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617 Grad Celsius

Titel: 617 Grad Celsius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Dienststelle Nordrhein-Westfalens. Haben Sie Lust auf Siegen oder Paderborn?«
    Es klopfte an der Tür, Kollege Becker trat ein und nickte in die Runde. In seinem Blick lag unverhohlener Triumph.
    Anna kramte nach ihrem Dienstausweis und legte ihn auf Elas Tisch. Sie versuchte, den Blondschopf zu ignorieren. »Habe ich jetzt Hausverbot?«
    »Warte den Ausgang des Verfahrens in Ruhe daheim ab«, antwortete ihre Chefin. »Wenn du noch persönliche Dinge im Büro hast, kannst du sie selbstverständlich abholen. Deine Dienstwaffe gibst du bitte bei Nora ab.«
    Becker fügte hinzu: »Aber erst einmal haben wir noch ein paar Fragen.«
    »Ich mache von meinem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern.«
    »Es geht nicht um Kurt Essig, den du zur Falschaussage genötigt hast, sondern …«
    Anna wandte sich an Ela Bach und wurde laut: »Das behauptet Essig, um seinem Freund Odenthal einen Gefallen zu tun! Dafür gibt es keine Beweise und ich finde es unglaublich, dass ihr ihm mehr glaubt als mir!«
    Bach erwiderte: »Hör doch erst einmal zu, was Thilo zu sagen hat.«
    Der Blondschopf lächelte gönnerhaft. »Wir verstehen deine Anspannung, Anna-Luna. Du bist frisch zurück aus Bosnien, wo es sicher nicht gemütlich war. Kaum beginnst du deinen Dienst, fliegt das Haus in der Schützenstraße in die Luft. Du hast Bereitschaftsdienst, kommst kaum zum Schlafen, bist nur noch ein Schatten deiner selbst. Und dann erkennst du, dass dein eigener Vater das Opfer Peter Uhlig in das Haus verbracht und den Gasanschluss abgeschraubt hat, um es als Selbstmord zu tarnen.«
    Anna begann der Kopf zu schwirren. Dein eigener Vater – der Kollege konnte doch gar nicht wissen, was sie selbst erst vor kurzem aus den Notizen ihrer Mutter erfahren hatte.
    Kriminalrat Engel übernahm das Wort. Der sanfte Klang seiner Stimme konnte Anna nicht beruhigen. »Gemäß Ihrer Aussage legte Michael Lohse Ihnen gegenüber ein Geständnis ab, bevor er sich erschoss.«
    »Ja.«
    »Und dafür gibt es keine Zeugen?«
    »Nein, gibt es nicht. Wieso fragen Sie danach?«
    Thilo Becker kratzte sich den Nacken, setzte dabei eine nachdenkliche Miene auf und sagte: »Wir halten es für möglich, dass du Lohses Geständnis erfunden hast, um den tatsächlichen Mörder zu decken.«
    Jetzt dämmerte ihr, wen der Kollege meinte. Trotzdem fragte sie: »Und wer soll das, bitte schön, sein?«
    »Bernd Winkler, Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen und Polizeihauptkommissar außer Dienst.«
    Anna verschränkte die Arme. »Mit deiner Fantasie solltest du Romanautor werden, verehrter Kollege.«
    »Wir wissen inzwischen, dass dein Vater 1976 einem damals recht bekannten Musiker Drogen untergeschoben hat, vermutlich um einen Fahndungserfolg vorweisen zu können. Der Musiker war ein Freund des Videokünstlers Peter Uhlig und besagter Uhlig hat deinen Vater wegen der Sache belangen wollen. Das war wohl der Grund, warum Bernd Winkler ihn 1996 wegen angeblicher rechtsextremistischer Aktivitäten denunziert hat.«
    Anna fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. Die Razzia gegen Edgar Schwab – woher hatte Becker diese Information?
    Der Blondschopf fuhr fort: »Weil aber der Kunstprofessor auch danach keine Ruhe gab, wurde er in der Nacht zum Montag beseitigt. Als Landtagsabgeordneter, der seine Karriere vermutlich an den Nagel hängen muss, falls seine Verfehlungen ans Tageslicht kommen, hatte Bernd Winkler ein weit stärkeres Motiv als unser verstorbener Kollege Michael Lohse.«
    Anna spürte die Blicke Ela Bachs und des langen Kriminalrats, die auf ihr ruhten. Die beiden Vorgesetzten erwarteten eine Stellungnahme. Anna fragte sich noch immer, wie Becker von all dem erfahren hatte. Und sie staunte, dass er selbst offenbar sein waghalsiges Konstrukt für bare Münze nahm.
    Sie sagte: »Der junge Bosnier hat Lohses Auto beschrieben. Soll ich diese Aussage ebenfalls erfunden haben?«
    »Lohse fuhr einen Volvo-Kombi aus den Siebzigerjahren. Fast ein Oldtimer, ziemlich auffällig. Dein Vater wollte, dass Lohses Volvo gesehen wurde. Er hat ihn geklaut und benutzt, um die Tat seinem alten Partner in die Schuhe zu schieben.«
    »Das ist doch lächerlich. Warum hätte sich Lohse dann umbringen sollen?«
    Ela verdrehte die Augen. Anna erkannte, dass die Chefin dem Blondschopf mehr Vertrauen schenkte als ihr.
    Becker antwortete: »Weil Michael Lohse nach dem Mord an seinem Sohn und dem Unfalltod seiner Frau psychisch sehr angeschlagen war. Dann kommst du und setzt den armen Kerl wegen

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