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617 Grad Celsius

Titel: 617 Grad Celsius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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beschäftigt zu haben.«
    »Ihr Vater spielte als Polizist eine maßgebliche Rolle bei der Festnahme von Uhligs Freund, dem Musiker Edgar Schwab.«
    Anna räusperte sich, um ihre Kehle frei zu kriegen. »Ich weiß.«
    »Die Hintergründe werfen kein gutes Licht auf Ihren Vater.«
    »Schießen Sie los.«
    Die Fernsehjournalistin warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Ein zierliches, teures Stück, das nicht zu ihrem praktischen Outfit zu passen schien. Sie sagte: »Ihr Vater hat Ende 1976 die Schwester von Uwe Strom geheiratet. Kannten sich die beiden schon vor der Razzia?«
    »Nein. Was hat das damit zu tun?«
    »Und Ihr Vater und Uwe Strom? Kannten sich die zwei schon zuvor?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Sie kennen den Vorwurf Peter Uhligs, die Polizei habe Edgar Schwab Heroin untergeschoben?«
    »Sie meinen damit meinen Vater.«
    »Meine Recherchen haben ergeben, dass Uhligs Verdacht durchaus begründet war.«
    »Warum hätte mein Vater das tun sollen?«
    »Edgar Schwab war homosexuell, was kaum jemand wusste. Gerade die jungen Mädchen himmelten ihn an, ich gehörte damals auch dazu. Im Rahmen meiner Recherchen stieß ich auf Uhlig, den Videokünstler. Er war nicht nur Schwabs Lover, er kreierte auch die Bühnenshows von Osiris Trance, drehte Filmclips und designte die Plattencover. Uhlig erzählte mir, dass Uwe Strom damals Schwab angebaggert habe.«
    »Das ist ein Witz, oder?«
    »Uhlig war nicht gerade zum Scherzen aufgelegt, als ich ihn interviewte. Strom war Mitte der Siebziger Staatssekretär gewesen oder so etwas Ähnliches. Jedenfalls ließ Edgar Schwab den Politiker abblitzen, was diesen angeblich schwer gekränkt hat. Es soll unschöne Szenen gegeben haben. Schließlich heuerte Strom zwei Polizisten an, um Edgar Schwab eine größere Menge Heroin unterzujubeln und ihn ins Gefängnis zu werfen. Sozusagen als Denkzettel.«
    »Sie reden vom Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens!«
    »Nun, damals war er das noch nicht. Die Geschichte ist bald dreißig Jahre alt.«
    »Mein Onkel soll schwul sein?«
    »Wie gesagt, das ist die Version von Peter Uhlig. So hat er sich erklärt, warum seinem Freund so übel mitgespielt worden ist.«
    »Das ist absurd. Uwe Strom ist verheiratet und hat vier Kinder.«
    »Ich sage ja nicht, dass es stimmt. Landespolitik war nie mein Feld.«
    Anna wurde heftiger, als sie eigentlich wollte. »Und gegen meinen Vater haben Sie gar nichts in der Hand!«
    Letzter Aufruf für den Flug nach Daressalam. Rebecca Carstensens Name wurde genannt.
    Bruno kam vom Schalter zurück und sagte: »Fünf Minuten haben Sie noch.«
    Die Reporterin legte ihre Hand auf Annas Schulter. »Ich verstehe Ihre Erregung. Aber natürlich habe ich das recherchiert.« Sie zog eine Visitenkarte aus ihrem Rucksack, notierte etwas auf der Rückseite und gab sie weiter.
    Anna las: Gregor Feist, Düsseldorf-Oberkassel.
    Carstensen sagte: »Ich erinnere mich deshalb so gut an diesen Informanten, weil mir der Redaktionsleiter seinen O-Ton aus dem Film gestrichen hat. Vielleicht weil Strom schon damals gute Freunde beim WDR hatte.«
    »Wer ist dieser Feist?«
    »Er hat Edgar Schwab vor Gericht belastet und auf diese Aussage stützte sich das damalige Urteil. Angeblich hätte Schwab Heroin an Feist verkauft. In Wirklichkeit war es umgekehrt. Feist war der Dealer. Zehn Jahre nach Schwabs Tod gab er mir gegenüber zu, dass ein Polizist ihn zu der Falschaussage genötigt hätte. Reden Sie mit Feist. Die genaue Adresse finden Sie sicher heraus.«
    »Und dieser Polizist war …«
    »Richtig, Frau Winkler. Ihr Vater.« Wieder berührte die Graumelierte Annas Schulter. »Tut mir leid, aber ich habe Sie gewarnt. Grüßen Sie Ihre Mutter von mir.«
    »Sie kennen sie?«
    »Kurz nach der Ausstrahlung hat sie mich angerufen und wir haben uns in Köln getroffen. Sie können stolz auf Ihre Mutter sein. Eine interessante Frau.«
    Eine weitere Durchsage wiederholte den Namen Rebecca Carstensen. Die Reporterin reichte Anna die Hand, dann lief sie zur Sicherheitsschleuse.
    Anna stand wie angewurzelt.
    Bruno fragte: »Was hat die alte Geschichte mit Edgar Schwab zu bedeuten?«
    »Mein Vater hat damals Mist gebaut.«
    »Ach, vergiss es. Längst verjährt.«
    Anna fand diese Bemerkung wenig tröstlich.

40.
    Sie schwiegen während der Rückfahrt. Erst als sie am Präsidium anlangten, sagte Anna: »Lass mich am Fürstenwall raus, Bruno. Mein Auto steht in der Tiefgarage gegenüber.«
    »Was hast du vor?«
    »Sag unserer Chefin, dass wir den

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