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617 Grad Celsius

Titel: 617 Grad Celsius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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darin die Pressefreiheit.
    Sie machte sich auf den Weg in die Stadt.

54.
    Ela Bach war noch nicht wieder aufgetaucht. Als Anna im Geschäftszimmer nach der Chefin fragte, antwortete Nora nur mit einem Schulterzucken.
    In Wegmanns Büro fand Anna einen Mann, den sie nicht kannte. Mitte vierzig, korpulent, Halbglatze. Er trug eine schwarz gerahmte Designerbrille von der Sorte, wie sie vor Jahren in der Düsseldorfer Werbeszene als modisch gegolten hatte. Dahinter ein pfiffiger Blick, umrahmt von Lachfältchen.
    »Wo ist Bruno Wegmann?«, fragte Anna.
    »Irgendeine Konferenz«, antwortete der Mann mit bayerischem Akzent.
    »Sind Sie der Kollege von der Kripo Straubing?«
    Er gab ihr die Hand. »Olaf Schmiedinger.«
    »Anna Winkler. Willkommen im Team, nun sind wir schon zu dritt.«
    »Hab schon viel von Ihnen gehört.« Der Bayer strahlte.
    Viel gehört. Vermutlich das, dachte Anna: nötigt Zeugen und wandert bald in den Knast. Sie schlug vor: »Wir duzen uns, oder?«
    »Gern.«
    »Was hältst du von unserem Fall?«
    »Könnte der Beißer gewesen sein. Ich werde mir die Akte kopieren, wenn ihr nichts dagegen habt, und sie mal mit dem Fallanalytiker vom LKA in München durchgehen.«
    Anna nahm die Kanne von Brunos Kaffeemaschine, schwarze Brühe, vermutlich abgestanden und eingekocht. »Auch einen Schluck?«, fragte sie.
    Schmiedinger hielt die Hand über seinen Becher. »Passt schon, danke.«
    Anna fand eine Tasse, die noch sauber aussah, und schenkte sich ein.
    Der Kollege aus Straubing lächelte noch immer – vielleicht übten Dienstreisen auf ihn eine erfrischende Wirkung aus.
    Er sagte: »Übrigens habt ihr neuen Schwung in unsere Ermittlungen gebracht. Die Sache in Reutlingen, also, der Mann, der dort am Baum hing, das war ebenfalls unser Beißer.«
    »Ach ja?«
    »Die DNA-Proben stimmen überein. Schade, dass er bei euch nichts hinterlassen hat.«
    »Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass euer Serientäter auch für unseren Fall infrage kommt. Daniel Lohse war ein Erpresser, so viel wissen wir inzwischen.«
    »Bruno hat schon angedeutet, dass du anderer Ansicht bist, aber vielleicht solltet ihr ebenfalls einen Fallanalytiker zu Rate ziehen.«
    »Diese Burschen betreiben nichts als Kaffeesatzleserei und die eigentliche Arbeit bleibt ohnehin an uns hängen.«
    »Mit unserem Münchner Kollegen haben wir beste Erfahrungen gemacht. Wenn ihr wollt, kommt er sicher gern mal zu euch nach Düsseldorf.«
    Das fehlte noch, dass ihr euch unseren Fall krallt, dachte Anna. Sie blätterte in den Akten nach der Karte, auf der die Fingerspur von der Scherbe in Daniels Atelierwohnung dokumentiert war.
    KTU – Daktyloskopie stand auf der Tür. Anna klopfte und betrat den verwinkelten Trakt. Drei enge Kammern, die Türen standen auf, kein Kollege war da. Im hintersten Raum fand sie dann doch einen Spurenkundler, der mit einem Kasten hantierte, in dem ein verwittertes Holzstück lag. Offenbar mühte er sich mittels irgendwelcher Chemikaliendämpfe auf der unebenen Oberfläche eine Spur deutlich zu machen.
    Anna zeigte dem Kollegen ihre Unterlagen: die Abdrücke, die sie gestern in Essen gesichert hatte, und die Karte aus der Mordakte.
    Der Mann kratzte sich den Bart. »Heute nicht mehr«, brummte er und zählte Fälle auf, die Priorität hatten. Darunter die Balkanbande, der die Kollegen von der Organisierten Kriminalität derzeit auf die Pelle rückten – aufgrund der Aussagen des jungen Bosniers Jadranko, den Anna an die OK-Gruppe weitergereicht hatte.
    Sie setzte sich kurzerhand an den freien Platz neben dem Daktyloskopen, schaltete die Halogenlampe ein und beugte sich über ihr Material.
    Onkel Uwe und sein Referent.
    Anna legte eine Folie über die erste Karte und markierte mit dünnem Filzstift sämtliche Unregelmäßigkeiten der Hautleisten. Inseln, Verzweigungen, tote Enden. Immer wieder musste sie neu ansetzen. Die morgendlichen Sehstörungen waren noch nicht ganz abgeklungen.
    Das Handy unterbrach Annas Arbeit. Ihr Puls beschleunigte sich. Vermutlich die Chefin.
    Mit Erleichterung vernahm Anna die Stimme von Sven Arnold. »Darf ich dich zum Essen einladen?«
    »Gern.«
    »Ich koche. Sag mir, was du nicht isst.«
    »Innereien. Und rohe Paprika verträgt mein Magen nicht.«
    »Okay, das lässt mir noch genügend Spielraum, schätze ich. Heute Abend um acht Uhr?«
    »Ich freu mich drauf«, sagte Anna und fing den Seitenblick des bärtigen Kollegen auf.
    Dann widmete sich der Kerl wieder seinem Kasten, stöpselte eine Lampe

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