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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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getan!“
    „Wohin aber schaffen wir das – das Gerippe?“
    „In den Fluß.“
    „Der ist zugefroren.“
    „Wir treten ein Loch in das Eis. Komm nur!“
    Sie schritten der Kirchhofsmauer entlang und dann auf die Scheune zu. Dort angekommen, besannen sie sich.
    „Weißt du noch, wo es war?“ fragte die Alte.
    „Ja, dort an der zweiten Scheune. Komm nur!“
    Sie fanden die Stelle mit ziemlicher Leichtigkeit. Sie kauerten sich nebeneinander nieder und begannen, den Schutt mit den Händen zu entfernen.
    „Wie weich!“ bemerkte die Alte. „Man sollte meinen, daß wir das Loch damals fester zugemacht haben!“
    „Das Gestein ist während der Zeit zerbröckelt.“
    Sie arbeiteten mit Anstrengung. Der Durchzug wurde frei, aber die Stelle war leer.
    „Es scheint gar nichts mehr da zu sein“, sagte die Leda.
    „Greif einmal weiter hinein!“
    Sie tat es, so weit sie es konnte, und zog dann den Arm zurück.
    „Leer, vollständig leer!“ sagte sie.
    „Das ist doch kaum möglich!“
    „Warum nicht?“
    „Sollte ein menschlicher Körper so schnell verwesen!“
    „Vielleicht doch! Der Leib eines Kindes geht wohl viel eher in Auflösung über, wie derjenige eines erwachsenen Menschen. Aber eigentümlich kommt es mir doch vor!“
    „Verdächtig sogar, sehr verdächtig!“
    „Natürlich ist es verdächtig, wenn zwei Frauen des Nachts hier auf die Leichensuche gehen!“
    Diese Worte, von einer männlichen Stimme gesprochen, ertönten hinter ihnen. Ein doppelter Schrei furchtbaren Schreckens erscholl. Sie fuhren herum und erblickten eine ganze Anzahl Polizisten, von denen sie eingeschlossen waren, so daß sie an eine Flucht gar nicht denken konnten.
    „Was tun Sie hier, Fräulein Leda?“ fragte der Obergendarm, denn dieser war der Sprecher.
    Sie antwortete nicht; darum wiederholte er seine Frage:
    „Ich – ich –“, stammelte sie.
    „Nun, was wollten Sie?“
    „Ich – weiß es nicht.“
    „So will ich Ihnen Zeit geben, sich zu besinnen. Ich erkläre ihre Majestät, die Königin der Nacht, für unsere Gefangene. Die Frau Mama ist natürlich mit eingeladen.“
    Sie wurden fortgeschafft. –
    Nicht nur im Zuschauerraum des Theaters, sondern auch hinter der Szene hatte es eine ungeheure Aufregung gegeben. Nur Ellen allein hatte ihre Ruhe bewahrt. Sie raffte in möglichster Schnelligkeit alles ihr Gehörige zusammen, warf den Mantel über und entfernte sich in Gesellschaft des Theaterdieners, der ihr heute zu Diensten gestellt worden war, durch dieselbe Hintertreppe, welche einige Zeit vorher auch die Leda benutzt hatte.
    Während vorn an der Theaterfront der Lärm sich zu erheben begann, gelangte sie an der hinteren Seite ganz unbemerkt zu einer Droschke, von welcher sie sich nach Hause bringen ließ. Nur einer hatte sie gesehen – Max Holm. Und nun er wußte, daß sie sich in Sicherheit befinde, ging er ruhig von dannen. –
    Vorher schon hatte neben dem Hauptportale eine zweispännige Equipage gehalten. Der Kutscher saß auf dem Bock, und ein Lohndiener stand neben dem Geschirr. Da kam ein Mann um die Ecke. Er trug die Livree eines Theaterdieners. Es war der alte Werner, der sich noch im Besitz seines Anzugs befand.
    Er trat zu dem Diener heran und fragte:
    „Für wen ist diese Equipage?“
    „Für die betreffende Dame.“
    „Ah! Maskiert?“
    „Ja.“
    „Und der betreffende Herr?“
    „Ist bereits voraus.“
    „Warten Sie nur noch einen Augenblick!“
    Er eilte zurück bis zu einem Säulenvorsprung, hinter welchem eine verhüllte Dame stand.
    „Jetzt ist es Zeit. Gehen Sie! Der Claqueur ist bereits voran. Weshalb, das weiß ich nicht. Vielleicht hat er sehen wollen, ob man seinen Befehlen nachgekommen ist. Dort steht die Equipage.“
    Die Dame trippelte herbei und stieg ein. Trotz des breitkrempigen Winterhutes, welchen sie trug, konnte man bemerken, daß der obere Teil ihres Gesichtes von einer schwarzen Halbmaske bedeckt war. –
    Herr Léon Staudigel war allerdings vorausgeeilt, aber nicht etwa, um seinen Befehlen doppelten Nachdruck zu geben, sondern um zu verhindern, daß man etwa gar zu splendid verfahre. Er war überzeugt, daß der Wirt ihn gar nicht kenne, und ließ sich von diesem, den er an der Tür wartend fand, nach oben führen.
    Das Arrangement war glänzend ausgefallen. Fast wurde ihm für seine Kasse bange.
    „Was werden Sie berechnen?“ fragte er.
    „Sechzig Gulden“, lautete die Antwort.
    „Herr, mein Heiland!“
    „Gnädiger Herr scherzen. Ich bin überzeugt,

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