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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß er dreimal größer wird als der meinige Rucksack.“
    „Du lieber Himmel, bin ich mit dem Fresser gestraft! Aber dafür muß er mir auch sagen, wie man die Geistern zitiert. Nicht wahr?“
    „Ja, ich sag's dir.“
    „Nun, wie fangt man es an?“
    „Grad so, wie ich's jetzt mach. Nachher wird's leer.“
    Er nahm die große, volle Senfbüchse in die linke und den Hornlöffel in die rechte Hand und begann zu essen.
    „Wer redet denn vom Sempfen!“ räsonierte der zornige Müller.
    „Du nicht, aber ich.“
    „Ja, du hast – O Jerum jeh! Jetzt frißt er mir gar den Sempfen mit dem Löffel gleich aus der Büchsen! Bist gescheit!“
    „Bin ich etwa dumm, wann ich eß, was mir schmeckt?“
    „Aber dieser Mostrichsempfen beißt dir doch den Magen entzwei!“
    „Das fällt ihm gar nicht ein! Der tut meinem Magen so wohl wie der Fischtran meinen Schuhen, wann sie ihn aller fünf Jahr mal zu schmecken kriegen. Jetzt haben sie ihn lange Zeit nicht gesehen; drum flimmern sie so rot wie die Morgenröten, wann sie am schönsten ist. Schau!“
    Er streckte ihm die Füße hin.
    „Laß mich aus deinen Beinen! Bist fertig?“
    „Ja. Schau.“
    Er hielt die leere Senfbüchse hin, steckte den letzten Löffel voll des scharfen Zeugs in den Mund und legte dann beides fort. Dann nieste er einmal, aber so gewaltig, daß die Mühle zu zittern schien. Das war die einzige Wirkung des Senfs.
    „Prost!“ knurrte der Müller.
    „Gott behüt's!“
    „Ja, er mag's behüten“, meinte der Müller mit einem Blick auf die noch übrigen Eßwaren.
    Der Sepp wischte sich die Nase mit dem Ärmel ab, griff wieder zum Messer und riß sich ein pfundschweres Stück Schinken ab.
    „Immer noch mal!“ rief der Müller.
    „Ja freilich! Vorhin war er mir fast ein wengerl zu fett, darum hab ich den Sempfen zu Hilf genommen. Nun geht's wieder von neuem. Müllern, du glaubst halt gar nicht, was so ein Sempfen für einen Appetit macht. Merk dir das!“
    „Gott steh mir bei! Jetzt hat er mehr Hunger noch als am Anfang!“
    „So ist's auch wirklich. Kannst dich freuen! Es ist immer eine Ehr und ein Vergnügen, wann's den Leuteln bei einem schmecken tut.“
    „So meinst, daß dies wirklich schmeckt?“
    Er machte dabei ein Gesicht, als ob er den Sepp verschlingen wolle. Dieser aber antwortete treuherzig:
    „Na, und ob! Kannst's immer glauben! Ich tät dir's wahrhaftig nicht sagen, wann's nicht wahr wäre.“
    „Brauchst's auch gar nicht zu sagen. Ich seh's ja!“
    „So, das freut mich sehr. Schau, da hast nun bloß noch den Knochen. Wann du ihn zerhackst, so findest noch viel Mark darinnen, das kochst aus, und es gibt eine famose Suppen.“
    „Soll ich sie dir etwa aufheben?“
    „Nein. Sie hält sich nicht so lange. Lieber greif ich nun jetzt zur Sülzen. Das ist ein Leibgericht von mir. Weißt, sauer macht lustig.“
    „Aber es verdirbt die Zähne!“
    „Die meinigen nicht. Darauf kannst dich schon verlassen. Ich werd sie dir nachher zeigen, ob du einen Fehlern daran erblickst, wenn ich mit der Sülzen fertig worden bin.“
    „Fertig? Willst sie etwa auffressen?“
    „Etwa nicht?“ fragte der Sepp erstaunt.
    „Eine so große Schüsseln voll!“
    „Das tut nix, und das macht nix; das schad' auch nix, denn ich kenn mich und ich kenn auch die Sülzen. Die sieht groß und viel aus, aber im Magen da schwind' sie zusammen wie Schnee an der Sonne. Oder meinst etwa, daß ich dir ein kleines Resterl übriglassen soll? Ich hab dacht, daß du mir wohl nicht nachessen wirst.“
    Während dieser Erklärung hatte er aber bereits gleich mit dem großen Löffel zu essen begonnen.
    „Nein, nachessen werd ich dir freilich nicht“, zürnte der Müller, „denn das geht nicht.“
    „Ja, dazu bist du viel zu vornehm.“
    „Oh, das mein ich nicht.“
    „Was sonst?“
    „Ich kann dir nicht nachessen; das ist unmöglich, weil du alles vorher aufgefressen hast.“
    „Ja, diese Ehr will ich dir antun, du sollst sagen können, daß es denen Leuteln bei dir schmecken tut.“
    „Ob's aber auch wohl bekommt?“
    „Warum soll's nicht?“
    „Ich weiß es nicht. Aber treib dich nur nachher nicht noch lange in der Nähe meiner Mühlen umher! Wann dies Frühessen bei dir zum Ausbruch kommt, nachher kann's gefährlich sein!“
    „Gar nicht. Kannst's ruhig abwarten. Wannst dabei stehst, nachher wirst's glauben. Ich bin ein guter und gesetzlicher Kerl, und alles was ich tu und mach, das geht in der richtigen Ordnung vonstatten. Schau, da ist die Sülzen

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