Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
nützen?“
    „Nein. Man merkt, daß die Sachen gestohlen sind. Später kommen wir und legen sie vor. Man wird uns natürlich sofort beim Schlafittchen nehmen, und zwar als Diebe.“
    Der Goldarbeiter lächelte überlegen und sagte:
    „Darüber bin ich gar nicht bange. Man wird niemand als Dieb festnehmen, denn die Sachen werden gar nicht vermißt.“
    „Das bilden Sie sich nur gar nicht ein. Diese Sachen haben als Beweismittel einen so hohen Wert, daß man sie sofort vermissen würde, darauf können Sie sich verlassen.“
    „Man kann sie unmöglich vermissen, da sie sich ja stets an Ort und Stelle befinden.“
    „Wieso? Wir nehmen sie ja mit!“
    „Allerdings; aber wir legen andere, täuschend nachgemachte, an ihre Stelle.“
    „Ah! Sapperment!“
    „Begreifen Sie jetzt? Später treten Sie auf und zeigen die echten Sachen vor, auch die echte Kette. Es wird natürlich verglichen; man wird das andere für nachgemacht erklären müssen, und Sie haben gewonnen.“
    „Hm! Ja, wenn es so leicht ausgeführt werden könnte, wie es gesagt worden ist. Woher Kinderzeug nehmen, welches ganz genauso ist?“
    „Wir holen das Zeug, und meine Frau sieht es sich an. Als frühere Stickerin versteht sie sich auf so etwas. Sie fertigt die Duplikate an. Unterdessen tragen wir natürlich die Originale zurück. Der Umtausch findet später statt.“
    „So muß man zweimal das Wagnis unternehmen, in das Gerichtsgebäude einzudringen?“
    „Natürlich.“
    „Eine heikle Sache!“
    „Wer die Frucht haben will, muß den Baum schütteln. Ohne Arbeit kein Lohn.“
    „Würden Sie mithelfen?“
    „Ja. Vorausgesetzt, daß Sie die fünfzigtausend Gulden zahlen.“
    „Hm! Ihr Plan ist nicht schlecht; aber wenn man erwischt wird, ist alles verloren.“
    „Das ist überhaupt stets der Fall. Lassen Sie sich doch nicht erwischen. Das ist die Hauptsache.“
    „Wenn man jemand finden könnte, der einem für gutes Geld die Sachen holte!“
    „Sie haben Angst! Ich versichere Ihnen, daß ich keinen andern als nur Ihnen die Schlüssel besorge. Bei solchen Dingen muß man so wenig Mitwisser wie möglich haben.“
    Der Freiherr ging einige Male nachdenklich im Zimmer auf und ab und sagte dann:
    „Gut, ich bin bereit, das Wagnis zu unternehmen; aber ich muß vorher die Kette sehen.“
    Der Goldarbeiter antwortete nicht sogleich. Auch er überlegte. Dann meinte er:
    „Gibt es hier im Schloß vielleicht eine Glastür?“
    „Ja. Wozu?“
    „Das werden Sie sehen. Führen Sie uns hin, Herr Verwalter. Aber natürlich dürfen wir unbeobachtet sein.“
    Der Verwalter schüttelte den Kopf über das sonderbare Verlangen, ging aber doch darauf ein. Er brachte die beiden in ein Zimmer, welches durch eine Glastür mit dem nebenan liegenden verbunden war.
    „Bleiben Sie hier“, sagte Jacob Simeon. „Ich gehe hinaus.“
    Er trat in das Nebenzimmer und verriegelte die Tür desselben. Er blieb einige Augenblicke unsichtbar, dann kam er an das Fenster der Tür und sagte:
    „Ich selbst habe die Kette. Ich habe sie mit. Ich zeige sie Ihnen, aber durch dieses Fenster, so daß die Glasscheibe zwischen uns ist.“
    „Donnerwetter, welch ein Mißtrauen!“ meinte der Freiherr.
    „Das brauchen Sie mir nicht übel zu nehmen. Gebe ich Ihnen die Kette in die Hand, und Sie behalten sie, so kann ich einfach gar nichts dagegen tun.“
    Er hielt von jenseits die Kette an das Glas und drehte sie nach allen Seiten, so daß sie ganz genau betrachtet werden konnte. Auch das herzförmige Medaillon mit den Buchstaben R.v.H. war deutlich zu sehen.
    „Also das ist wirklich die echte?“ fragte hüben der Freiherr.
    „Ja.“
    „Nun, so läßt sich über den Handel sprechen.“
    Jacob Simeon verschwand drüben eine kurze Weile, während welcher er die Kette an sich versteckte. Dann trat er wieder heraus. Der Freiherr lächelte ihm überlegen entgegen, klopfte ihm auf die Achsel und sagte:
    „Sie sind ein höchst vorsichtiger Mann. Sie betrachten mich ja wirklich als einen gefährlichen Menschen!“
    „Das sind Sie auch.“
    „Ich? Ah, das ist stark!“
    „Ist einer, der des Nachts in das Gerichtsgebäude eindringen will, denn nicht gefährlich?“
    „Hm, ja, wenn Sie es so nehmen.“
    „Ein solcher Mann ist auch imstande, mir die Kette nicht zurückzugeben, wenn ich so leichtsinnig bin, sie ihm anzuvertrauen.“
    „Oh, wenn ich wirklich so gefährlich wäre, würde Ihnen alle Vorsicht nichts nützen.“
    „Wieso?“
    „Was wollen Sie machen, wenn ich Ihnen jetzt

Weitere Kostenlose Bücher