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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Nahrung. Diese Büsche gaben dem Kletternden Halt.
    Er gelangte glücklich auf die Seite, an welcher er den Amerikaner herabgestürzt hatte. Dort suchte er ihn. Nach oben blickend gewahrte er den Streifen, welchen der Stürzende über Geröll und Gesträuch gezogen und gerissen hatte. Dort, wo dieser Streifen aufhörte, war etwas Dunkles zu bemerken.
    Der Baron kletterte hin und erkannte sein Opfer. Er kniete bei demselben nieder und untersuchte den zwar noch warmen, aber bewegungslosen Körper.
    „Tot! Den Hals gebrochen!“ sagte er triumphierend. „Und das Gesicht ist ganz zerschunden; es ist unmöglich zu erkennen; es sieht schrecklich aus.“
    Er wendete sich doch für einen Augenblick wie grauend ab, murmelte aber dann:
    „Und grad das ist vielleicht gut für mich! Wie, wenn ich mit ihm die Kleider wechselte, ihm meine Perücke aufsetzte. Sein Anzug ist zwar beschmutzt, aber er ist nicht zerrissen. Hier im Tornister habe ich eine Bürste gesehen. Ich bürste ihn rein. Man wird ihn, wenn man ihn findet, für mich halten. Der Hauptmann ist dann tot, und ich erfreue mich einer desto größeren Sicherheit. Ja, das werde ich tun.“
    Er zog die Leiche aus, sich auch und legte dann die Kleider des Amerikaners an, indem er Stück für Stück vorher sorgfältig ausbürstete. Auf diese Weise brauchte er die Taschen gar nicht zu leeren.
    Schwieriger war es nun freilich, dem Toten die anderen Kleidungsstücke anzuziehen, doch auch dies wurde fertiggebracht. Dann nahm der Baron den Tornister wieder auf den Rücken, griff zum Stock und kletterte vollends hinab bis an den Fuß der Höhe, wo er einen gangbaren Weg fand, dem er folgte.
    Erst nach längerer Zeit fühlte er sich sicher, so daß er nun die Taschen auszusuchen begann. Er fand eine höchst bedeutende Summe in Papiergeld, das Portemonnaie voller Gold, dann die Depositenscheine auf verschiedene Banken. Er hatte das ganze Vermögen des Amerikaners in den Händen, natürlich außer den Gegenständen, welche sich noch unterwegs befanden.
    Auch den Passierschein von der Grenze hatte er, und die sämtlichen Legitimationen. In einer der Taschen steckte ein kleiner Reisespiegel, mit dessen Hilfe sich der Baron genau musterte. Er hatte alle Mühe auf sich verwendet, fand nichts auszusetzen und setzte seinen Weg fort.
    Aber er war noch nicht weit gekommen, so mußte er halten.
    „Halt! Wer da!“ tönte es ihm entgegen.
    Da dieser Ruf so ganz unerwartet kam, erschrak er, doch nicht vor Angst. Er wollte auf den Frager, den er allerdings noch nicht sehen konnte, zugehen, hörte aber ein:
    „Stehenbleiben, oder ich gebe Feuer.“
    „Gut!“ sagte er. „Also, was soll es?“
    Der Ermordete hatte das Deutsche mit einem sehr hörbaren Akzent ausgesprochen. Der Baron sprach so gut englisch, daß es ihm gar nicht schwerfiel, diesen Akzent nachzuahmen. Hinter dem Busch hervor fragte es:
    „Was tun Sie hier?“
    „Nichts!“
    „Sie müssen doch zu einem Zweck hier sein.“
    „Na ja. Ich bin ein Reisender. Ich will durch den Wald nach Langenstadt.“
    „Haben Sie Waffen bei sich?“
    „Ja.“
    „Ah! Was für welche?“
    „Einen Revolver.“
    „Warum?“
    „Weil ich viel Geld bei mir trage.“
    „Warten Sie! Man wird sogleich mit Ihnen sprechen.“
    Er sah den Lauf des Gewehrs auf sich gerichtet und hütete sich infolgedessen, eine Bewegung zu machen.
    Er hatte dem Toten die blonde Perücke, welche diesem sehr gut paßte, aufgesetzt, zeigte also jetzt seine natürlichen Haare. Da er aber bereits vor Wochen sein Gesicht mit Walnußschalenabkochung gefärbt hatte, so besaß er jetzt ganz denselben dunklen Teint, welchen auch der Fremde gehabt hatte. Auch der Bart, welchen er in der Residenz getragen hatte, war abrasiert. So war er überzeugt, sich nicht sehr ähnlich zu sehen.
    Nach kurzer Zeit hörte er nahende Schritte. Drei Männer kamen auf ihn zu, ein Offizier und zwei Unteroffiziere. Kaum hatte der erstere einen Blick auf ihn geworfen, so rief er aus:
    „Alle Wetter! Da scheinen wir einen ausgezeichneten Fang gemacht zu haben.“
    Er trat auf den Baron zu und fragte:
    „Wie heißen Sie?“
    „Weber“, antwortete der Gefragte, dem Wort den amerikanischen Akzent gebend.
    „Ah! Schön, Herr Weber! Wo sind Sie her?“
    „Aus Saint Louis.“
    „Wunderbar! Wo liegt das?“
    „In den Vereinigten Staaten.“
    „Das, das meinen Sie! Sie scheinen ein höchst spaßhafter Kerl zu sein. Haben wir uns nicht bereits gesehen?“
    „Könnte mich nicht besinnen.“
    „In

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