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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hinten kommt eine dicke Watten hinein, weil's auch am Fleisch fehlt. Die Brust macht der Schneidern und die Achseln auch – sogar eine Schnürbrust sollen s' anlegen, und wann nachher so ein armer Teuxel in dem Gewandl steckt, so soll es ihm grad so zumute sein, als ob er oben erstickt, unten ersäuft, vorn erdrosselt und hinten aufgehangen werden sollt. Und nun frag ich dich, ob ich etwa mich auch so herausstaffieren lassen sollt. Da wär's mir Angst um mein armes Wengerl vom Leben.“
    „Nein, das sollst nicht. Du sollst nur einen neuen Kragen, ein hübsch Hals- und Schnupftucherl und ein paar Manschetten haben. Und die Schuhen muß dir auch sauber machen.“
    „Weiter nix?“
    „Nein. Und den Kragen, die Manschetten und das Halstucherl werd ich dir selber anmachen, weißt daß es hübsch akkurat wird. Ich will grad einen großen Staat mit dir machen, denn die Leutln werden natürlich fragen, wer der Hallodri ist, der es wagt, sich zu ihnen zu setzen.“
    „Der Hallodri? Herrgott sakra, da werd ich ihnen aber eine Antwort geben, mit welcher –“
    „Ja, weißt, laut werden s' nicht fragen.“
    „Wie sonst?“
    „So ganz still, mit Blicken.“
    „Oh, meinst etwa, ich kann nicht auch blicken? Ich kann Augen machen wie – wie – wie ein Ofenloch, wann die Steinkohlen drin zerplatzen und heraus in die Stuben fliegen. Mir sollen diese Rackern nicht etwa mit ihren Blicken kommen; ich werde sie anblitzen, daß sie denken, der Donner kommt sogleich dahinter her.“
    „Das ist auch falsch.“
    „So? Wie soll ich's dann machen?“
    „Gar nix sollst machen. Mußt so tun, als ob du grad hingehörst und nirgends anders hin. Mußt gar nix sehn von ihnen; mußt denken: Blast mir den Staub von den Füßen, und flickt mir die alten Strumpf zusammen! Verstanden?“
    „Ja, so kann ich auch tun, ganz gewiß, wann ich nur erst mal wollen tu. Oh, ich bin ein sakrischer Kerl, das glaubst kaum richtig. Ich kann ein Gesicht machen, wie dem Millionär sein Köderhund, wann ein Bettler kommt. Er bellt ihn gar nicht an; dazu hat er viel zuviel Kassenscheinerl im Schrank.“
    „Ja, so mein ich's und so will ich's. Aber hier stehn wir nun schon fast eine halbe Stunden. Wo gehn wir nun mal hin?“
    „Willst etwa gleich in dein Logis?“
    „Wo ist das?“
    „Weißt's noch nicht?“
    „Nein doch.“
    „Das ist in der Talmühlen draußen, wo auch der König wohnt.“
    „Der ist schon da?“
    „Ja; aber es soll wohl niemand wissen. Und der Richardl ist auch bereits hier. Na, die haben auch schon ein Abenteuern durchgemacht, was hätt schlimm ausfallen können, wann der Fex nicht gewesen war!“
    „Wer ist das, der Fex?“
    „Das werd ich dir nachher schon alles klar und klein erzählen, Leni. Jetzt aber – ah, wer kommt da?“
    Die beiden hatten Aufmerksamkeit nur auf sich selbst gehabt; darum war es ihnen entgangen, daß es ganz in der Nähe einen heimlichen Beobachter gab. Nämlich das Haus, an welchem der schmale Steg vorüberging und hinter dessen Gartenzaun die beiden standen, war der Gasthof des Skat-Matthes. Dort befand sich der Fingerl-Franz noch. Er war einmal heraus in den Hof gegangen und hatte da die Jauchzer der beiden gehört. Die Stimme Lenis war ihm sofort aufgefallen, und so hatte er einige Schritte weiter heraus in den Garten getan.
    Zu seinem Erstaunen sah er da hinter dem Zaun den alten Sepp in einer sehr intimen Unterhaltung mit einem außerordentlich hübschen Mädchen. Von der Wand eines Schuppens gedeckt, schlich er langsam näher. Er sagte sich, daß er kaum jemals ein so schönes Mädchen gesehen habe.
    Er hatte Recht. Als Sennerin hatte Leni doch immerhin etwas eckiges, unfertiges an sich gehabt. Jetzt war sie voller und runder geworden, auch schien sie in die Höhe gewachsen zu sein. Das Sonnenbraun war von ihren Wangen gewichen und hatte einer leisen, hochinteressanten Röte Platz gemacht, zu welcher der schneeige Teint des übrigen Gesichtes und des Halses, sowie die dunkle Fülle ihres Haares außerordentlich gut paßten.
    Es war gewiß, sie hatte geistig gewonnen. Ihre Mienen, ihre Bewegungen waren ganz andre geworden. Ihre Schönheit, früher sozusagen nur eine körperlich-seelische, war nun auch eine geistige geworden. Das Studium der Musik hatte ihrem ganzen Wesen den Adel geistiger Arbeit aufgedrückt.
    Darum machte sie einen außerordentlichen Eindruck auf den Fingerl-Franz. Dieser sagte sich zunächst freilich nur, daß sie hübsch, üppig, verführerisch sei. Sie trug ärmliche

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