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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Paula?“
    „Drüben am Platz, wo sie vorjährig die Eichkatzerle freigelassen hat, die nun mit ihrem Nachwuchs kommen, wann sie sie lockt. Als dann will ich überfahren, aber es war die Fähre nicht da. Ich pfiff nach ihr. Da plötzlich kam der Fex aus dem Busch, mit dem Ruder in der Hand und schlug es mir an den Arm, daß ich ihn gleich nimmer rühren konnt –“
    „Alltausendhimmelsturm! Hast ihn doch gleich niedergeschmettert und zertreten?“
    „Könnt ich's mit dem Arm hier?“
    Er ergriff mit der linken Hand den rechten Arm und bewegte ihn hin und her.
    „Kannst ihn wirklich nicht bewegen?“
    „Freilich nicht.“
    Der Müller wollte vor Wut aufspringen, fiel aber mit einem lauten Schmerzensruf wieder in den Sitz zurück. Er preßte die Zähne zusammen, daß sie knirschten, und sagte dann:
    „Na, wart, Bursch! Dir werde ich die Psalmen lesen, daß du die Cherubimerl und Seraphimerl singen und pfeifen hören sollst! Da ist wohl gar der Knochen entzweigeschlagen?“
    „Das wohl nicht. Vielleicht ist nur ein Gelenk ausgekettelt, oder es hat sich ein Nagerl gebogen. Der Bader mag's untersuchen, bevor ich zum Arzt geh, der so viel teurer ist. Aber weiter! Nach diesem ersten Hieb schlug er mir das Ruder noch ins Gesicht, daß gleich die Nasen aufsprang wie bei einem Boxerhund mit Doppelschnauz, und aus dem Mund lief auch das Blut. Unterwegs hab ich nachher auch gemerkt, daß einige Zähne locker sind. Wann ich auch diesen Arm nicht rühren kann, so hätt ich den Himmelsakra doch mit dem andern Überrungen und niedergeschlagen; aber er ist mir gleich schnell entkommen, in den Busch hinein, wo ich ihn nicht habe finden könnt.“
    „Wie aber bist dann über das Wasser herüber?“
    „Die Fähr ist verschwunden und ist wohl auch jetzt noch nicht wieder da. Er hat sie versteckt gehabt, um mich ganz sicher zu erwischen. So hab ich also dort gestanden, bis zufälligerweis der Fischpächter kommen ist mit seinem Kahn. Der hat mich herüberbracht.“
    „Da sollen doch alle tausend Teufel fluchen! Versteckt der Halunk die Fähr, um dich anzufallen wie ein Räuberhäuptling. Aber hab nur keine Sorge! Er soll sein Zahlaus bekommen, und zwar nicht für die Langweile. Ich werd ihn nachher rufen lassen. Jetzt aber, wann du wirklich keine großen Schmerzen hast am Arm, wollen wir erst darüber klar werden, worüber ich gestern mit deinem Vater sprochen hab.“
    „Der Schmerz ist auszuhalten. Gar schlimm wird's vielleicht doch nicht werden.“
    „Mag sein, und wollens hoffen; die Straf aber bleibt ganz dieselbige. Der Fex soll mir den Schwiegersohn nicht vermalträtiern. Das will ich mir ein für alle Mal sehr verbitten!“ –
    Unterdessen hatte der Fex die Fähre gefunden und stromauf gerudert und die drei Passagiere an das diesseitige Ufer gesetzt. Wenn er auch gesagt hatte, daß er mit dem Wurzelsepp bekannt sei, so hatte er mit demselben doch kein Wort und keinen Blick gewechselt, woraus auf irgendein Einverständnis zu schließen gewesen wäre.
    Der Sepp warf seinen Rucksack auf den Rücken und schritt voran, der Mühle zu, wo er sich an dem Blumengärtchen an einem Tisch niederließ, in der Nähe desjenigen, an welchem der Kapellmeister des Bades saß. Franza von Stauffen ging nicht nach der Mühle, sondern nach der bereits erwähnten Villa, wo ihr Vater mit der Schwester jedenfalls bereits angekommen war.
    Der italienische Konzertmeister folgte dem Sepp gemächlich nach; als er aber in der Nähe der Mühle kam und den Kapellmeister im Gärtchen erblickte, beschleunigte er seine Schritte, um diesen letzteren auf das Freundlichste zu begrüßen. Seit er hier als Badegast wohnte, hatten die beiden eine nähere Bekanntschaft geschlossen.
    Beide waren weitbekannte Musiker, der eine als Dirigent und er andere als berühmter Violinist. Der Kapellmeister hatte den Italiener bereits mehrere Male gebeten, sich in einem Konzert hören zu lassen, war aber abschlägig beschieden worden. Einesteils war Rialti hier im Bad seiner Gesundheit wegen, nicht aber, um zu konzertieren. Erst in den letzten Tagen hatten sich zahlreiche Familien aus der Aristokratie des Geistes, des Geldes und der Geburt eingefunden. Und endlich wollte der Virtuose nur dann auftreten, wenn er es mit anderen berühmten Größen in Gemeinschaft tun konnte. Sich allein mit der Badekappelle durch ein ganzes Konzert zu quälen, das war nicht nach seinem Geschmack.
    Jetzt nun zeigte die verheißungsvolle Miene des Kapellmeisters und die Eile, mit welcher er

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