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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Das soll ich wohl auch bald glauben?“
    „Kannst's glauben! Ich bin durch alle Straßen gelaufen und hab in alle Wirtshäusern geschaut, aber da ist kein Sepp zu sehn gewesen. Hernach hab ich denkt, ich will mal ins freie Feld blicken, ob er vielleicht da herumspringt. Drum bin ich dahier herauskrochen, und richtig – da hab ich dich erwischt.“
    „Schau, schau! Wer hätt das denken könnt! Und weißt halt, wohin ich eben wollt?“
    „Nun?“
    „Nach dem Bahnhof, um dich aussteigen zu sehen.“
    „Siehst, da hättst freilich nix geschaut. Ich bin schon bereits mit dem vorigen Zug ankommen, und weil ich weiß, daß du auch hier bist, so bin ich allsogleich ausgegangen, um dich zu suchen. Aber woher weißt halt, daß ich mit diesem Zug kommen soll?“
    „Von einen Italienern, einen Konzertmeistern, dem's der Musikdirektoren gesagt hat.“
    „Ach so, der! Ja, der Musikdirektoren hat uns telegraphiert, daß er uns mit der feinsten Equipaschen abholen will, und daß er auch bereits ein sehr hübsch Logis für uns hat.“
    „Uns? So bist nicht allein da?“
    „Jetzt bin ich allein; aber nun kommt Frau Direktor Qualèche, weißt, meine Gesangslehrerin.“
    „Ja, das Kalescherl.“
    „So heißt's nicht, Sepp. Qualèche ist ein französischer Nam und wird ausgesprochen wie Galehsch.“
    „Ja, freilich, wie Kalesch, und das ist doch ein Wagerl, mit dem man leicht und rasch spazierenfahren tut, ein Kalescherl. Die Madame ist also die Frau Direktoren Kalescherl.“
    „Galehhhhhsch! Verstanden?“
    „Ja, hörst's doch! Kalescherl!“
    „Mit dir ist nix zu machen. Du bist und bleibst der alte Wurzelsepp!“
    „Und du bist und bleibst mein bravs Lenerl. Nicht?“
    „Ja, was soll ich denn sonsten sein?“
    „Nun, du könntest gar vielerlei sein; aber am besten ist's, wann du die Leni bist. Nun sag aber auch, warum du so zeitig kommen bist und nicht mit deiner Madamen Kalescherln?“
    „Ja, schau, das war so eine Marotten von mir.“
    „O weh! Hast doch auch bereits Marotten?“
    „Einen ganzen Haufen! Weißt, die Direktorin hat ihr Stubenmädchen mitgenommen und ein Gepäck, als ob's nach Merika auswandern wollt. Und weil wir abgeholt werden sollen, so hat's ein fein Seidenkleid angezogen, und ich sollt auch als so ein feins und vornehms Kreaturl mitkommen. Nun denk dir mal, Sepp: Ein Schnürbrusten mit acht Pfund Fischbeinen und da vorn herunter ein halber Zentner Stahl; auf dem Kopf ein großer Schapoh de Mariong mit einer Straußenfedern, drei Ellen lang. Nachher die Haaren fein gesalbt und geflochten und zwanzig Naderln hinein und ein Diademerl von Silbern mit Granaten drin –“
    „Alle Wetter!“ unterbrach er sie schnell. „Granaten? Ist das Kalescherl gescheit oder nicht? Wann nun die Granaten platzen!“
    „Das sind kein solchen, sondern andere. Und weiter: Dann soll ich Glassehschuhen an den Händen tun und Glanzstieferletten an die Füßen. Einen Fächern soll ich in die Finger nehmen und damit so auf und nieder wedeln, als ob mich die Fliegen und Wesperln schon bereits halb aufgefressen hätten. Und nachher den Palletoh und den Reisemantel, eine Plüschdecken und ein Plähd aus Schottenland, was aussieht wie ein Damenbrett. Fünf Hutschachterln und zehn Kartongeln, drei Sonnen- und zwei Regenschirmer, zwei Pelzmuffkasten und den Fußsacken, dreißig Papierpaketerln und vierzig –“
    „Halt auf, halt auf!“ schrie der Sepp, indem er sich mit beiden Händen nach den Ohren fuhr. „Und das alles hast mitnehmen sollen?“
    „Ja. Und dazu stillsitzen, und Bonbon fressen und ein Gesicht machen wie ein Schaf, wann man's mit dem Grashalm in der Nasen kitzelt. Und nachher, wann man aussteigt, diese Komplimenters und Verbeugungen und Knixen, daß man sich die Hüften verdreht und die Achseln verrenkt. Dann in eine feine Equipaschen gesteckt und wie die Prinzessin Harifaridarina ins Logement geschafft und dort fein säuberlich niedergesetzt wie ein Glasweiberl, was ja leicht zerbrechen könnt! Nein, da ist mir himmelangst worden, und ich bin ausgerissen.“
    „Wie? Was? Wirklich ausgerissen?“
    „Freilich.“
    „Weiß dann das Kalescherl, daß du hier bist?“
    „Daß ich schon hier bin, weiß sie nicht. Ich hab halt mein Alpengewandl hervorgesucht und heimlich anzogen. Herrgott wie mir da so wohl geworden ist! Das glaubst halt gar nicht. Ju – hu – hio!“
    Sie schnipste mit den Fingern in die Luft und stieß einen schallenden Jodler aus. Der Sepp wurde davon sofort angesteckt. Er

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