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617 Grad Celsius

Titel: 617 Grad Celsius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Haschtüte.
    Winkler gab Feuer. »Du heißt Johanna, stimmt’s?«
    »Sag Jo zu mir.«
    »Zu Edgars Auftritt wird’s leider nicht mehr kommen, Jo.«
    »Wie meinst du das?«
    »Gleich wimmelt es hier von Polizei.«
    »Was?« Johanna stand auf und blickte aus dem Fenster. Von draußen ertönte Martinshornlärm. Das erste Einsatzfahrzeug. Die Hauptwache in Garath war nicht weit.
    »Terroristen?«, fragte sie. »Bombenalarm?«
    »Keine Sorge.« Er leerte sein Glas, nahm ihre Hand und wollte die Politikerschwester zur Treppe führen.
    Sie sträubte sich.
    »Komm mit, Jo«, beharrte er. »Ist besser so, vertrau mir.«
    Draußen bezogen sie Posten hinter einem nagelneuen Porsche Turbo, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite abgestellt war. Im gleichen Moment stoppten drei weiße Passat und ein VW-Bulli vor der Haustür. Blaulichter blitzten, mit vorgehaltenen Maschinenpistolen stürmten die uniformierten Kollegen das Haus. Die große Show.
    Die Unerschrockenheit, mit der Jo weiter an ihrem Joint zog, imponierte ihm. Um sie zu beeindrucken, nahm er auch ein paar Züge.
    »Das Karma des Abends ist vermutlich dahin«, sagte Winkler.
    »Bist du auch ein Bulle?«
    »Wir haben Edgar Schwab mit einem Pfund Heroin erwischt.«
    Ein weißer Käfer hielt mit quietschenden Bremsen, Winklers Chef stieg aus. Ein junger Hörfunkmann streckte ihm sein Mikro entgegen. Baumann schlug es zur Seite – der Wachdienstführer vermutete Moskau hinter jedem, der sich nicht den Nacken ausrasierte.
    Endlich erschien Lohse im Blitzlichtgewitter und brachte den Festgenommenen heraus. Schwab torkelte im Klammergriff. Der Plattenstar ließ den Kopf hängen. Genau vor der Linse von Alex Vogel stieg er in den Bulli.
    Der Nachwuchsreporter des Blitz schoss den Musiker mustergültig ab. Die Türen knallten, der Transporter brauste davon.
    »Ich kann’s nicht glauben«, murmelte Johanna.
    Winkler fragte sich, ob sein Auftraggeber zufrieden sein würde. Er dachte an den bevorstehenden Prozess. Wenn etwas schief ging, würde er es allein ausbaden müssen.
    Uwe Strom, Staatssekretär und Nachwuchshoffnung der SPD: Dieses Telefonat hat nie stattgefunden .
    Winkler raunte Stroms Schwester zu: »Weißt du was, Jo? An einem Einzelgespräch bin ich nach wie vor interessiert.«
    Sie lächelte und inhalierte Dope.
    Er fasste einen Plan, wie er sich die Gunst Uwe Stroms dauerhaft sichern könnte. Er hatte Chancen bei dieser Frau. Die Geliebte des Popstars war Johanna jedenfalls nie und nimmer.
    Politik – da steigst du nicht durch.

23.
    Mai 2005
    Im rechtsmedizinischen Institut der Heinrich-Heine-Universität hatte sich die übliche Gemeinde eingefunden, um dem zuletzt entdeckten Toten die Ehre als Spurenträger zu erweisen. Während der Assistent die wenigen Haare vom Kopf schabte, diskutierten die Umstehenden die Gründe, warum sich die Fortuna nach dem Aufstieg in die Regionalliga so schwer tat. Thilo Becker begrüßte Anna mit einem stummen Nicken, der Staatsanwalt gab ihr die Hand und deutete eine Verbeugung an – vielleicht meinte er, der Nichte des Ministerpräsidenten besonders höflich begegnen zu müssen.
    Von der Decke hing ein Diktiergerät. Der Rechtsmediziner begann, die äußerlich sichtbaren Verletzungen aufzuzählen. Dichter, ergrauter Flaum bedeckte fast den gesamten Körper des Toten. Auf das Bein war mit dickem Filzstift eine Kennziffer geschrieben. Die Fingerkuppen waren schwarz eingefärbt. Anna ließ sich vom Assistenten die Karte mit den Abdrücken geben und bedankte sich.
    Sie fragte Becker: »Bleibst du noch eine Weile?«
    Schnippisch erwiderte er: »Mir macht das nichts aus, Luna.«
    Anna wedelte mit der Karte. »Dann kümmere ich mich um die Fingerprints. Wenn wir Glück haben, ist unser Kunde in der AFIS-Datei gelistet.«
    Der Arzt hatte die Kopfhaut eingeschnitten und zog die Schwarte vom Schädel. Das Geräusch erinnerte Anna an einen Klettverschluss. Als der Rechtsmediziner das vibrierende Blatt der Elektrosäge ansetzte, machte sie, dass sie hinauskam. Das Kreischen des Knochens verfolgte sie bis vor die Tür.
    Sie ließ den BMW vor der Baracke der Rechtsmedizin stehen und ging zu Fuß hinüber in den Teil des Klinikgeländes, in dem die Lebenden verarztet wurden. Es war noch immer ein freundlicher Tag, nur ein paar Schäfchenwolken am Himmel, die Frühlingssonne wärmte.
    Das Hauptgebäude war ein zehnstöckiger Betonriegel mit allerlei Anbauten. Anna fragte sich durch und erfuhr, dass der junge Mann, der als Erster aus dem

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