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617 Grad Celsius

Titel: 617 Grad Celsius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Vorsicht abzustreifen, und sagte: »Ich hab auch mit Onkel Uwe geredet.«
    »Wird er dir helfen?«
    »Nein. Er hat mir geraten, dahin abzuhauen, wo ich gerade hergekommen bin. Bosnien. Im Moment rät mir das jeder.«
    »Schade. Ich hätte mir mehr von Uwe erhofft.«
    »Wirklich? Über dich hat er sich nicht gerade schmeichelhaft ausgelassen.«
    »Vergiss es. Er wird alt und ist zunehmend verbittert. Er fürchtet, dass seine Popularität einen Knacks bekommt, weil es die Genossen in Berlin nicht gebacken kriegen.«
    »Den Eindruck hatte ich weniger.«
    Svens Augen waren nach vorn auf die Regenwand gerichtet.
    »Du kannst offen reden«, sagte Bernd Winkler, als errate er Annas Gedanken. »Vor Sven habe ich keine Geheimnisse.«
    »Uwe hält dich für korrupt.« Fast versagte ihre Stimme, als sie weiterredete: »Und er meint, du hättest Daniel ermordet.«
    »Ach, Prinzessin. Dass mein lieber Schwager mir nicht traut, ist nicht neu. Wenn es nach ihm ginge, wäre ich immer noch sein kleiner Kofferträger, der Parteispenden in die Schweiz bringt und ihm junge Lover zuführt. Uwe hat mir nie etwas zugetraut, und als ich mich um das Landtagsmandat bewarb, ohne seinen Segen zu haben, da war das für ihn, als hätte ich ihm die Loyalität aufgekündigt. Er ist neurotisch und hochgradig misstrauisch wie alle Spitzenpolitiker.«
    »Papa!«, rief sie. »Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?«
    »Natürlich habe ich das. Nach der Wahl muss ich mit Uwe mal ein ernstes Wörtchen reden.«
    »Hast du Daniel ermordet? Sag es mir!«
    »Bitte?« Er wandte sich an seinen Fahrer. »Hast du gehört, was mir meine eigene Tochter unterstellt?«
    Sven blieb still.
    Positionslichter blinkten vor ihnen. Ein großes Flugzeug tauchte aus dem Dunkel und senkte sich von links über die Autobahn. Sven verließ die A 52 und bog auf den Flughafenzubringer. Der Flieger geriet außer Sicht.
    Anna sagte: »Es tut mir leid, Papa. Aber es ist einfach so viel vorgefallen, dass ich selbst nicht mehr weiß, was ich glauben kann.«
    Zur Rechten tauchten grelle Lichter auf. Werbung für Löwensenf, das Airport-Hotel. Der Tower und das große Parkhaus. Sven nahm die Ausfahrt, um Anna zu ihrem Auto zu bringen, das noch vor der Halle der Fliegerstaffel parkte.
    Ihr Vater wandte sich wieder zu Anna um. Sie bemerkte ein Schimmern in seinen Augen. »Uwe wollte, dass ich Daniel zum Schweigen bringe. Ja, es stimmt, dass ich 1976 einen Musiker mit gefälschten Beweisen ins Gefängnis gebracht habe. Und ich gebe zu, dass ich zwanzig Jahre später diesem Kunstprofessor zugesetzt habe. Aber Daniel habe ich kein Haar gekrümmt. Er war mein Patenkind, das weißt du. Fast so etwas wie ein Sohn.«
    »Entschuldige, aber …«
    »Daniel machte Anspielungen auf Uwes schwarze Parteikassen und wollte angeblich abkassieren. Doch mein feiner Schwager war zu stolz, um sich auf diesen Erpressungsversuch einzulassen. Da habe ich eben ausgeholfen. Daniel bekam Ausstellungen, Aufträge und Geld aus meinem Privatvermögen. Einige Anrufe, ein paar tausend Euro, damit er seine Schulden begleichen konnte. Es hat mir nicht wehgetan. Der Junge war ein Genie an seiner Staffelei. Er hatte seine Fehler, aber du weißt, wie leicht er seinen Patenonkel um den Finger wickeln konnte. Du hast ihn doch auch gemocht, Anna.«
    »Ich ahnte nicht, dass er ein Erpresser war.«
    »Daniel hatte es wirklich nicht leicht. Du erinnerst dich, wie Michael sich ihm gegenüber benahm. Ich schärfte Daniel ein, dass er aufhören solle, meinen Schwager zu ärgern. Denn mit Uwe ist nun mal nicht zu spaßen. Und, glaub mir, Prinzessin, ich dachte wirklich, der Junge würde es einsehen und endlich den Mund halten.«
    Sven stoppte neben dem Golf.
    Anna fragte: »Glaubst du, Uwe selbst …«
    Ihr Vater antwortete mit einem Schulterzucken.
    Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Gut, dass wir uns ausgesprochen haben.«
    Dem BMW über das Kreuz Strümp und die A 57 nach Holzbüttgen folgend, fragte sich Anna, ob ein Ministerpräsident dazu in der Lage sein würde, ihre Ermittlungen zu torpedieren.

51.
    Sie achtete darauf, dass ihr Vater die Medikamente nahm. Beim Zubettgehen scherzte er über seinen Gesundheitszustand und prahlte, als könnte er im Alleingang die Landtagswahl gewinnen. Aber Anna sah, wie müde er war.
    Sie fühlte seine Stirn. Die Temperatur schien normal zu sein.
    Anna bemerkte: »Onkel Uwe hat noch etwas gesagt. Eine Sache, der ich allerdings uneingeschränkt zustimmen kann.«
    »Was denn?«
    »Dass

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