Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

616 - Die Hoelle ist ueberall

Titel: 616 - Die Hoelle ist ueberall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Zurdo
Vom Netzwerk:
öffnete.
    »Wenn das so ist …«, sagte der Mann und strich sich übers Kinn, »dann kann ich Ihnen etwas zeigen. Wie hoch ist denn Ihr ›Budget‹, wenn man fragen darf?«
    »Dreihundert Dollar.«
    Cloister nannte eine bewusst kleine Summe. Wenn man es mit Menschen zu tun hat, die für Geld kooperieren, steigen die Preise später ohnehin.
    »Das ist ja nicht gerade viel, Chef.«
    »Nun ja, wenn das, was Sie mir zeigen wollen, wirklich interessant ist, gibt es ein bisschen mehr.«
    »Sehen Sie? Wir verstehen uns. Siehst du, Junge?«
    Der junge Mann stand neben seinem Erzeuger und betrachtete ihn leicht beschämt, doch ohne ihn zu verurteilen. Sein Vater stammte noch aus einer Zeit, in der es viel schwieriger gewesen war, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Das Einzige, was ihn überraschte, war dieses »etwas«, das der Vater dem Journalisten zeigen wollte und das er selbst gar nicht kannte.
    »Die werden wir brauchen«, sagte der Mann und nahm zwei Taschenlampen aus dem Schrank am Arbeitsplatz seines Sohnes. »Kommen Sie mit.«
    Die drei Männer gingen hinaus auf die Straße und zum ehemaligen Kohlenschuppen. Von dort aus betraten sie einen kleinen Lichthof, den sie durchquerten und durch eine Metalltür wieder verließen, unter deren abblätternden Farb-schichten der Rost durchschimmerte. Sie gelangten in einen dunklen Korridor, der zu einer schmalen, feuchten Treppe führte.
    »Hier lang. Da müssen wir runter. Wir sind gleich da.«
    Am Fuß der Treppe befand sich ein von Stützpfeilern ge-säumter Raum. Ungefähr in der Mitte kehrte der Vater des Pförtners den angesammelten Schmutz beiseite und legte eine Falltür frei.
    »Heb die mal hoch, Junge. Ich hab den Rücken kaputt und darf mich nicht anstrengen.«
    Der Sohn gehorchte sofort, ebenso neugierig wie Cloister. Er war nur wenige Male in diesem Raum gewesen, und den verborgenen Keller, zu dem die Falltür führte, die er mühe-voll öffnete und die auf ihn wirkte wie der Rachen eines Fa-beltiers, kannte er überhaupt nicht. Mit der Taschenlampe leuchtete er hinein. An der Seite hing eine Metallleiter.
    »Vorsicht auf der Leiter«, sagte der Vater. »Die wird nicht mehr benutzt seit … Ach, schon ewig nicht mehr.«
    Cloister horchte auf. Ihm schien, als hätte der Vater noch etwas hinzufügen wollen, sich dann aber dagegen entschieden.
    »Ich muss auf meinen Posten zurück«, sagte der Pförtner. »Ich darf mich da nicht ohne Grund entfernen.«
    »Brauchst keine Angst zu haben, mein Sohn.«
    »Ich habe keine Angst, Papa. Aber ich möchte da nicht runterklettern, und ich muss zurück an die Arbeit.«
    Das Verhalten des jungen Mannes befremdete Cloister. Als er fort war, kletterte der Vater als Erster hinab und der Jesuit hinterher. Sie waren nun in der Krypta der ehemaligen Kirche. Der Raum hatte eine bedrückende, beengte Atmosphäre, und die Luft war schwül. Es roch nach Feuchtigkeit und Verwesung. Es gab immer noch einige steinerne Blind-bögen, einen Altar und ein großes Kreuz, das am Boden lag. Außerdem lagen reichlich Schmutz, Trümmer und vermodertes Holz herum. Und da war noch etwas. Etwas nicht Greifbares.
    Das Kreuz lag sozusagen auf dem Bauch. Das war Cloister sofort aufgefallen. Normalerweise würde nur ein Paranoiker diesem Detail Bedeutung beimessen. Doch die Koordinaten seines Denkens und seiner Logik hatten sich verschoben. Ein umgekehrtes Kreuz deutete man als Zeichen für Christi Widersacher. Und das passte ziemlich gut zu dem, was ihn in diese Stadt und in diesen Raum geführt hatte.
    »Na, Chef, das ist mehr wert als dreihundert, was?«
    »Ja, das gebe ich zu.«
    Cloister holte seine Brieftasche hervor und entnahm ihr sechshundert Dollar.
    »Hier. Vierhundert hierfür und noch mal zweihundert, wenn Sie mir erklären, warum Sie vorhin nicht sagen wollten, seit wann die Leiter nicht mehr benutzt wird.«
    »Sie bringen mich da ziemlich in Verlegenheit … Das ist eine sehr alte Geschichte. Mein Vater kam mit mir hier run-ter, als ich noch klein war. Er hat auch im Hotel gearbeitet. Er war ein sehr gläubiger Mensch, römisch-apostolisch-katholisch, genau wie meine Mutter. Er hat die Falltür da oben repariert und die Leiter wieder angebracht … Als sie den Zugang zur Krypta zugemauert haben.«
    »Sie haben den Zugang also zugemauert … Und warum bringt diese Antwort Sie in Verlegenheit?«
    »Weil … Wie soll ich sagen? … Als ich so alt war wie mein Junge, mehr oder weniger, da hat der Chef meines Va-ters, der Hoteldirektor …

Weitere Kostenlose Bücher