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61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: 61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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stehen. Olivgrüne Hose, beiger Parka, hinter ihm ein eindeutiges Polizeifahrzeug, in South Dakota zugelassen. Nicht besonders überzeugend.
    Zwanzig Meter vor ihm drängte sich ein Kerl durch die Menge. Wich einigen Leuten aus, zwängte sich zwischen anderen hindurch, benutzte mal seine linke Schulter, um voranzukommen, und mal seine rechte. Schwarze Daunenjacke, Mütze, Hand schuhe. Seine Körpersprache war die eines Mannes, der bei der Arbeit gestört worden war: irritiert, aber neugierig. Er hielt kurz inne, fuhr sich mit dem Jackenärmel übers Gesicht, setzte sich wieder in Bewegung und blieb zwei Schritte vor den Reihen der anderen stehen.
    Reacher fragte: »Wer, zum Teufel, sind Sie?«
    Der Kerl sagte: »Verschwinden Sie.«
    Reacher trat weiter vor. Einen Schritt, zwei, drei.
    »Sie sind nicht sehr höflich«, sagte er.
    »Zeigen Sie mir, wo steht, dass ich das sein muss.«
    »Nun, Sie laufen auf meinem Eigentum herum.«
    »Wie das?«
    »Ich komme von der Army. Ich bin hier, um nach unserem Grundbesitz zu sehen. Die alle zwei Jahre fällige Inspektion. Dafür löhnt der Steuerzahler.«
    »Das soll wohl ein Witz sein.«
    Reacher entgegnete: »Was auch immer, ich muss mich hier umsehen.«
    »Ich hab gesagt, Sie sollen sich verpissen.«
    »Ich weiß. Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich Sie ernst nehme?«
    »Gegen hundert Leute kommen Sie nicht an.«
    »Das müsste ich gar nicht. Zwei Drittel von euch scheinen Frauen und Kinder zu sei. Also bleiben ungefähr dreißig Kerle übrig. Oder vierzig. Aber die Hälfte von ihnen ist zu fett, um sich bewegen zu können. Mischen sie sich ein, kriegen sie alle möglichen Herzprobleme. Von dem Rest sind ungefähr die Hälfte Feiglinge. Die hauen ab, wenn’s ernst wird. Folglich bleiben nur acht, höchstens zehn Kerle übrig. Und mit acht oder zehn von euch nehme ich’s leicht auf.«
    Keine Antwort.
    »Außerdem komme ich von der Army. Legt ihr euch mit mir an, fährt der nächste Typ, den ihr zu sehen bekommt, einen Panzer.«
    Kurzes Schweigen. Nur das an- und abschwellende Heulen des Windes und das Prasseln von Eiskristallen gegen Holz. Der vor der Menge stehende Kerl begutachtete Reacher, seine Kleidung und seinen Wagen und gelangte zu irgendeinem Entschluss. Er fragte: »Was müssen Sie sehen?«
    Reacher antwortete: »Das Steingebäude.«
    »Das gehört nicht uns.«
    »Nichts von allem hier draußen gehört euch.«
    »Wir benutzen es nicht, mein ich.«
    »Ihr solltet überhaupt nichts benutzen.«
    »Das ist unser Recht als Squatter. Dies ist eine aufgegebene Militäranlage. Wir kennen unsere Rechte.«
    Reacher sagte nichts. Setzte sich nur in Bewegung und umging die Menge am linken Rand. Alle blieben stehen und ließen ihn vorbei. Keiner versuchte ihn aufzuhalten. Eine stillschweigende Übereinkunft. Er betrachtete das letzte Blockhaus, ein nicht sehr großer, rein zweckmäßiger Bau. Es war ungefähr fünfzehn Meter lang und wies auf der Längsseite nur zwei kleine quadratische Fenster auf. In die Schmalseite war eine Tür eingelassen. Um die Hütte herum hatte man sorgfältig Schnee geräumt. Unmittelbar dahinter stand das steinerne Haus. Auch in seiner Umgebung lag kein Neuschnee mehr. Die Verbindungswege sahen tadellos geräumt aus.
    Reacher drehte sich um.
    Er fragte: »Wozu die Wege räumen, wenn ihr es nicht benutzt?«
    Derselbe Kerl trat wieder aus der Menge.
    Er sagte: »Um der Befriedigung willen, eine Arbeit gut getan zu haben.«
    Das Steinhaus war ein merkwürdiges Gebäude. Sein Entwurf hätte von einem Plan für ein kleines, aber reich verziertes altmodisches Vororthaus abgekupfert sein können. Es wies alle möglichen Details, Verzierungen und Schnörkel sowie Giebel, Regenrinnen und Dachvorsprünge auf. Wie ein neugotisches Gästehaus, das ein reicher Mann im Park seiner Villa hatte erbauen lassen.
    Aber es gab augenfällige Unterschiede. Wo ein Gästehaus Fenster gehabt hätte, wies das Steinhaus nur flache Nischen auf. Wie optische Illusionen. Größe und Form stimmten, aber es gab keine Fensterscheiben. An ihrer Stelle setzte sich der sauber verfugte Kalkstein des übrigen Mauerwerks fort. Es gab ein Vordach, aber die Tür darunter versuchte erst gar nicht, eine Illusion zu erzeugen. Sie bestand einfach aus einer massiven Stahlplatte mit mächtigen Angeln. Wie eine Bunkertür schlug sie nach außen, nicht nach innen. Die Druckwelle einer Bombenexplosion würde sie nicht aufsprengen, sondern noch fester zudrücken. Die Tür wies eine

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