61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
wurden.«
»Wer war der Hersteller?«
»Irgendeine Firma namens Crown Laboratories.«
»Wie bitte?«
»Crown Laboratories.«
Reacher sagte: »O Scheiße.«
»Was?«
»Vierzig Tonnen? Ich kann’s nicht glauben!«
»Reacher, was?«
»Ich muss weg.«
Sobald die Scheinwerfer von Petersons Wagen auf der Straße sichtbar wurden, verließ er das Haus, überquerte die Veranda und stiefelte die Einfahrt entlang. Die Kälte traf ihn wie ein Keulenschlag. Petersons Reifen ließen den gefrorenen Schnee knirschen und knacken. Der Streifenwagen hielt, und Reacher stieg ein. Aus der Heizung kam lauwarme Luft. Reacher behielt seine Mütze auf und die Handschuhe an. Peterson wendete, holperte über die Spurrillen und fuhr zur Hauptstraße zurück. Bog rechts ab und rollte nach Süden: langsamer als im Sommer und schneller als bei Verkehr. Außer ihnen war kein Mensch auf der Straße. Erst neun Uhr abends, aber die ganze Stadt wirkte bereits wie ausgestorben. Die Leute drängten sich in den Häusern zusammen, und Petersons Wagen war als einziges Auto unterwegs.
Nach zehn Meilen bogen sie ab und fuhren parallel zur Interstate weiter. Durch die dünne hohe Wolkendecke schien der Mond. Der gleichmäßige Westwind brachte weiter Eiskristalle mit sich. Auf der Frontscheibe bildeten sie Ablagerungen, die auch die Scheibenwischer nicht entfernen konnten. Wie Diamantstaub. Peterson schaltete die Scheibenheizung ein und saß verkrampft da, um durch das ovale Loch sehen zu können, das mit jeder Meile kleiner wurde.
Sie bogen erneut rechts ab und fuhren auf der kurvenreichen Landstraße weiter. Nun blies der Wind von links, sodass die Frontscheibe wieder klar wurde. Vor ihnen tauchte die alte Landebahn auf: bei Nacht grau und massiv und weiterhin frei. Sie holperten hinauf, und die Schneeketten begannen zu rasseln.
Die beiden nächsten Meilen legten sie schneller zurück.
Vor sich entdeckten sie rote Schlusslichter.
Ein geparkter Wagen. Er kehrte ihnen die Heckleuchten zu, und davor reflektierte der Schnee sein Scheinwerferlicht. Aus seinen Auspuffrohren stiegen kleine Abgaswolken auf, die vom Wind verwirbelt und dann weggeweht wurden.
Peterson fuhr langsamer und blendete auf. Der geparkte Wagen war leer. Ein Crown Victoria von Ford. Neutral. Dunkelblau oder schwarz. Im Scheinwerferlicht schwer zu erkennen.
»Chief Hollands Wagen«, stellte Peterson fest.
Sie parkten daneben, stiegen bei klirrender Kälte aus und entdeckten Holland an der Tür der ersten Hütte. Pelzmütze, Parka mit zugezogenem Reißverschluss, dicke Handschuhe, schwere Stiefel. Er bewegte sich steif und schwerfällig.
Holland war nicht erfreut, sie zu sehen.
Er fragte: »Was, zum Teufel, macht ihr hier?«
Das klang wütend.
Peterson antwortete: »Reacher hat rausgekriegt, wo der Schlüssel ist.«
»Mir egal, wer was rausgekriegt hat. Ihr hättet nicht herkommen dürfen. Keiner von euch beiden. Das ist völlig verantwortungslos. Was ist, wenn Alarm gegeben wird?«
»Das kann nicht passieren.«
»Glaubst du?«
»Wie denn auch? Der Zählappell ist vorbei, und die Zellen sind abgesperrt.«
»Du verlässt dich auf ihre Verfahren?«
»Natürlich.«
»Du bist ein Idiot, Andrew. Du musst aufhören, dieses verdammte Kool-Aid zu trinken. Dort draußen geht’s drunter und drüber. Vor allem im Bezirksgefängnis, das uns im Augenblick interessiert. Wenn du glaubst, dass dort jeden Abend ein richtiger Zählappell stattfindet, hast du dich gebrannt.«
»Das Gefängnis ist brandneu.«
»Beton und Stahl sind brandneu. Aber dort arbeiten dieselben alten Menschen.«
»Was willst du damit sagen? Dass der Zählappell fehlerhaft sein könnte?«
»Ich wette Dollar gegen Doughnuts, dass es überhaupt keinen gegeben hat. Ich behaupte, dass um fünf vor acht eine Klingel schrillt, nach der alle in ihre Zellen zurückkehren sollen, die dann um acht elektronisch verriegelt werden.«
»Selbst wenn das stimmt, besteht bis morgen früh keine Gefahr.«
»Aber es gibt nächtliche Kontrollen, mein Junge. Zehn pro Nacht, jede Stunde eine. Ich vermute, dass sie neun davon ausfallen lassen. Aber irgendwann gehen sie mit Stablampen herum, suchen die Betten ab und tun, was acht Uhr abends fällig gewesen wäre.«
»Ist das dein Ernst?«
»Menschliche Natur, Andrew. Die müsstest du allmählich kennen.«
»Sollen wir zurückfahren?«
Holland zögerte kurz. »Nein, wir können gemeinsam zurückfahren. Mrs. Salter ist schlimmstenfalls fünf Minuten allein. Vielleicht zehn.
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