61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Das können wir riskieren. Aber ich wollte, ihr wärt gar nicht erst gekommen.«
Reacher fragte: »Weshalb sind Sie hier?«
Holland sah ihn an. »Weil ich rausgekriegt habe, wo der Schlüssel ist.«
»Gut gemacht.«
»Eigentlich nicht. In einer Nacht wie dieser muss jeder darauf kommen, der etwas Hirn hat.«
»Wo ist er?«, fragte Peterson.
Der Schlüssel lag in dem Paraffinofen in der ersten Hütte. Ein ausgezeichnetes Versteck, das automatisch erst nach gewisser Zeit zugänglich war. Zu heiß, als dass man es früher hätte durchsuchen können, aber jetzt nur noch lauwarm. Wie Petersons Holz ofen, wenn das Feuer heruntergebrannt war. Die Stimme aus Virginia hatte gesagt: Dann würde ich die Hütten anzünden und die Asche sieben. Ein Luftwaffenschlüssel besteht vermutlich aus demselben Material wie Gefechtsköpfe. Er bliebe garantiert unbeschädigt. Und sie hatte recht gehabt. Der Schlüssel existierte noch und war unbeschädigt. Er war in die Brennkammer geworfen worden und hatte das Erhitzen und Abkühlen folgenlos überstanden. Er war ein großes, T-förmiges Ding mit komplizierten Zacken aus stumpf glänzendem Metall. Vermutlich aus Titan. Aus vergangenen Zeiten, in denen Paranoia keine skeptischen Fragen nach Kosten zugelassen hatte.
Reacher angelte ihn aus dem Ofen. Er gab ihn Holland. Der Chief trug ihn zur Tür des Steingebäudes. Er steckte ihn ins Schloss. Er drehte ihn. Die Tür sprang einen Spalt weit auf.
33
Reacher versuchte die Klinke zu bewegen. Sie ließ sich mit leichtem Widerstand, der zwischen präzise und physisch lag, sechzig Grad nach unten drücken. Wie bei einem altmodischen Banktresor. Die Metalltür war sehr schwer, buchstäblich tonnenschwer. Ihre Außenbeplankung bestand aus einer fünf Zentimeter dicken Panzerstahlplatte. Auf allen Seiten einige Zentimeter kleiner war die fünfundzwanzig Zentimeter starke Türfüllung, die genau mit Türrahmen und Schwelle abschloss. Sie war ein geschweißter, vermutlich mit feuerfestem Material gefüllter Stahlkasten. In geschlossenem Zustand würde das Ganze einen dreißig Zentimeter starken nahtlosen Mauerabschnitt ergeben. Die massiven Scharniere waren lange nicht mehr geölt worden. Sie kreischten und quietschten. Aber die Tür ließ sich öffnen. Reacher zog sie noch etwas weiter auf, dann schlüpfte er hinein und stieß sie von innen auf. Das kam ihm vor, als stemmte er sich gegen einen liegengebliebenen Lastwagen.
Nichts als Dunkelheit im Inneren des Steingebäudes.
»Stablampen«, sagte Holland.
Peterson lief zurück zu den beiden Wagen und brachte drei Stablampen mit. Als sie eingeschaltet wurden, zeigten sie einen ungefähr acht mal zehn Meter großen Bunker. Zwei Geschosse hoch. Die äußere Steinverkleidung diente nur zur Tarnung. Der Bunker darunter war karg und zweckmäßig. In einem genau mittig angeordneten Schacht führte eine stählerne Wendeltreppe in die Tiefe. Die Luft roch abgestanden und leicht muffig. Wie aus der Grabkammer eines Pharaos in einer Pyramide. Die Wandung des Schachts war über einen halben Meter dick, die Treppe selbst aus einfachen Stahlprofilen geschweißt. Sie wand sich in eine scheinbar bodenlose schwarze Tiefe hinunter.
»Kein Aufzug«, stellte Peterson fest.
»Braucht zu viel Strom«, sagte Reacher. Er kämpfte gegen den pedantischen Teil seines Verstands an, der darauf bestand, eine Spirale sei eine ebene Figur. Nur zweidimensional. Dies war eine schraubenförmige Treppe. Eine Schraube war eine räumliche Figur. Aber das sagte er nicht laut. Susan in Virginia hätte es vielleicht verstanden. Oder auch nicht.
»Könnt ihr euch das vorstellen?«, fragte Holland in die Stille hinein. »Man ist sieben Jahre alt und steht kurz davor, dort runterzusteigen, und weiß, dass man nicht wieder raufkommen wird, bevor man erwachsen ist?«
»Wenn man’s überhaupt bis hierher geschafft hat«, sagte Reacher. »Was man nicht getan hätte. Die ganze Idee war verrückt. Sie haben das teuerste Lagerhaus der Welt gebaut, das ist alles.«
Neben dem Treppenschacht kamen zwei dicke Lüftungsrohre aus dem Boden. Beide mit gut einem halben Meter Durchmesser. Sie ragten wie Kamine auf einem Flachdach ungefähr einen Meter hoch auf. Direkt über ihnen befanden sich runde Löcher in der Bunkerdecke. An einen der falschen Kamine angeschlossen hätte ein Rohr zur Belüftung gedient: mit Ventilatoren, Filtern und Waschanlagen, um die vergiftete Außenluft zu reinigen. Das andere hätte verbrauchte Luft nach oben
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