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616 - Die Hoelle ist ueberall

Titel: 616 - Die Hoelle ist ueberall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Zurdo
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und zu zittern begonnen. Sein Magen war in Aufruhr. Ihm schien, dass seine Seele, die in solcher Bedrängnis war, ihre Last dem Organismus übertrug und ihn ansteckte. Jetzt, kurz bevor er aus Monsignore Franziks Wagen aussteigen sollte, spürte er, dass ihn die Kräfte verließen. Seine Beine zitterten leicht, wie von einem Krampf, sein Gesicht wirkte abgezehrt und eingefallen, er hatte Ringe unter den Augen und die Haut glänzte vom Fie-berschweiß.
    Der Fahrer stieg aus, um ihm die Tür zu öffnen – damit hätte Albert Cloister nicht gerechnet –, und da wurde ihm sein Zustand bewusst. Noch vor einer Stunde schien es ihm gutgegangen zu sein, aber er musste seine Kräfte völlig aufgezehrt haben, und nun konnte er den Anschein der Normalität nicht mehr aufrechterhalten.
    Der Chauffeur erschrak, als er ihn sah, rief einen Schwei-zergardisten und bat ihn, einen Arzt zu verständigen. Dann benachrichtigte er selbst Kardinal Franzik und brachte, dessen Anweisungen folgend, Pater Cloister in eines der kleineren Gebäude des Papstsitzes. Über eine marmorne Freitreppe mit Balustrade gelangte man zu einer quadratischen Tür mit Tür-sturz, über der sich ein rundbogenförmiges Relief befand. Ein wunderschönes Gebäude, das den Eindruck von Reichtum und Macht erweckte.
    Drinnen half ein Geistlicher dem Fahrer, Pater Cloister in einen kleinen Wohnraum an der Seite zu bringen. Dort leg-ten sie ihn auf eine Chaiselongue. Sein Gesicht hatte eine grünliche Farbe angenommen, und ihm zitterten die Hände. Man brauchte ihm nicht die Temperatur zu messen, um zu sehen, dass er hohes Fieber hatte.
    Der Arzt kam sofort, begleitet von Kardinal Franzik, der au-ßerordentlich besorgt wirkte. Unabhängig von Cloisters Arbeit in seinem Auftrag war er für ihn der Sohn, den er aufgrund sei-nes Priesterstatus nie haben konnte. Als er ihn sechs Jahre zuvor kennengelernt hatte, hatte er sich sofort zu ihm hingezogen ge-fühlt. Sein energisches, offenes Wesen, seine intellektuelle Tiefe, der Wissensdurst in seinen Augen … All dies erinnerte ihn an sich selbst als jungen Postulanten in Krakau, in einer Zeit, in der die polnische Kirche sich gezwungen gesehen hatte, beinahe wie eine Geheimgesellschaft zu operieren.
    »Monsignore …«, sagte Albert Cloister mit schwacher Stimme.
    »Ganz ruhig, mein Junge. Sei einfach still, und streng dich nicht an.«
    Der Arzt untersuchte den Patienten. Er hegte die Befürch-tung, er könne sich irgendeine Lebensmittelvergiftung oder schlimmstenfalls sogar eine bakterielle oder virale Infektion zugezogen haben; vielleicht auch einen Parasiten. Man hatte ihn darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Patient im brasiliani-schen Urwald gewesen war. Solche Erkrankungen waren dort an der Tagesordnung. Allerdings war der Priester ordnungs-gemäß geimpft. Einstweilen beschränkte der Arzt sich darauf, Fieber und Blutdruck zu messen, Cloister abzuhorchen und ihm Blut abzunehmen. Er empfahl, Cloister ins Bett zu bringen und in den nächsten zwölf Stunden den Krankheitsverlauf zu beobachten.
    Als der Arzt ging, schlief Cloister sofort ein. Mehrfach fan-tasierte er. Das Fieber blieb mit leichten Schwankungen die ganze Nacht hindurch hoch. Doch am nächsten Morgen sah er besser aus. Das Ergebnis der Blutuntersuchung war unfassbar: Man hatte nichts gefunden. Er war kerngesund. Das Fie-ber und der Schüttelfrost waren wohl psychosomatischer Na-tur gewesen. Eine körperliche Ursache gab es nicht.
    Am Vormittag besuchte ihn Kardinal Franzik. Albert fühlte sich vollständig wiederhergestellt.
    »Fühlst du dich wirklich kräftig genug, um an die Arbeit zu gehen?«
    »Kräftig und voller Tatendrang.«
    »Vielleicht war es nur der Stress. Die Krankheit der modernen Welt«, sagte der Kardinal nicht allzu überzeugt.
    Die beiden Männer verließen den Wohnbereich und be-gaben sich zum Büro des Kardinals. Dieser hatte sich verschiedene Dokumente bringen lassen, damit Pater Cloister sie sich ansehen konnte. Am Amazonas hatte Cloister einem Ri-tual beigewohnt, bei dem einige Mitglieder eines vergessenen Stamms – die feinfühligsten – mit Hilfe eines Tranks, den die Frauen nach uraltem Rezept aus den Blättern einer Dschun-gelpflanze zubereiteten, Zukunftsvisionen oder okkultes Wis-sen empfingen. Der Jesuit führte mit den Mitgliedern dieses isoliert lebenden Stammes verschiedene streng wissenschaftliche Versuche durch. Er entwickelte eine Reihe von Tests, um die Authentizität des Verfahrens zu überprüfen. Das Ergebnis

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