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617 Grad Celsius

Titel: 617 Grad Celsius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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eines Kühlschranks war nirgends zu erspähen. Anna sorgte dafür, dass keiner ohne Handschuhe arbeitete, und packte mit an. Alles, woran Blut oder Gewebeteile hafteten, wurde fotografiert und getrennt abgelegt.
    Endlich trafen die Kriminaltechniker ein und streiften sich ihre Overalls über. Anna erklärte ihnen die Lage.
    Als der Schutt nur noch wenige Zentimeter hoch auf dem Kellerboden lag, bemerkte Anna ein Schimmern zwischen den Ziegelbruchstücken. Ein Techniker wühlte ein Metallteil hervor. Freyer identifizierte es als einen passenden Rohrstopfen. Kurze Zeit später fand er eine Rohrzange – wahrscheinlich das Werkzeug, mit dem die Leitung geöffnet worden war.
    Dass beides noch hier lag, passte zu der Theorie, dass der Mann mit der Glatze die fatale Manipulation selbst ausgeführt hatte.
    Nach einer weiteren Viertelstunde war der Raum vollständig freigelegt. Freyer präsentierte zwei Teelichter. Die Dochte waren schwarz. Im erstarrten Wachs waren Staub und Mörtelkrümel eingebacken.
    »Der Dreck kam in die Lichter, als das Wachs flüssig war«, stellte der Sachverständige fest. »Also brannten sie zum Zeitpunkt des Unglücks. Vermutlich unsere Zündquelle. Romantisch, nicht wahr?«
    »Ich dachte, der Kerl wollte sich ersticken?«
    »Offenbar fuhr er zweigleisig und wandte beide Methoden zugleich an: Ersticken und Explosion. Er wollte sichergehen, dass es klappte. So etwas ist nicht ungewöhnlich.«
    Anna blickte zu Michael Lohse hinüber. Der Kollege nickte und hob müde die Schultern – er schien der Theorie des Gutachters zuzustimmen.
    Sie fragte Michael, ob er mit ihr beim nächsten Bäcker frühstücken wolle. Doch der Kollege zog es vor, nach Hause zu fahren.
    Als sie kurz darauf ebenfalls aufbrechen wollte, bemerkte sie Jonas Freyer, der noch immer im Trümmerberg stand und auf den Rand der Grube starrte.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Die Stahltür. Fällt dir etwas auf?«
    Ja, dass Sie mich duzen, dachte Anna.
    Dann wurde ihr klar, was er meinte. Das Türblatt war unversehrt bis auf ein paar Scharten an der Oberkante. Die Türangeln hingen noch in den Resten des Mauerwerks.
    Freyer wischte sich Dreck von den Händen. »Ich hab dir schon die ganze Zeit angesehen, dass du mit der Selbstmordthese nicht zufrieden bist.«
    »Die Tür war nicht geschlossen, als es krachte, stimmt’s?«
    »Richtig. Sonst wäre sie aufgewölbt und aus den Angeln gefetzt oder mit der gesamten Türzarge rausgeflogen.«
    »Wenn der Glatzkopf trotzdem tot war, bevor das Haus einstürzte, dann hat ihn jemand hier abgelegt und mithilfe des Klebebands den Suizid vorgetäuscht.«
    Der Gutachter sagte: »Quod est demonstrandum.«
    »Klugscheißer.«
    »Danke.«
    Sie fragte: »Gehst du mit mir frühstücken?«
    Freyer nahm den Vorschlag freudig an.

21.
    »War sicher nicht einfach als Frau in Bosnien«, bemerkte Jonas, während er die Krümel seines Croissants mit der Gabel zu einem Haufen zusammenschob.
    »Ich war zwar die einzige Polizistin im gesamten Bezirk, aber mit den einheimischen Kollegen bin ich gut klargekommen«, antwortete Anna. »Nur mit dem Chef unserer internationalen Einheit nicht. Ein Kerl aus Lyon. Offenbar ist es bei der französischen Gendarmerie üblich, dass Frauen nur den Kaffee kochen.«
    »Und das Verbrechen? Sicher geht es dort unten etwas rauer zu als hier.«
    »Klar, aber lass uns über die Schützenstraße reden. Wie oft gibt es das, dass an einem Erdgasanschluss manipuliert wird?«
    »Ständig. Immer wieder fliegen ganze Häuser in die Luft, weil ein Idiot Gas klauen will oder ein Selbstmörder den Hahn aufdreht.« Der Sachverständige schaufelte die Krümel in den Mund. Sein Teller war nun blitzblank. Er stach mit der Gabel in die Luft und erklärte: »Manche tun es, um Leute zu töten. Erst letzten Monat schraubte ein Metzgermeister in Euskirchen den Stopfen im Keller eines Mietshauses ab, weil er sich von einem Arzt, der dort praktizierte, falsch behandelt fühlte. Jemand hat das Gas rechtzeitig gerochen, sonst hätte es womöglich noch mehr Tote gegeben als hier.«
    »Und ein Anschlag, um einen Mord zu vertuschen?«
    »Da gibt es einen schönen Fall bei Chesterton. Liest du Krimis?«
    »Nein.«
    Sein Handy gab Laut, er entschuldigte sich bei Anna und nahm das Gespräch an. Sie bemerkte, dass der Kaffee, in dem sie rühren wollte, schon ausgetrunken war. Ein Blick auf die Uhr – höchste Zeit, zur Obduktion zu fahren.
    Freyer schrieb Notizen auf eine Papierserviette, dann beendete er sein

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