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617 Grad Celsius

Titel: 617 Grad Celsius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Mord an Daniel Lohse wieder auf die Tagesordnung setzen müssen. Wir werden an dem Punkt weiter ermitteln, wo wir nach Odenthals Geständnis aufgehört haben.«
    »Willst du mir nicht endlich verraten, warum du so von Odenthals Unschuld überzeugt bist?«
    »Die Indizien waren nicht eindeutig, das Geständnis kam unter Druck zu Stande, und dass Daniel seiner Mutter sagte, Odenthal würde ihn bedrohen, ist gelogen. Karin Lohse hat mir vor ihrem Tod einen Brief geschrieben, in dem sie das zugibt. Alle waren wir scharf darauf, den armen Irren einzulochen. Wir waren blind für die Wahrheit.«
    »Ich kann damit nicht einfach zur Chefin gehen.«
    »Es gibt doch einen Fingerabdruck, den wir damals niemandem zuordnen konnten, auch Odenthal nicht … Auf dieser Glasscherbe, die unter Daniels Bett lag, In den Akten finden wir sicher noch weitere Ansatzpunkte.«
    »Hör zu, Anna. Wie soll ich Bach das Geständnis erklären?«
    »Sag ihr, Odenthal habe sich nur wichtig machen wollen. Das sei dir jetzt klar geworden.«
    Wegmann holte tief Luft. Offenbar war er noch nicht überzeugt. Er fragte: »Glaubst du wirklich, der Ministerpräsident steckt dahinter?«
    »Keine Ahnung.«
    »Womöglich war es dein Daddy.«
    »Pass auf, Bruno: Du lässt meinen Vater aus dem Spiel und ich verrate nicht, dass du ihn zu Odenthal gelassen hast. Ein fairer Deal, okay? Mein Vater hat vielleicht Scheiße gebaut, aber er ist kein Mörder.«
    »Wo willst du jetzt hin?«
    »Vielleicht weiß meine Mutter etwas über den ganzen Mist. Immerhin ist sie Uwe Stroms Schwester.« Anna stieg aus.
    Bruno ließ das Fenster heruntergleiten und sagte: »Ein Jammer. Der Irre hat perfekt gepasst.«
    »Eben deshalb haben wir so viele Fehler gemacht.«
    Auf der Fahrt ins Bergische Land gingen Anna wieder die Sätze aus dem Tagebuch durch den Kopf: Abtreibung wäre eine Lösung, aber B. würde mich umbringen. Im Moment traue ich ihm alles zu .
    Im Autoradio liefen die Mittagsnachrichten, als sie die Ausfahrt Bensberg erreichte. Kurz darauf war sie da. Den Wagen ließ sie auf der Kiesfläche vor dem Eingang stehen, denn sie wollte keine Zeit verlieren.
    Sie lief die Treppe hoch, klopfte an der Zimmertür ihrer Mutter und trat ein. Das Bett war leer und ungemacht. An der Wand ein Stundenplan. In der Spalte für Mittwoch stand: 10– 12 Uhr Töpfern .
    In der Teeküche fand Anna einen Zivildienstleistenden, der ihr den Weg zur Töpferwerkstatt wies. Auf der Treppe kam ihr Jo entgegen. Bunte Tücher umwehten sie. Das kurze Haar erschien Anna noch immer fremd, aber sie musste gestehen, dass es ihrer Mutter stand.
    Jo hielt sich mit verkrampften Fingern am Geländer fest. Ihr Gang war seltsam tastend wie schon vor drei Tagen. Anna fragte sich, ob es an einer Nervenschädigung lag, die nie mehr verheilen würde.
    Weil die Sonne schien, beschlossen sie, im Park spazieren zu gehen. Jo hakte sich bei Anna ein. »Wie gefällt dir der Füller?«, fragte sie.
    »Ein edles Stück. Im Karton waren auch Tagebücher von dir. Wusstest du das?«
    »Ja, mir war unwohl bei dem Gedanken, dass die Klinikleute darin schnüffeln könnten. Versprich mir, dass du nur darin liest, wenn du dich stark fühlst. Manches davon handelt von den schmerzhaften Seiten unserer Familie und der Schmerz könnte auf dich übergehen.«
    Schon geschehen, dachte Anna.
    Ihre Mutter steuerte die erste Bank an und nahm ächzend Platz. Anna war froh darüber. Obwohl Jo abgemagert war, hatte sie schwer an ihrem Arm gehangen.
    Anna sagte: »Ich soll dich von Rebecca Carstensen grüßen. Erinnerst du dich an die WDR-Reporterin?«
    »Klar. Sie hat mir die Wahrheit über die Razzia erzählt, wegen der Edgar Schwab sich das Leben genommen hat. Bis dahin hatte ich Uhlig kein Wort geglaubt. Uhlig war Schwabs Freund, musst du wissen. Er arbeitete für unsere Firma und machte das, was man heute Videoclips nennt. Aber lass uns über ein anderes Thema reden. Wir geraten sonst nur wieder in Streit.«
    »Warum hat Papa dem Musiker Drogen untergejubelt?«
    »Das klingt fast, als würdest du ihn nicht mehr in Schutz nehmen wollen.«
    »Stimmt es, dass dein Bruder hinter allem steckt?«
    »Lass die Vergangenheit ruhen. Ich krieg sonst nur Sehnsucht nach einem ordentlichen Schluck.«
    »Ist Uwe tatsächlich schwul?«
    »Nein, nicht richtig.«
    »Was heißt das?«
    »So ähnlich wie bei Thomas Mann. Er liebt junge Männer, aber er unterdrückt es seit vielen Jahren. Stell dir vor, einmal waren wir sogar in den gleichen Kerl verliebt. Karl

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