Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ist es nun aus! Jetzt bricht mein Himmel zusammen; für mich gibt's keine Freude, kein Glück, keine Hoffnung mehr! Wann werde ich wieder lächeln können? Wohl niemals, niemals wieder. Valeska, mein Leben und mein Verderben, gute Nacht!“
    Er wollte sich entfernen, aber in demselben Augenblick stand sie bei ihm, mit wallendem Busen und fliegendem Atem. Sie faßte ihn beim Arm und stieß hervor:
    „Herr von Randau, ist das Wahnsinn, was Sie hier sprechen?“
    „Wahnsinn? Oh, ich möchte allerdings irre werden. Nein, ich habe aus der Tiefe meines Herzens und mit vollster Überlegung und Überzeugung gesprochen.“
    „Sie haben mich wirklich nicht hier vermutet?“
    „Bei Gott, nein!“
    „Und als Sie mich doch hier fanden, da sahen Sie nicht in mir jene – jene Wally – welche – welche –“
    Sie stockte. Ihre Wangen waren jetzt nicht leichen-, sondern geisterblaß; ihre dunklen Augen blitzten erregt aus dem vollendet schönen Angesicht, und es war ihm, als ob er in dem Arm, den sie mit der Hand ergriffen hatte, ihren stürmenden Puls klopfen fühlte.
    „Nein, und abermals nein, und tausendmal nein!“ antwortete er. „Als ich Sie in jener Lasterhöhle traf, in welche Sie von jenen menschlichen Bestien mit Gewalt geschleppt worden waren, da erkannte ich auf den ersten Blick, daß Sie ein Diamant seien, geschleudert in den Kloakenschlamm. Ich brachte den köstlichen, unschätzbaren Stein an das Licht der Sonne, um mich an seiner Reinheit zu entzücken. Ich hätte mein Leben freudig hergegeben, um ihn vor neuer Berührung mit dem Staub zu bewahren. Ich weiß, wie schön Sie sind, wie himmlisch schön; aber als mein Auge vorhin diese Schönheit schauen durfte, da war es nur die reinste, an Anbetung grenzende Liebe, welche mir gebot, zu bleiben. Für diesen einen Blick auf das Ideal all meiner Wünsche und Träume wollte ich mich Ihnen geben, mich selbst mit meinem ganzen Leben, mit allem, was ich habe und bin.“
    „O Gott! O mein Heiland! Das alles, alles sollte ich besitzen? Ist's wahr? Ist's wahr?“
    „Gott ist mein Zeuge!“
    „Auch Ihren Namen? Auch ihn sollte ich besitzen?“
    „Ja.“
    „Edmund, Edmund, du liebst mich? Du liebst mich?“
    Das klang laut und jubilierend aus voller Brust hervor.
    „Mehr als Vater und Mutter, mehr als mein Leben!“ antwortete er.
    „Mich, die Tochter des Gefangenen?“
    „Des unschuldig Gefangenen!“
    „Mich, die Prügelmagd der Melitta!“
    „Die sich gegen die Schande gewehrt hat, wie kein Mann sich verteidigen würde!“
    Da legte sie die Arme um ihn, da schmiegte sie den warmen, weichen, herrlichen Leib fest und innig an ihn, da zog sie seinen Kopf zu sich herab und bedeckte seinen Mund mit heißen, glühenden Küssen.
    Dann plötzlich ließ sie von ihm ab, trat zurück, faltete die Hände und sagte:
    „Gott, Allgütiger und Allerbarmender, wie danke ich dir! Diese wenigen Sekunden machen alles, alles gut und geben mir die Kraft und den Mut zu den Jahren der Entsagung, welche ich vor mir habe!“
    „Valeska!“
    „Still, Edmund, still! Ich habe dich geliebt und ich liebe dich, wie noch nie ein Mann geliebt wurde. Du erschienst mir als Engel und Retter in tiefster Unglücksnacht, in fürchterlichster, verzweiflungsvollster Verlassenheit. Ich dachte an dich wie an einen Gott, wie an ein Wesen, welches ich mit meinem Blick kaum erreichen könne. Du warst ja doch, alles nicht gezählt, der Sohn und Erbe deines Stammes, ich aber das blutarme, niedrige Bürgerkind. Meine Zukunft, mein Leben konnte nichts, nichts weiter für dich sein, als ein ununterbrochenes, heißes Gebet für dein Glück und Wohlergehen. Heute nun habe ich viel, viel mehr erlangt. Ich habe an deinem Herzen gelegen und unendliche Seligkeit von deinen Lippen getrunken. Mehr kann ich nicht verlangen, mehr ist mir nicht beschieden. Einmal muß das Menschenherz glücklich sein; jetzt bin ich es gewesen, und von diesem kurzen Glück werde ich zehren, bis ich das Haupt einst schlafen lege. So laß uns also scheiden, für immer, für ewig. Hab Dank, hab Dank, du edler, heißgeliebter Mann! Wenn es einen Gott gibt, der auf das Flehen der wahren Liebe hört, so wird dein Leben so hell und sonnig sein, das meinige aber mild durchflimmert von der Erinnerung an diese eine, unvergeßliche Stunde, in welcher ich an deinem Herzen lag, um nie, niemals einem anderen anzugehören!“
    Sie wollte ihn sanft aus dem Zimmer schieben; da aber legte er seine Arme um sie, preßte sie fest, fest an sich und

Weitere Kostenlose Bücher