnen und will Sie auf diese Weise bestrafen.“
„Sie würde nur sich selbst bestrafen.“
„Das sieht so ein Mädchen nicht ein, wenigstens nicht eher, als bis es zu spät ist. Ich will mich nicht neugierig in Ihre Herzensangelegenheiten eindrängen; tun Sie ganz, was Ihnen Ihr Herz und Ihr Verstand eingibt. Hören Sie, nicht nur allein Ihr Herz, sondern auch Ihr Verstand. Hier haben Sie die zwanzig Gulden für die erste Woche, und hier sind noch fünfzehn für den
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