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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und einen Leutnant von Scharfenberg bringen, welche beide bis heute Ziehgeld bezahlen, obgleich das Kind nicht mehr lebt, weil es ermordet wurde?“
    Sie blieb doch noch ungerührt.
    „Ich werde den Hausknecht kommen lassen!“ drohte sie.
    „Und ich werde Sie nach Haus Scharfenberg bringen lassen, wo Sie die Rolloschnur vom Fenster rissen, um mit derselben Ihr Kind zu erdrosseln!“
    Das wirkte. Sie wurde totenbleich. Sie griff nach dem Tisch, um sich zu stützen.
    „Und wo Sie dem braven Inspektor Petermann fünftausend Gulden stahlen, um mit diesem Geld nach Paris zu entweichen!“ fügte er hinzu.
    „Mensch, was Sie da vorbringen, gehört ja alles in das Reich der Fabel!“ stieß sie, ihre Fassung wieder gewinnend, hervor.
    „Wenn Sie wünschen, werde ich Beweise bringen. Bis jetzt aber bin ich noch bereit, mit mir sprechen zu lassen.“
    „Was wollen sie denn?“
    „Den Umtausch jener beiden Banknoten.“
    „Ich weiß von keinen Noten!“
    „Sie zahlten diese Summe für das Abkommen, welches Sie an der Scheune mit der Riesin trafen. Wenn Sie nicht wahnsinnig sind, so werden Sie nicht leugnen.“
    „Die Riesin mag selbst kommen!“
    „Sie hat keine Zeit.“
    „Ich werde aber nur mit ihr verhandeln!“
    „Das wird nicht gut möglich sein. Sie hat diese Angelegenheit in meine Hände gelegt, und ich habe den sehr guten Willen, dieselbe vollständig zu Ende zu führen.“
    „Nun gut, die Riesin hat ihr Geld empfangen.“
    „Aber in gestohlenen Scheinen, die sie nicht ausgeben konnte, wenn sie sich nicht arretieren lassen wollte.“
    „So mag sie sie jetzt ausgeben. Man achtet nicht mehr darauf.“
    „Vielleicht jetzt mehr als damals. Ich frage noch einmal: Sind Sie bereit, das Geld umzutauschen?“
    „Ich habe keine solche Summe.“
    „Leihen Sie sich den Betrag von Herrn Léon Staudigel, mit dem Sie heute noch speisen werden!“
    Das war ihr doch zuviel.
    „Mensch, sind Sie allwissend?“ fragte sie.
    „Nein, sondern gut unterrichtet.“
    „Ich kann auf keinen Fall das Geld schaffen!“
    „So sind Sie verloren!“
    „Aber die Riesin mit.“
    „Meinen Sie? Sie hat schon noch ein Mittel, sich aus der Schlinge zu ziehen. Und überdies habe nicht ich auf sie Rücksicht zu nehmen. Mir ist es ganz gleich, wer zugrunde geht, ob sie beide allein oder die Riesin mit ihrer Mutter.“
    „Beide?“ ächzte die Alte, welche bisher vor lauter Schreck und Angst noch kein Wort gesagt hatte.
    „Ja, beide“, antwortete er.
    „Mich geht diese Sache gar nichts an!“
    „Sie haben am Gottesacker gewacht. Verstanden! Überlegen Sie sich, was Sie tun wollen!“
    „Wir haben weder Geld, es Ihnen zu geben, noch Zeit, uns die Sache zu überlegen. Wir wissen von nichts. Nun machen Sie, was Sie wollen!“
    „Sie denken, ich kann keine Beweise bringen?“
    „Wo wollen Sie Beweise haben?“
    „Unter der Scheune. Da liegt noch heute das Kind.“
    Daran hatte sie nicht gedacht. Sie schwieg bestürzt.
    „Mit Ihrem Schweigen haben Sie sich gefangen. Ich will Ihnen mein letztes Wort sagen. Gegen elf Uhr ist die Vorstellung beendet. Um diese Zeit bin ich wieder hier, um mir Ihre Entscheidung zu holen. Zahlen sie auch dann noch nicht, so lasse ich Sie arretieren und unter Polizeibedeckung nach der Scheune führen, wo wir die Leiche des Kindes sicher finden werden. Bis dahin, gute Nacht!“
    Er nahm das Buch vom Tisch und entfernte sich. Einige Augenblicke lang sahen sich die beiden stumm an; dann rief die Mutter jammernd:
    „Welch ein Unglück! Wir sind verloren!“
    „Still! Sprich leise! Man hört uns ja!“
    „Und das kommt so schnell, so unerwartet, wie ein Blitz aus heiterem Himmel!“
    „Eine verdammt fatale Geschichte!“
    „Hätten wir doch Geld!“
    „Auch das würde uns nicht retten. Wir müssen nach anderer Hilfe suchen. Was ist zu tun?“
    „Mir vergehen die Gedanken! Und, da sieh nach der Uhr! Es ist die höchste Zeit, im Theater einzutreffen.“
    „Ja, das ist jetzt die Hauptsache. Vorwärts; ich muß siegen! Und dann – ah, Mutter, welch ein Gedanke! Wir sind nicht verloren! Wir können diese Riesin und ihren Boten auslachen!“
    „Ist dir etwas eingefallen?“
    „Ja, ja. Ich muß freilich vielleicht auf das Souper mit Staudigel verzichten. Sobald ich nämlich fertig bin, verlassen wir das Theater durch die Seitentür und eilen nach der Scheune. Die Leiche oder vielmehr das Gerippe muß fort. Ist es verschwunden, so kann kein Mensch eine Anklage erheben. Ich komme dann auch noch zeitig

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