617 Grad Celsius
verknallt.«
»Er macht sich ernsthaft Sorgen um dich.«
»Uwe wird mir helfen. Er kann gar nicht anders. Die gesamte Partei steckt sonst mit mir in der Scheiße.«
»Offenbar versucht Onkel Uwe einen anderen Weg. Er will dich gründlich diskreditieren und benutzt dazu die Polizeibehörde.«
»Damit kommt er nicht durch.«
»Geh davon aus, dass Uwe dem Kollegen Becker den Floh ins Ohr gesetzt hat, du seiest ein Mörder. Mich hat man bereits suspendiert und mein Gehalt auf achtzig Prozent gekürzt.«
Auch über Bilk und der Innenstadt schoben sich jetzt die Wolken zusammen und Wind kam auf. Winkler erhob sich und strebte schnellen Schritts zurück zum Landtag. Als sie zu ihm aufschloss, drückte er ihren Arm.
Er sagte: »Du bist immer meine Tochter gewesen, verstehst du, Prinzessin? Ich weiß nicht, warum ich diesen blöden Vaterschaftstest machen ließ. Wir waren immer Vater und Tochter, egal, wie der Test ausgefallen ist. Sag mir bitte, dass das auch künftig so bleibt!«
Sie passierten die Stahlskulptur, die den Verbrauch von Wasser und Erdgas in der Stadt anzeigte, gesponsert von den Stadtwerken.
»Bitte, Anna«, wiederholte Winkler.
Auf der Zufahrt zum Landtag parkten zwei schwarze Limousinen. Der Ministerpräsident eilte aus dem Haupteingang auf das vordere Auto zu. Er bemerkte Vater und Tochter und winkte einen Gruß herüber.
Der Referent mit dem Brilli im Ohr hielt ihm die Tür auf.
Bernd murmelte: »Uwe, du scheinheiliges Arschloch.«
Anna fragte: »Kennst du seinen Kofferträger?«
Beide Limousinen fuhren los, beschleunigten auf dem Plattenweg und bogen auf die Asphaltstraße am Fuß des Hügels.
»Fricke, glaube ich«, antwortete Winkler. »Rüdiger Fricke. Wieso interessiert dich das?«
57.
Auf den letzten Metern vor dem Präsidium erwischte sie der schlagartig einsetzende Regenschauer. Anna rannte auf ihr Auto zu, fummelte den Schlüssel ins Schloss und machte, dass sie ins Trockene kam.
Während sich über ihr das Gewitter entlud, fühlte sie eine Leere in sich, wie erschlagen von der Macht weniger Worte, vor mehr als dreizehn Jahren hingekritzelt in ein Tagebuch. Das Flehen des Abgeordneten machte sie ratlos. Wir waren immer Vater und Tochter. Sag mir bitte, dass es so bleibt!
Anna spürte, dass sie Abstand brauchte, um die Sensation zu verdauen.
Sie wartete ab, bis das Prasseln auf dem Autodach nachließ, dann tippte sie Wegmanns Büronummer ins Handy.
Nach dem zweiten Klingeln meldete sich die Stimme mit dem bayerischen Akzent. »Schmiedinger, Büro Wegmann.«
»Hallo, Olaf. Tut mir leid wegen vorhin.«
»Streit gibt’s anscheinend in der besten Familie.«
»Aber ich bin keine Verräterin.«
»Da halt ich mich raus.«
»Hast du Bruno meine Nachricht weitergegeben? Die Fingerspur des Mörders. Es gibt jetzt auch den dazugehörigen Namen.«
Schmiedinger brummte: »Wo zum Teufel stellt man an diesem Gerät den Lautsprecher ein?«
Aus dem Hintergrund zeterte Wegmann: »Ich will mit der Frau nicht reden!«
Anna sagte: »Es sind zwar nur fünf übereinstimmende Minutien, aber das liegt daran, dass bloß der Teil einer Fingerkuppe abgebildet ist. Ich hab die Spurenkarten an mich genommen, damit Becker sie nicht verschwinden lassen kann. Unser Mann heißt Rüdiger Fricke und arbeitet in der Staatskanzlei.«
»O mei!«, kommentierte Schmiedinger.
»Hört Bruno mit?«
»Ja.«
»Ich weiß jetzt auch, von wem Becker erfahren hat, wie Odenthals Geständnis zu Stande gekommen ist.«
Keine Reaktion zu hören. Dass Wegmann kein Protestgeschrei anstimmte, wertete Anna als gutes Zeichen.
Sie sagte: »Es gibt Beweise dafür, dass unser Kollege Michael Lohse seit Ende 1991 für Uwe Strom und seine Partei als Geldbote fungierte. Es geht um schwarze Kassen und Nummernkonten in der Schweiz. Lohse hat vermutlich mitbekommen, dass sich der Ministerpräsident für den Mord an Daniel interessierte. Lohse selbst muss die undichte Stelle gewesen sein. Er hat Strom seinerzeit über die Vernehmung Odenthals informiert. Und Strom nutzt dieses Wissen jetzt, um unsere Ermittlungen zu sabotieren.«
»Was für Beweise?«, fragte Bruno im Hintergrund.
»Tagebuchaufzeichnungen meiner Mutter. Sie ist Stroms Schwester und hat Lohse und ihren Bruder zusammengebracht.«
»Und die Kollegen wissen es wirklich nicht von dir?«
Anna atmete auf. Sie hatte gewonnen. »Ehrlich nicht. Ich schwör’s.«
»Du meinst also, dass die Feindschaft zwischen Strom und dem Kunstprofessor …«
»Ich hab noch mehr zu
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