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616 - Die Hoelle ist ueberall

Titel: 616 - Die Hoelle ist ueberall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Zurdo
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also der Direktor hat seine Frau umgebracht. Niemand weiß, was mit ihm los war. Er ist einfach verrückt geworden, und später hat er sich auch umgebracht. Mein Sohn ist gegangen, weil man etwas riechen konnte … Er war noch nie hier. Ich habe ihm die Geschichte vom früheren Hoteldirektor erzählt, aber ohne Einzelheiten. Ist eine ziemlich traurige Sache, und mein Sohn ist sehr sensi-bel, wissen Sie? Es ist so: Der Direktor und seine Frau kamen hier runter und … Das ist alles. Wie gesagt, niemand weiß genau, was passiert ist. Offenbar hatte der Mann sich schon seit einiger Zeit seltsam verhalten.«
    »Und warum kamen sie in die Krypta?«, fragte Cloister.
    »Das ist noch so ein Rätsel – zum Beten bestimmt nicht«, erwiderte der Mann, nachdem er dem Jesuiten einen seiner ein wenig verächtlichen Blicke zugeworfen hatte. »Ihr Journalisten seid immer auf Sensationen aus, was, Chef?«
    »Das liegt uns im Blut«, entgegnete Cloister. »Na gut, dan-ke, dass Sie mich hierhergebracht haben. So etwas habe ich gesucht für … für meinen Artikel. Ich werde noch ein paar-mal hier runterkommen müssen, allein. Ist das ein Problem?«
    Der Mann blickte ihn ausdruckslos an, dann zog er die Augenbrauen hoch und stieß einen Seufzer aus. Ehe er etwas sagen konnte, fügte Cloister hinzu: »Selbstverständlich kann ich Ihnen noch einmal sechshundert Dollar geben, wenn ich in den nächsten Tagen kommen und gehen darf, wie ich will.«
    »Natürlich können Sie kommen und gehen, wann Sie wol-len. Aber können wir nicht tausend Kröten draus machen? Sie wissen ja, wie klein die Renten heutzutage sind und wie teuer das Leben ist.«
    »Tausend, einverstanden. Aber ich werde den Schlüssel zum Kohleschuppen brauchen, damit ich hereinkann, und den von der Metalltür im Lichthof.«
    »Kein Problem. Der Kohleschuppen wird nicht mehr benutzt. Da kann sich niemand beschweren. Außerdem sind Sie ja Journalist … Keine Sorge.«
    Der Mann reichte Cloister zwei Schlüssel und bat ihn, sie seinem Sohn zurückzugeben, wenn er mit seiner Arbeit und den Besuchen in der Krypta fertig sei. Dann bat der Jesuit den Vater des Pförtners, ihn allein zu lassen. Er selbst wolle noch eine Weile in der Krypta bleiben, um Notizen zu diktieren und einige Fotos zu machen. Dieser Bitte kam der Mann gern nach. Seine Neugier auf das, was der Journalist tat oder sagte, war nicht so groß wie sein Wunsch, sich an seinem Glück zu freuen. Schwerfällig stieg er die Leiter wieder hinauf und ging davon, nicht ohne zuvor abzuwägen, ob er diesem Journalisten mit der dicken Brieftasche noch etwas erzählen sollte. Er kannte nämlich die wahre Geschichte darüber, wie der Hoteldirektor seine Frau getötet hatte. Sein Vater hatte sie ihm oft in vertraulichem Tonfall erzählt.
    Doch nein. Es war allzu schrecklich. Der Hoteldirektor und seine Frau hatten sich auf dem Altar geliebt. Er hatte un-ten gelegen. Plötzlich hatte er ein Jagdmesser hervorgeholt und es seiner Frau in die Vagina gestoßen. Dann hatte er das Heft hochgerissen und ihr den Bauch völlig zerfetzt. Die Frau war in einer riesigen Blutlache gestorben; das Blut war bis auf den ehemals heiligen Boden gespritzt … Nein, das durfte man schlechterdings niemandem erzählen, nicht einmal für viel Geld. Die Toten sind tot. Man darf ihre Geheimnisse nicht entweihen.
    Als Cloister allein in der Krypta zurückblieb, ging er zu dem am Boden liegenden Kreuz, hob es hoch und lehnte es richtig herum an eine Wand. Dann atmete er tief durch – die Luft war muffig, und er musste einen Brechreiz unterdrücken. Der Lichtstrahl der Taschenlampe beleuchtete die unzähligen Staubkörnchen in der Luft. In dieser Atmosphäre machte Cloister sich daran, den Aufzeichnungen über seine Nachforschungen diese neueste Entdeckung hinzuzufügen.

21
    New London
    Die Kirche St. Peter and Paul lag im Hafenviertel im Norden New Londons, an den Eisenbahnschienen, die hier parallel zur Interstate fünfundneunzig verliefen. Der polnischstämmige Gemeindepfarrer war ein frommer Mann. In dieser Nacht fand er keinen Schlaf. Als er sich nicht länger im Bett herum-wälzen mochte, beschloss er, hinunter in die Kirche zu gehen. Und nun saß er zu später Stunde auf einer der Holzbänke vor dem Altar und wartete darauf, dass der Schlaf sich doch noch einstellte.
    Es war ein kalter Tag gewesen, doch nichts hatte den Sturm angekündigt, der am frühen Abend ausgebrochen war. Es regnete erstaunlich heftig – der Pfarrer erinnerte sich nicht, schon

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