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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sich in Bewegung setzte, konnten die beiden Herren den Bahnhof verlassen. Der Konzertmeister wollte direkt nach Hause gehen, der Kapellmeister aber zuvor den Direktor des Theaters, in welchem das Konzert stattfinden sollte, aufsuchen, um ihn von der großartigen Enttäuschung zu unterrichten und dann um weitere Instruktion zu bitten.
    Sepp und Leni hatten von dem offenen Fenster aus auch den letzten Teil der Humoreske mit ansehen können. Leni sagte lachend:
    „So ist sie. Sie muß ihr halbes Meublement mitnehmen. Nun aber, wenn sie an der Mühlen aussteigt und ihre Sachen nicht vorfindet, wird es eine unbeschreibliche Szenen geben. Ich muß nur schnell machen, daß ich noch hinkomm.“
    „Wie? Du willst ihr nach?“
    „Ja doch.“
    „Und wolltest doch erst morgen kommen!“
    „Das war nur Scherz. Ich wollt bequem fahren und den Komplimentern entgehn. Das hab ich erreicht, und nun bin ich eben da.“
    „Das ist schad, jammerschad!“
    „Warum?“
    „Ich hab glaubt, daß ich heut ganz mit dir Zusammensein könnt. Ich hab dir doch so viel zu erzählen, Leni.“
    „Das können wir doch auch trotzdem tun. Wo bleibst du über Nacht?“
    „Beim Fex in seiner Kapellen.“
    „Wo ist das?“
    „Das ist ein großes Geheimnis, was ich dir auch noch entdecken wollt, wann's der Fex mir erlaubt.“
    „Können wir uns denn heut abend nicht treffen?“
    „Das kann ich jetzt noch nicht genau sagen; aber darf ich zu dir kommen, wann ich mit dir reden will, Leni?“
    „Wer will dir's wehren. Komm getrost! Jetzt aber gehen wir nun schnell.“
    Sie bezahlten ihre zwei Mark und gingen, und zwar auf demselben Weg zurück, den sie gekommen waren, hinter der Stadt herum.
    Als sie dann am anderen Ende der Stadt in den richtigen Fahrweg einbogen, trafen sie mit dem Italiener zusammen. Bei Sepps Anblick erinnerte sich derselbe, daß der Alte die Sängerin auch hatte sehen wollen. Er nickte ihm mißmutig zu und fragte:
    „Hast du ßie kesehen?“
    „Ei wohl!“ lachte der Gefragte.
    „Und ßie ßein dein Paten?“
    „Natürlich.“
    „Warum ßein du nicht hinkekommen?“
    „Weil ich euch nicht stören wollte.“
    „Kann dein Paten ßingen?“
    „Wie ein Lerchen in der Luft.“
    „Ich mökt ßie ßehen fliegen in der Luft. Oh, oh, das ßein ein Ssängerin, ein Ssängerin!“
    „Wirst schon noch deine Freuden an ihr erleben!“
    Der Italiener hatte keinen Blick von Leni verwandt. Ihre Schönheit machte jedenfalls auf den Südländer trotz seines Alters einen mächtigen Eindruck. Er antwortete auf Sepps Bemerkung:
    „Ich klauben es nicht. Mit so einer Kehlen kann niemanden ßingen. Wer ßein diese Mädchen, die du hast hier?“
    „Das ist eine Bekannte von mir.“
    „Wohnt hier?“
    „Nein. Sie ist nur auf Besuch hier. Sie ist eigentlich auch eine Sennerin von droben herab.“
    „Oh! Ach! Eine Ssennerin! Ssehr schön, ßehr! Ich lieben die Ssennerinnen, weil ßie ßingen so ßehr schön, ßehr ßehr! Ssie ßingen hübsch Lieder und maken schön Jodler. Ich haben nok nie hören Jodler. Maken diese Ssennerin auk Jodler?“
    „Na, und wie!“
    „Wirklik?“
    „Ausgezeichnete Jodler.“
    „Das ßein schön, ßehr ßehr schön! Laß ßie jetzt maken ein Jodler, ein schön Jodler, ich bitt!“
    Der Sepp wendete sich an die Leni:
    „Hast's verstanden, was er will?“
    „Ja.“
    „Willst ihm den Gefallen tun?“
    „Warum nicht? Wir sind im freien Feld, und es sieht uns niemand. Da kann ich's schon tun.“
    „Das freuen mich ßehr, ßehr!“ rief der Italiener. „Alßo fangen an, jetzt kleich, schnell!“
    „Was für Jodler willst du?“ fragte sie. „Bekannte oder solche, die ich mir selber gleich mache?“
    „Nicht bekannte, lieber maken.“
    Es flog schelmisch über ihr liebes Gesicht. Auch der Sepp drückte das eine Auge zu und blinzelte mit dem anderen nach ihr hin, um ihr anzudeuten, daß sie diese Sache nicht allzu zart zu nehmen brauche. Und da sie sich bei guter Stimmung befand, ging sie sehr gern drauf ein. Sie sagte:
    „Da wirst dich freilich freun. Alle Leut kennen mich wegen meiner Stimm und meines Gesanges. Ich bin berühmt als Jodlerin.“
    „Das ßein ausgeßeichnet gut. Ich hören kleik einer berühmten Jodlerin. Anfangen schnell!“
    „So paß mal auf!“
    Sie stemmte die linke Hand in die Hüfte, hielt die andere frei zum Gestikulieren, setzte den Fuß vor und sang mit schrecklich krächzender Stimme und in möglichst unreinen Tönen:
    „Da drüben und da draußen,
Da steht ein Soldat.
Der

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