66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
klingt auch hübsch.“
„Meinst? Wollen wir ein wengerl gut mitnander sein und freundlich auch, Paula?“
„O wie so gern!“ antwortete die Müllerstochter, indem ihr Auge herzlich aufleuchtete.
„Das gefreut mich. Gib mir die Hand drauf.“
„Hier hast sie!“
„Schau, du gefällst mir noch viel bessern als schon der Name vorher. Wann du mich kennenlernt hast, so wirst mir bald vielleicht gut sein.“
„Oh, ich bin dir jetzt bereits gut.“
„Ich dir auch. Komm her, ich muß dir sogleich ein recht bravs Busserl geben.“
Sie zog sie an sich. Beide küßten sich. Dann aber fuhr Paula aus der freundschaftlichen Umarmung auf, deutete zur Tür hinaus und sagte:
„O Jemine, da kommt der Wagen mit der Sängerin ihren Sachen, nach denen s' so geschreit und geschumpfen hat. Jetzt kann man nur eilen, daß alls schnell hinaufkommt, und sich in acht nehmen, daß ein jedes Stücken fein richtig und sanft angefaßt wird, sonst kann's ein Donnerwettern geben.“
„Ja, fein säuberlich muß damit umgangen werden, sonst wird s' bös und grimmig. Ich will schnell hinauf.“
Aber ehe sie hinaufkam, hatte die Dicke bereits die Ankunft des Wagens bemerkt und das Fenster aufgerissen. Ihre fette, scheltende Stimme ertönte um die Wette mit der Klarinette des Müllers, welcher drin in seiner Stube das Zeichen gab. Das Gesinde war in Zweifel, wem zuerst zu gehorchen sei, dem strengen Herrn oder der Fremden, deren hochrotes Gesicht drohend aus dem Fenster blickte. Käthe, die Magd, eilte nach kurzem Besinnen zum Müller.
Dieser hatte die Peitsche in der einen Hand und die Klarinette, in welche er ohne Aufhören blies, in der anderen. Als er die Magd eintreten sah, setzte er das Instrument ab und schrie sie an:
„Himmelmillionenschocktausendhöllenteufeln! Warum hört ihr's nicht, wann ich das Signalen geb?“
„Weil die da droben so schreit. Das geht noch über deine Klarinetten; die hört man da gar nicht.“
„So! Das ist schön! Das laß ich mir gefallen! Jetzt bin ich nicht mehr Herr im Haus! Wart, das soll anders werden, und zwar allsogleich! Hast den Mann gesehen, welcher die Stuben für sie gemietet hat?“
„Nein.“
„Er heißt Herr Wagnern, drüben in der Villa, im Parterr. Zu ihm gehst hinüber und sagst, er soll sofort das Weibsen wieder wegnehmen, sonst werf ich sie durchs Fenstern herab!“
„Der wird mich schön anschaun!“
„So schaust ihn wiederum an! Und wann er dir etwas dagegensagt, so merk's: Wer der Gröbste ist, der hat gewonnen. Zeig nur gleich, daß du's Maul auf dem richtigen Fleck hast!“
„Na, angewachsen ist mir's grad nicht.“
„Das weiß ich; darum schick ich dich hinüber. Die Geschichten draußen auf dem Wagen werden nicht abgeladen. Die dicke Elefantin kann sich gleich selber draufsetzen und zum Teuxel fahren. Sag das draußen. Wer's wagt, abzuladen, den jag ich aus dem Dienst! Und nun mach schnell, daß du hinüberkommst, sonst kannst auch noch die Peitschen schmecken!“
Er knallte mit der letzteren so kräftig und drohend, daß die Käthe eiligst zur Tür hinausfuhr. Nachdem sie draußen den Befehl übermittelt hatte, daß die Effekten nicht abgeladen werden sollten, ging sie nach der Villa. Sie nahm sich vor, gleich recht grob anzufangen; das paßte auch ganz zu ihrem Bildungsgrad und Charakter. Darum klopfte sie auch gar nicht an. Sie machte die Tür auf und trat ein.
An dem einen Fenster saß der König, in einem Buch lesend, und Wagner schrieb Noten am Schreibtisch. Dieser letztere drehte sich um. Ehe er aber ein Wort sagen konnte, begann sie bereits:
„Bist etwa der Wagnern?“
„Wer?“ fragte er streng.
Der scharfe Blick seines Auges verwirrte sie doch ein wenig. Darum wiederholte sie:
„Ob du der Herr Wagnern bist?“
„Ja. Und wer bist du?“
„Ich bin die Käth und dien bei dem Müllern.“
„So merke dir ein für alle Male, daß du ohne ganz spezielle Erlaubnis hier nicht einzutreten hast. Hast du nicht schon in der Schule oder von deinen Eltern oder auch überhaupt gehört, daß man anzuklopfen hat, wenn man zu jemand will?“
„Das weiß ich grad so gut wie du und vielleicht gar noch bessern. Aber hier bin ich zu Haus, und wo man zu Haus ist, da braucht man nicht anzuklopfen.“
„Jetzt bin ich der Herr dieser Wohnung, und bei mir wird angeklopft. Wenn du diese Höflichkeit unterläßt, werde ich mich bei deinem Herrn beschweren.“
„Das kannst schon tun; ich hab gar nix dagegen. Grad der Herr hat mich herübergeschickt und
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