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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kennt.“
    „Ja, das war's freilich; so hab ich gesagt“, stimmte sie erleichtert bei. „Jetzt aber nun muß ich fort. Vorher aber bitt ich dich schön: Nimm dich vor dem Franz in acht. Er hat es nun auf dich abgesehn, und wo er die Gelegenheit findet, wird er sich rächen. Er ist zu allem fähig, das weißt ja selber. Und wann dir was geschäh, ich könnt's nicht verwinden! Denk dir, wann ich mal heraus zum Wasser käm und wollt überfahren, und du lägst da und er hätt dich niedergeschlagen. Heilige Jungfrau, was tät ich dann!“
    „Das wird nicht geschehn, Paula, nie nicht.“
    „Das kannst nicht wissen.“
    „Ich weiß es! Wann ich nur einen Talisman oder ein Amuletterl haben tät, so wie ich's brauch. Nachher könnt ich sicher sein.“
    „Was mußt dann für eins haben?“
    „Zu so einem Amuletterl gehört ein Blätterl aus dem Gesangbuch.“
    „Und das hast nicht?“
    „Das hätt ich schon. Aber nachher braucht man auch noch dazu ein Maiblümerl, was ein Dirndl gepflückt hat, die noch keinen Schatz hat und es einem gern herschenken tut.“
    „So kannst doch meins bekommen! Willst?“ fragte sie rasch, indem sie nach ihrem Hut griff.
    „Ich wollt schon. Aber gibst's auch gern her?“
    „Dir doch allemal ganz gern!“
    „Und hast auch keinen Schatz?“
    „Nein.“
    „Wirklich nicht?“
    „Nein doch! Was plauscht nur wieder mal! Die Leutln haben doch recht, wann sie sagen, daß dir eine große Forellen im Kopf herumschwimmt. Wann die dann dir mit ihrer Schnauz ans Maul kommt, dann schnappt allemal was Dummes heraus. Also willst das Maiblümerl zum Amuletterl?“
    „Ja, ja, gibt's schnell her!“
    Sie nestelte es los.
    „Da hast's! Brauchst sonst noch was?“
    „Jetzt nicht. Später dann.“
    „Was dann?“
    „Das darf ich jetzt noch nicht sagen. Aber wann die richtige Zeiten kommen ist, in welcher das Amuletterl fertig wird, dann werd ich's schon sagen.“
    „Hab ich's dann?“
    „Nein. Du hast's nicht, aber du wirst's mir dennoch geben.“
    „Das ist nun wieder eine Reden, aus der man nicht klug werden kann. Man kann doch das nicht geben, was man selber nicht hat.“
    „O freilich doch!“
    „Nein, niemals nicht!“
    „So weißt's halt nicht. Man hat's zwar nicht, aber indem man's gibt, wird was draus.“
    „Du redst gar wie unser Hochzeitsbitter im Dorf. Wann der mal einladen kommt, so hält er eine Reden, die so gelehrig ist, daß man am End nachher nicht weiß, ob er zu einer Hochzeit eingeladen hat oder zu einer Kindstauf oder gar zu einem Leichenschmaus. Das letzte Mal, als der Vatern Gevatter sein sollt, hab ich gar denkt, es soll ein Schweineschlachten sein. So ist's auch mit dir.“
    „So muß ich dir ein Beispiel sagen. Schau, wann ich dir einen Kuß geben sollt, hat ich ihn etwa schon vorher?“
    „Nein.“
    „Oder hast du ihn?“
    „Auch nicht.“
    „Aber wann ich dich nachher küß, so hab halt ich einen Kuß, und du hast auch einen. So sind also die beiden Busserln aus nix fertig worden. Und wannst auch das wieder eine Forellen nennst, so wird's am Besten sein, daß ich dir's einmal zeig. Komm her!“
    Er trat einen Schritt auf sie zu.
    „Nein, nein!“ rief sie aus. „Ich glaub's nun halt schon. Mit dem Busseln habt Ihr Bubn fast immer recht; das ist aber auch das einzige, worin man euch glauben darf.“
    „Schau, wie klug du nun schnell bist!“
    „Noch klüger ist's, wann ich jetzt geh. Kannst nachher immer aufmerken, wann ich dich ruf; dann will ich übers Wasser fahren. Behüt dich Gott!“
    Sie eilte fort. Er blickte ihr nach, bis sie zwischen den Bäumen verschwunden war; dann sah er die Blume mit leuchtenden Augen an, und drückte sie wiederholt an die Lippen. Nachher zog er aus der Tasche ein kleines Stückchen Seidenpapier, um das kostbare Geschenk in demselben zu verwahren.
    Die drei Lauscher hatten sich indessen nicht etwa entfernt. Zwar besaß der Wurzelsepp soviel Zartgefühl, daß er die andern beiden leise zum Fortgehen mahnte, aber für den Konzertmeister war die Szene zu interessant, als daß er auf sie hätte verzichten mögen, und die Dichterin war erst recht nicht wegzubringen. Es ging ihnen kein Wort des interessanten Gesprächs verloren. Franza von Stauffen war ganz Ohr. Sie trippelte leise mit den Füßen vor Entzücken, und bei der Abschiedsszene wollte sie gar aus dem Versteck hervorbrechen. Aber der Wurzelsepp hielt sie fest.
    „Willst gleich bleiben!“ raunte er ihr zu. „Was sollen die beiden Leuteln von uns denken, wann sie

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