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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unserer Residenz?“
    „Da war ich noch nie.“
    „Als Weber wohl noch nie, aber als Baron Franz von Helfenstein jedenfalls.“
    „Sie irren, Herr Leutnant.“
    „Das wäre eine einigermaßen auffällige Ähnlichkeit. Was treiben Sie hier im Wald?“
    „Ich komme von jenseits der Grenze und will nach meinem Geburtsort Langenstadt.“
    „Langenstadt? Und doch sind Sie Amerikaner? Halten Sie mich doch nicht für angeschossen, Mann!“
    „Ich bin zwar in Langenstadt geboren; aber mein Vater wanderte nach Amerika aus, als ich noch klein war.“
    „Und grad heute kehren Sie zurück?“
    „Ja.“
    „Sie erfinden gut; aber können Sie sich legitimieren?“
    „Ja.“
    „Tun Sie das! Versuchen Sie es wenigstens!“
    Der Leutnant war vollständig überzeugt, den Hauptmann vor sich zu haben. Auf seinen Wink standen die beiden Unteroffiziere mit schußbereitem Gewehr neben demselben, kein Auge von ihm verwendend.
    „Das ist doch eigentümlich“, lächelte der Baron. „In dieser Weise in der Heimat empfangen zu werden, habe ich nicht erwartet. Ich war heute bereits einmal gezwungen, mich zu legitimieren.“
    „Wo?“
    „An der Grenze.“
    „Und Sie haben sich wirklich ausgewiesen?“
    „Ja.“
    „Dann müssen Sie eine Passierkarte erhalten haben.“
    „Die habe ich.“
    „Zeigen Sie!“
    „Hier!“
    Er gab sie dem Offizier. Dieser prüfte sie, wendete sie nach beiden Seiten, schüttelte den Kopf, fuhr sich ratlos mit der Hand nach dem Schnurrbart und fragte endlich:
    „Haben Sie diese Karte vielleicht gefunden?“
    „Nein. Ich habe sie im Mauthaus von einem Offizier erhalten.“
    „Verflucht! Und dennoch diese Ähnlichkeit. Wir suchen nämlich einen entwichenen Gefangenen –“
    „Das hörte ich bereits.“
    „Mit welchem Sie eine bedenkliche Ähnlichkeit besitzen. Darum werden Sie entschuldigen, wenn ich meine Pflicht tue und möglichst genau verfahre.“
    „Bitte! Ich habe mich zu fügen.“
    „Es ist die Möglichkeit vorhanden, daß die Karte gefunden worden ist. Ich muß bitten, mir die Legitimation zu zeigen, auf welche hin Sie sie bekommen haben.“
    „Gern! Hier zunächst mein Paß.“
    Er nahm ihn aus dem Portefeuille und gab ihn hin. Der Offizier prüfte ihn auf das genaueste und sagte dann:
    „Da gibt's allerdings nichts auszusetzen.“
    „Hier mein Schein als Bürger der Vereinigten Staaten.“
    „Auch richtig.“
    „Hier mein Patent als Kapitän der Miliz.“
    „Donnerwetter! Also ein Kamerad!“
    „Ja. Hier ferner die Briefe meines Oheims, welche er von Langenstadt abgesandt hat. Hier auch meine Depositenscheine. Ich glaube, der, den Sie suchen, hat nicht an dem hier angegebenen Tag solche Summen in New York zahlen können.“
    Das Gesicht des Leutnants wurde lang und immer länger. Er befand sich in Verlegenheit. Er sah ein, daß er zu weit gegangen sei.
    „Pardon, Herr Kamerad“, sagte er. „Sie müssen wirklich verzeihen. Kolossaler Irrtum, aber auch kolossale Ähnlichkeit. Meine Pflicht; Sie wissen.“
    „Oh, ich zürne Ihnen keineswegs. Als Offizier weiß ich ja sehr genau, was es heißt, nach Order zu handeln.“
    „Danke! Nehmen Sie also Ihre Dokumente zurück! Sie kommen also quer über die Berge?“
    „Ja. Ich wollte gleich beim ersten Schritt in die Heimat die Schönheit derselben bewundern.“
    „Recht so! Haben Sie Begegnungen gehabt?“
    „An der Grenze, wie ich bereits sagte.“
    „Sonst nicht?“
    „Nein – aber doch; oh, Sapperment!“
    „Was?“
    „Es ist mir allerdings ein Mensch begegnet.“
    „Ein Mensch? Warum gebrauchen Sie diesen Ausdruck? Hatte er vielleicht etwas Verdächtiges an sich?“
    Der Leutnant war plötzlich ungeheuer eifrig geworden.
    „Das schien mir allerdings“, antwortete der Baron.
    „Also verdächtig?“
    „Ja.“
    „Inwiefern?“
    „Der Waldboden ist weich; man kann die Schritte kaum hören. Als ich so langsam meines Weges ging und eben um eine Ecke biegen wollte, kam von der entgegengesetzten Seite ein anderer, der bei meinem Anblick totenbleich wurde und erschrak, daß er beinahe zu Boden gefallen wäre.“
    „Sapperment! Das klingt allerdings verdächtig. Weiter.“
    „Er wollte umkehren, schien sich aber zu besinnen, denn er grüßte höflich und richtete einige Fragen an mich.“
    „Welche Fragen?“
    „Wer ich sei, woher ich komme und wohin ich gehe. Zuletzt wollte er wissen, ob ich Militär gesehen habe.“
    „Ah! Oh! Was antworteten Sie?“
    „Ich erinnerte mich, daß einer gefangen werden solle. Der

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