68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
etwa als Sohn anerkennen?“
„Das kann mir im ganzen Leben nicht einfallen.“
„So! Ich, wann ich einen Sohn hätt, ich wär auch ganz gewiß sein Vatern; aber mich geht diese Geschichten nix weitern an. Jetzund nun werd ich mich dem Herrn Baronen empfehlen und will nur wünschen, daß dera gnädigen Herrn mit mir zufrieden sein mag. Sag gute Nacht und gute Besserungen.“
Bei diesen Worten war er zur Tür hinaus.
Sein letztes Wort war eigentlich für den Baron eine Beleidigung; dieser nahm es aber nicht so. Er glaubte, der Alte habe es aus alter Gewohnheit oder ohne alle Überlegung gesagt. Er begab sich nach dem Zimmer seiner Tochter, um dieser mitzuteilen, daß er sie begleiten werde. Dort erfuhr er, daß sie bereits fort sei. Nun war es unmöglich, ihr sofort zu folgen. Es schien geratener zu sein, später zu gehen. Es konnte dann die Ausrede gemacht werden, daß er sie habe abholen wollen, da sie allein sei. Aus diesem Grund wartete er fast noch eine Stunde. –
Die Bürgermeisterin hatte ihren Sohn sofort in ihre Stube geführt und dem Mädchen den Auftrag erteilt, für das Abendbrot zu sorgen.
Wie glücklich fühlte sie sich, den so lang Ersehnten nun endlich, endlich bei sich zu sehen! Und mit welch zärtlicher Sorgfalt bediente sie ihn und sah darauf, daß er es recht bequem habe. Er sollte die Liebe, welche er vermißt hatte, nun in reichlichstem Maße finden, zumal er ja bald gezwungen war, für längere Zeit die Heimat zu verlassen.
Dann saßen sie Hand in Hand nebeneinander auf dem Sofa.
„Wie wird sich mein Mädchen wundern“, sagte sie, „wenn sie erfährt, daß du mein Sohn bist! Es hält mich hier ja jedermann für kinderlos.“
„Mutter“, bat er, „halte mit dieser Mitteilung noch zurück! Ich bin ja ebenso glücklich, wenn auch die Leute nicht wissen, wer ich dir bin!“
„Wie, verleugnen soll ich dich? Das kann mir nicht einfallen! Das wäre ja eine neue und noch größere Versündigung an dir als vorher!“
„Aber bedenke deinen Ruf!“
„Mein Ruf wird wohl kaum darunter leiden. Und ich glaube auch nicht, daß ich nun, da ich dich besitze, für immer hier wohnen werde. Nein, nein, ich verleugne dich nicht. Ich wollte, ich könnt dir noch viele und größere Opfer bringen.“
Bald wurde das Mahl aufgetragen, und dabei warf das Mädchen allerdings ganz verwunderte Blicke auf die beiden, welche sich du nannten und so liebevoll miteinander waren.
„Der Sepp ist noch nicht da“, meinte die Mutter. „Ich denke wir warten mit dem Essen auf ihn?“
„Sehr gern. Überhaupt läßt mich das Glück gar nicht an das Essen denken.“
„Sag es aufrichtig, ob es dir recht ist, daß sich der Alte mit zu uns setzt. Ich tue so gern nach deinem Willen.“
„So soll er allerdings bei uns sein.“
„Recht so! Wir haben ja grad ihm zu verdanken, daß wir uns wiedergefunden haben.“
„Und überdies darfst du nicht denken, daß ich den Wurzelsepp mißachte. Er ist ein ungewöhnlicher Mensch, und ich habe die Beobachtung gemacht, daß er sogar heimlich mit dem König verkehrt. Ich will keineswegs behaupten, daß er das nicht sei, was er zu sein scheint; aber er hat Bekanntschaften und Verbindungen, welche ihm derjenige, der ihn nur nach der Kleidung beurteilt, sicherlich nicht zutrauen wird. Übrigens rechne ich ihn nicht nur zu meinen Bekannten, sondern er ist sogar ein Verbündeter von mir.“
„So verfolgst du Zwecke, wobei er dir behilflich ist?“
„Ja. Ich bin einem Verbrechen auf der Spur, und er steht mir bei, den Täter zu entlarven. Er ist ein schlauer, aber auch ebenso treuer und zuverlässiger Patron.“
Sie warteten noch einige Zeit, aber der Sepp wollte sich nicht einstellen. An seiner Stelle kam zur freudigen Überraschung Milda von Alberg.
Da die Bürgermeisterin eine einfache bürgerliche Wirtschaft führte, so war von einer Anmeldung durch Dienerschaft keine Rede. Milda klopfte also nur an die Tür und trat dann ein.
Mutter und Sohn erhoben sich vom Sofa, auf welchem sie noch immer gesessen hatten.
Es war ein ganz eigentümlicher Augenblick. Die Bürgermeisterin fühlte sich im ersten Moment einigermaßen verlegen, nun da sie Max in Wirklichkeit als ihren Sohn vorstellen sollte. Dann, als sie sprechen wollte, fiel ihr mit einem Mal die außerordentliche Ähnlichkeit dieser beiden auf. Wer Max und Milda erblickte, ohne sie zu kennen, mußte sie unbedingt für Geschwister halten.
Und die beiden standen auch einander mit ganz eigenartigen Empfindungen
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