66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
Kleidung und redete mit dem Wurzelsepp, der für einen halben Bettler galt. Das war für den Franz genug. Er war reich und hielt sich für einen außerordentlich hübschen Kerl; darum konnte es ihm ja gar nicht schwerfallen, hier eine so interessante Bekanntschaft anzuknüpfen. Er beobachtete die beiden noch eine Weile, aber ohne ihre Worte verstehen zu können; dann ging er näher. Als er sah, daß er von dem Sepp bemerkt worden sei, rief er laut:
„Was, bist noch immer da, Sepp? Ich hab glaubt, du bist schon längst fortgegangen.“
„Das war ich auch; aber ich bin bereits wieder zurück.“
„Du hast Gesellschaft troffen?“
„Freilich.“
„Das laß ich mir gefallen. Darf ich auch diese gute Bekanntschaften machen?“
„Ich rat dir's nicht.“
„Warum nicht?“
„Es ist zu gefährlich.“
„Oh, wirst doch nicht etwa eifernsüchtig sein, wann ein Jungbursch mit dem Dirndl redet!“
„Ich? O nein.“
„Was hat's denn sonst für eine Gefahren?“
„Das kannst bald erfahren, wannst etwa nicht drin im Garten bleibst.“
Der Fingerl-Franz schickte sich nämlich an, über den niedrigen Zaun zu steigen. Er ließ sich durch Sepps Worte nicht irremachen, sprang heraus, kam herbei und antwortete:
„Nun, so werd ich's also jetzt sehen, denn ich bin da. Aber ein alter Sakrifizi bist doch, he!“
„Warum?“
„Suchst dir noch so ein bildsauberes Dirndl heraus!“
„Meinst etwa, ich hab keinen Geschmack?“
„Oh, einen sehr guten hast sogar. Es gibt in der ganzen Umgegend kein so schöns Maderl. Ich kenn sie noch gar nimmer. Wer ist's denn?“
„Mein Paterl.“
„Ah! Und woher?“
„Aus ihrer Heimat.“
„Das glaub ich alleweilen schon. Wo aber liegt denn eigentlich diese Heimaten?“
„Grad unterm Mond, wann er drüber steht.“
„Donnerwettern! Willst mir wohl gar keine Auskünften erteilen, Wurzelsepp?“
„Wozu ist's nötig?“
„Weil ich das Dirndl gern kennenlernen will.“
„Damit ist nix. Sie ist nur heut da und kommt nimmer wieder her. Und du hast die Deinige.“
„Was schadet das? Muß etwa gleich geheiratet sein? Ein Busserl tut's auch.“
„Du, das ist gefährlich. Hast's ja bereits erfahren.“
„Wie kannst dies behaupten?“
„Greif an deine geschwollene Nasen und an deine aufgelaufenen Lippen!“
„Was hat das mit dem Busserl zu tun?“
„Du hättst diesen Hieb nicht erhalten, wann du die Paula in Ruh gelassen hättst.“
Der Franz blickte ihn zornig an und rief:
„Alle Teuxel! Weiß man das auch bereits?“
„Alle Welt weiß es.“
„Von wem aber?“
„Die Eichkatzerln haben's verraten, weißt, welche du da draußen verscheucht hast.“
„Ja, den Eichkater, der's verraten hat, kenn ich wohl, und ich werd auch sehr bald mit ihm zusammenrechnen. Aber das gilt doch hier nix. Hier steht ein anderes Dirndl, und ich bin der Fingerl-Franz. Schlag ein, Dirndl, wir gehn Sonntag mitnander zum Tanz!“
Er hielt ihr die Hand hin.
„Sonntag hast Verlobung!“ meinte der Sepp.
„Nun gut, so können wir gleich jetzt beisammen bleiben. Komm also herein, Sepp, und bring dein Paterl mit! Ich zahl ein Bier und Schnaps.“
„Danke sehr schön! Wir haben keine Zeit.“
„Hast so notwendig! Wo willst hin?“
„Dahin, wohin du nicht gehörst.“
„Sappermenten! Bist doch jetzt auf einmal ein recht Bilsenkraut und Giftschierling! Aber damit machst mich nicht ängstlich. Ich geh mit euch.“
„Das wirst bleibenlassen!“
„Na, Sepp, dich werd ich da nicht viel fragen. Das Madel gefallt mir, und so geh ich mit.“
„Gefällst denn etwa auch ihr?“
„Das werden wir sogleich hören. Sag, Dirndl, nicht wahr, ich gefall dir? Nicht?“
Leni hatte sich mit sehr gleichgültiger Miene die Gegend angesehen und getan, als ob der rohe Mensch gar nicht vorhanden sei. Jetzt, da er sich nun bereits zum zweiten Male direkt an sie wandte, drehte sie sich langsam um, blickte ihn mit verächtlich zusammengekniffenen Augen vom Kopf bis zu den Füßen an und antwortete:
„Du mir? Diejenige, der du gefällst, die ist entweder ganz ohne allen Verstand oder sie taugt auch so gar nix, grad wie du.“
„Wie, ich taug nix? Woher weißt das?“
„Schon dein Ochsengesicht sagt's, und nachher wer ein Dirndl hat und deine Worten zu einer andern spricht, der ist ein Halunken durch und durch. Mach dich nur von dannen. Bei mir kommst schief an!“
Diese Abweisung reizte ihn noch weit mehr als sie ihn ärgerte. Sie war so schön. Sein glühender Blick ruhte
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