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616 - Die Hoelle ist ueberall

Titel: 616 - Die Hoelle ist ueberall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Zurdo
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kaum Spielraum, um ihm auszuweichen. Das mussten wohl auch die Insassen des Krankenwagens erkannt haben, denn Audrey sah sie aussteigen und eine Trage sowie Reanimationsausrüstung hinten aus dem Wagen holen. Entweder waren sie der Verzweiflung nahe, oder der Notfall befand sich ganz in der Nähe.
    Ein schrecklicher Gedanke schoss Audrey durch den Kopf …
    »O nein … Nein, nein, NEIN!«
    Sie rannte aus dem Büro, ohne ihren Mantel mitzunehmen oder die Praxistür hinter sich abzuschließen. Der heftige Re-gen hatte sie im Nu durchnässt, kaum dass sie auf die Straße getreten war. Desorientiert sah sie sich um, dann rannte sie nach rechts.
    Die nassen Haare fielen ihr in die Augen, ihre Schuhe verursachten bei jedem Schritt ein hässliches Platschen. Einige ältere Leute kamen ihr entgegengelaufen. Audrey wich abrupt aus und lief auf die Straße. Ums Haar wäre sie überfahren worden. Hinter sich hörte sie noch die Flüche des Autofahrers.
    Sie lief zwischen den stehenden Fahrzeugen hindurch. Die Fahrer sahen sie an sich vorbeilaufen und beobachteten mit-leidig diese Frau, die offensichtlich nicht ganz richtig im Kopf war. Schließlich erreichte Audrey den Krankenwagen. Der Fahrer war nicht ausgestiegen. Er erschrak zu Tode, als er sie plötzlich am Seitenfenster auftauchen sah. Audrey klopfte so lange gegen die Scheibe, bis er sie herunterkurbelte.
    »Was ist?«
    »Wo ist der Notfall?«
    »Verschwinde, du Irre.«
    »SAGEN SIE MIR, WO DER NOTFALL IST!«, schrie Audrey und packte den Mann am Uniformhemd.
    Der Fahrer wollte sich schon mit einem Schlag befreien und das Fenster wieder hochkurbeln, doch dann sah er, dass Audrey das Foto eines lächelnden Kindes in der Hand hielt, das neben einem Clown stand. Das besänftigte ihn.
    »Der Notfall ist in Joe’s Grill.«
    Hals über Kopf stürzte Audrey wieder los, rannte durch den Regen und zwischen den Autos hindurch. Vor dem Restaurant stieß sie auf eine bunte Ansammlung von Regen-schirmen und Regenmänteln, deren Eigentümer sich an den Fenstern des Lokals die Nasen plattdrückten und durch die Scheibengardinen hineinspähten. Audrey drängelte sich zwischen ihnen hindurch, wurde beschimpft und bekam Ellenbo-gen in die Rippen, bis sie schließlich die Tür erreichte.
    Das Restaurant war voll besetzt, doch niemand aß. Ein köstlicher Duft nach gebratenem Fleisch und frischem Mais erfüllte die Luft – der fröhliche Duft von Familienessen am Wochenende, von Familienfeiern voller Gelächter. Gott dürf-te nicht zulassen, das jemand an einem Ort wie diesem starb.
    Doch genau dies war soeben geschehen.
    Der Arzt ließ von der Brust der Frau ab. Sie lag am Boden, die Bluse geöffnet. Zum Glück hatte jemand das Kind fortge-bracht.
    »Es tut mir sehr leid«, sagte der Arzt.
    Der Infarkt war ganz plötzlich aufgetreten und für einen so jungen Menschen ungewöhnlich heftig gewesen. Der Ehemann sah den Arzt desorientiert an. Er begriff es nicht. Er wollte es nicht begreifen. Er wandte sich den Menschen um ihn herum zu; vielleicht hoffte er ja, jemand könne ihm das erklären. Da fiel sein Blick auf …
    »Audrey? Bist du das?«
    Sie schluckte. Erneut brannten die Tränen in ihren Augen.
    »Michael, ich …«
    »Sie ist tot.«
    »Ich weiß.«
    Audrey wusste es. »Karen« war der Name, den Daniel auf ihre Handfläche geschrieben hatte, um sie zu zwingen, ihm zu glauben. Und das hatte er auch erreicht. Jetzt glaubte sie ihm.
     
    Joseph Nolan hatte gerade sein Abendessen zubereitet, als es an der Tür klingelte. Er konnte sich nicht vorstellen, wer das sein sollte, denn er erhielt für gewöhnlich keinen Besuch. Nur seine Kinder kamen zweimal die Woche. Er drehte die Gasflamme herunter und ging zur Tür.
    »Ja, bitte?«
    Keine Antwort.
    »Hallo?«
    Nichts.
    Es war wohl irgendein jugendlicher Scherzbold aus der Nachbarschaft. Joseph wollte sich schon wieder seinen Spag-hetti mit Tomatensoße zuwenden, da klingelte es erneut.
    »Diese verflixten Blagen!«
    Statt in die Küche ging er nun an ein Fenster im Wohnzimmer, von dem aus man die Eingangstür sehen konnte. Erstaunt riss er die Augen auf.
    »Audrey!«
    Er lief zurück zur Gegensprechanlage und öffnete die Haustür. Dann versuchte er, rasch das Chaos zu beseitigen, das in seiner Wohnung herrschte. Audrey kam herein, als er gerade einige Baseballzeitschriften unter den Sessel warf. Breit grinsend drehte er sich zu ihr um, doch als er sie sah, verschwand sein Grinsen.
    »Du bist ja völlig durchnässt … Was ist los,

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