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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nachher gegen den Baron die Hand aus in der sicheren Erwartung, daß er etwas erhalten werde. Dieser nahm auch wirklich seine Börse heraus, fragte aber lächelnd:
    „Sind Sie wirklich fertig?“
    „Ja.“
    „Gewiß?“
    „Ja doch!“
    „Das glaub ich nicht.“
    „Warum?“
    „Es fehlt noch etwas.“
    „Nein. Ich hab halt alles gesagt.“
    „Aber die Hauptsache noch nicht.“
    „Das ist nicht wahr. Ich hab weiter nix gelernt.“
    „Nun, so will ich Ihnen auf die Sprünge helfen. Also ich bin für Sonntag abend acht Uhr zu dem Müller in die große Stube eingeladen?“
    „Ja, ich hab's doch deutlich gesagt.“
    „Wozu denn?“
    „Himmelsakra! Das wissen S' nicht? Soll ich etwa nochmals anfangen?“
    Der Baron wehrte mit beiden Händen ab:
    „Um Gottes willen, ja nicht!“
    „Aber wann Sie nicht wissen, was Sie dort sollen, so muß ich doch nochmal beginnen. Macht aber nachhero das doppelte Trinkgeld!“
    „Sie sollen Ihre Rede nicht noch einmal halten. Aber sagen Sie mir: Ist vielleicht jemand gestorben?“
    „O Jegerl! Gestorben? Fällt keinem Menschen ein!“
    „Oder ist Schweineschlachten?“
    „Auch nicht.“
    „Hochzeit?“
    „So rasch geht das nicht.“
    „Was sonst? Etwa Verlobung?“
    „Freilich, freilich. Endlich kommens drauf auf das richtige. Verlobung ist, natürlich Verlobung.“
    „Nun, so weiß ich, woran ich bin.“
    „Und Sie werden halt kommen?“
    „Das weiß ich jetzt noch nicht genau. Hier, mein Guter, haben Sie!“
    Er gab ihm einen Taler. Als der Leichenbitter dieses für ihn so bedeutende Geldstück sah, machte er einen Luftsprung, daß die Frackschöße beinahe über seinen Kopf zusammenflogen.
    „Ein Taler, ein Taler! Juchei, juchei! Das ist mir noch nicht passiert! Das hab ich noch nicht erlebt. Da muß ich mir halt gleich einen Pomeranzen oder einen Magenbitter genehmigen. Ich dank auch schön, Herr Baron! Adieu und gute Nacht!“
    Er wollte fort, aber Franza hielt ihn noch auf:
    „Halt mein Lieber! Sie sind noch immer nicht fertig.“
    „Was? Nicht fertig? Was noch?“
    „Wir wissen, daß es eine Verlobung geben soll; aber wir wollen auch erfahren, wer die Verlobten sein werden.“
    Er stand ganz starr vor Erstaunen.
    „Was! Das wissen S' nicht?“
    „Nein.“
    „Wirklich noch nicht?“
    „Nein, sonst würd ich Sie doch nicht fragen.“
    Da ging er wieder in die Ecke, legte mit der ernsthaftesten Miene seinen Regenschirm hinein, nahm den Hut ab, zog das karierte Tuch heraus, wischte sich die Stirn ab, verbeugte sich sehr tief und begann folgendermaßen:
    „Damals, als der Vater Abraham mit dem Apostel Paulus in Paris zusammenge –“
    „Halt, halt, um aller Welt willen!“ lachte Franza. „Was fällt Ihnen ein!“
    „Was mir einfallt? Anfangen will ich wieder! Macht noch einen Taler!“
    „Nein, diesen Taler werden Sie sich nicht verdienen. Von wieder anfangen kann keine Rede sein!“
    „Aber wann Sie nicht mal wissen, wer die Verlobten sein werden –“
    „So werden wir es auch dann noch nicht wissen, wenn Sie Ihre Rede zum zweiten Mal beendet haben. Sagen sie lieber einfach: Wer ist der Bursche?“
    „Wer? Himmelsakra! Das hab ich doch bereits zehnmal gesagt!“
    „Nicht einmal!“
    „Oho!“
    „Nicht ein allereinziges Mal!“
    „Was? Daß der Fingerl-Franz es ist, das soll ich nicht gesagt haben? Das wär gar noch schöner!“
    „Nun, jetzt haben Sie es gesagt.“
    „Na, also! Ich hab's doch gewußt!“
    „Also der Fingerl-Franz! So, so! Und wer ist denn seine Verlobte?“
    „Das fragen S' mich? Auch das? Jetzt aber hört mir nun bald alles auf! Soll ich etwa das nicht gesagt haben?“
    „Nein.“
    „Da steht mir gleich all mein Verstand still! Wann ich einmal eine Reden halt, so werd ich doch all mein Lebtag nicht grad die Hauptsachen vergessen. Es ist halt sehr schön, daß ich einen Talern bekommen habe, aber zum Narren brauchen S' mich doch deshalb nicht zu machen. Da muß ich denn doch ganz schön bitten. Ich bin ein Mann im Dorf, der größte Redner weit und breit. Alle Welt hält mich in Respekt, und hier soll ich grad die Hauptsachen vergessen haben. Das ist mir grad zu bunt!“
    „Nun“, lachte sie, „so verzeihen Sie mir, vielleicht habe ich nicht genau aufgemerkt.“
    „Wie? Was? Nicht aufgemerkt haben S'? Das ist noch viel besser! Das kann mir sehr gefallen! Ich halt meine schönste Reden und mach meine besten Fisimatenten mit den Armen und denen Beinen dazu, und da wird nicht aufgepaßt! Ich will mich aber nicht

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