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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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versicherte:
    „Vertrauen Sie mir. Ich weiß es ganz gewiß.“
    „Das ist gut, sehr gut! Aber wer sind Sie denn?“
    „Ich bin der Fürst von Befour. Man nennt mich auch zuweilen den Fürsten des Elends.“
    „Des Elends? Oh, da kenne ich Sie! Sie sind gut, sehr gut. Aber vorhin waren Sie schlimm.“
    „Ich?“
    „Ja. Sehr schlimm und grausam.“
    „Wieso?“
    „Da waren Sie der Hauptmann und sprachen sehr bös von meinem Sohn.“
    „So war der Hauptmann bei Ihnen?“
    „Ja.“
    „Wo ist er hin?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Was wollte er von Ihnen?“
    „Er verlangte, ich sollte falsche Banknoten anfertigen, und mein Sohn solle sie ausgeben. Aber ich habe nicht eingewilligt. Falsche Banknoten sind verboten.“
    „Befindet sich Ihr Herr öfters in einem solchen Zustand?“ flüsterte der Fürst dem Lakaien zu.
    „Niemals.“
    „So war er stets geistig frisch?“
    „Immer.“
    „Dann ist der Hauptmann bei ihm gewesen und hat ihm Mitteilungen gemacht, welche ihn in dieser Weise verstörten. Man muß ihn schonen. Sehen Sie, daß Sie ihn zur Ruhe bringen können.“
    Er entfernte sich, um die Nachforschungen zu überwachen. Es fand sich keine Spur. Man sendete Boten in das Dorf; auch dort war er von keinem Menschen gesehen worden. Sein Verschwinden war vollständig unbegreiflich. Sein Pferd stand im Stall, das heißt, das Pferd des Fürsten, welches der Baron geritten hatte. War auch er noch irgendwo versteckt?
    Die Nachforschungen begannen von neuem, führten aber zu keinem Resultat. Und doch hatte Holm den Turm keinen Augenblick verlassen. Er hätte den sich Entfernenden sehen müssen.
    Am Spätnachmittag befand sich der Major, nachdem er einige Stunden im Bett geruht hatte, wieder in der Bibliothek. Der Fürst hatte die Hoffnung aufgegeben, den Gesuchten noch zu finden, und kam, um sich zu verabschieden.
    „Haben Sie ihn?“ fragte der Schloßherr.
    „Leider nein.“
    „Er wohnt in meinem Haus in der Residenz.“
    „Ach, Sie sprachen von Ihrem Herrn Sohn?“
    „Ja. Von wem soll ich sonst sprechen. Wissen Sie, wie es ihm geht?“
    „Er befindet sich wohl.“
    „Ja, ich denke es mir. Wenn er auch zu viel brauchte, so habe ich ja stets für ihn gesorgt. Ich werde ihn besuchen; ich muß mit ihm sprechen.“
    Der Fürst hielt es für das beste, von dem Leutnant zu schweigen, um den Zustand des Kranken nicht zu verschlimmern. Da trat der Lakai aus dem Wohnraum in die Bibliothek und winkte ihm. Er folgte dem Wink, ganz unbeachtet von dem Major.
    „Was gibt es?“ fragte er.
    „Bitte, kommen Sie zur Garderobe!“
    „Haben Sie etwas gefunden?“
    „Ja.“
    Er führte ihn nach dem Garderobenzimmer und deutete auf das Sofa. Dort lag die Uniform, welche der Baron abgelegt hatte.
    „Eine Leutnantsuniform!“ sagte der Fürst. „Wem gehört sie?“
    „Meinem jungen Herrn. Ich kenne sie. Ich habe sie einmal gereinigt und sehe auch die Firma des Schneiders am Rock.“
    „Ist sie hier aufbewahrt worden?“
    „Nein.“
    „Ah! So ist es gar wohl die, welche der Hauptmann trug, als er hier ankam!“
    „Natürlich!“
    „Er hat sie also abgelegt?“
    „Ja. Sie steckte hier unter dem Sofa.“
    „Dort haben wir gar nicht gesucht. Das Sofa ist ja so niedrig, daß sich ein Mensch unmöglich darunter verstecken konnte.“
    „Ich vermißte eine Krawatte, welche hier gelegen hatte, und suchte sie. Bei dieser Gelegenheit blickte ich unter das Sofa und fand die Uniform.“
    „Wenn er sie abgelegt hat, muß er doch etwas anderes angelegt haben!“
    „Gewiß. Ich dachte dies auch, und darum suchte ich hier in den Schränken. Ich vermisse die erwähnte Krawatte, einen schwarzen Tuchanzug und einen Zylinderhut.“
    „Alle Wetter! Da geht mir ein Licht auf!“
    „Es wird gewiß das meinige sein.“
    „Was denken Sie?“
    „Jener Mann auf dem Feld, den ich für unsern Herrn Pastor hielt –“
    „Nun?“
    „Ist der Flüchtling gewesen.“
    „So ist es und nicht anders. Ah, wir haben ihn entschlüpfen lassen, weil er so klug war, den langsamen Schritt eines Spaziergängers anzunehmen. Ich muß augenblicklich aufbrechen. Ich kenne sein neues Signalement. Man muß schleunigst nach allen Richtungen telegraphieren.“
    Nach Zeit von kaum zehn Minuten ritt der Fürst mit Doktor Holm von dannen, den Rotschimmel am Leitzügel. Er mußte natürlich seinem Herrn zurückgebracht werden.
    Der Major stand am Fenster und blickte ihnen nach.
    „Joseph“, sagte er zu seinem Diener. „Das war also der Fürst des

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