68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
Baronesse von Sendingen, eingebracht worden. Das alles fällt mir am Tag meiner Mündigwerdung zu, und Sie sind bis dahin nur der Nutznießer. Von dem Tag meiner Mündigkeit an besitzen Sie keinen Deut mehr und sind allein auf meinen guten Willen angewiesen. Wenn ich mich jetzt von Ihnen lossage, so dürfen Sie ja nicht glauben, daß ich auch auf mein Eigentum verzichte. Während ich mich bisher nicht im geringsten um dasselbe bekümmert habe, werde ich ihm von heut an meine vollste Aufmerksamkeit widmen. Ich trenne mich zwar von Ihnen, nicht aber von meinem Besitz. Ich werde auch fernerhin hier auf Schloß Steinegg wohnen und bereits morgen einen erfahrenen Rechtsanwalt kommen lassen, welcher darüber zu wachen hat, daß der ehrlose Baron von Alberg mich nicht um einen Gulden meines Vermögens bringe. Das sei Ihnen noch gesagt, und nun können Sie gehen!“
Sie stand so stolz und hochaufgerichtet vor ihm, daß er von ihr zurücktrat. Er starrte sie an. Es war ihm, als ob er träume.
„Was – fällt – dir ein!“ stieß er hervor. „Ich glaube, du bist nicht bei Sinnen! Wann hättest du jemals gewagt, in diesem Ton mit mir zu sprechen!“
„Ja“, antwortete sie, „ich bin ein mildes, furchtsames Geschöpf gewesen. Das Leben hatte mich langsam gereift. Was ich aber heut abend erfahren und gefühlt habe, das hat aus dem nachgebenden, unselbständigen Wesen plötzlich ein selbstbewußtes, willensstarkes Weib gemacht. Du hast mich erzogen, um mit meiner Person einen teuflischen Schacher zu treiben. Du hattest heut sogar die Stirn, mir dies zu sagen. Das hätte ich dir noch vergeben können. Daß du aber deinen eigenen Sohn, dein eigenes Fleisch und Blut verleugnest, daß du kein Wort, kein einziges Wort hast, um dir Verzeihung von einem Wesen zu erbitten, welches auf deine Schuld hin so entsetzlich leiden mußte, daß du im Gegenteil nur Hohn für beide hast und die Ohrfeige eines alten Wurzelhändlers ruhig einsteckst, du, der Baron – ah, mir graut! Mir wird schlimm! Gehen Sie, gehen Sie, Baron! Und wenn noch ein Rest von Ehrgefühl in Ihrem Innern verborgen sein sollte, so zeigen Sie dies dadurch, daß Sie morgen früh Schloß Steinegg verlassen. Ich kann und mag nicht mit Ihnen unter einem Dache wohnen.“
Da legte er die Arme über der Brust zusammen, zuckte die Achseln und sagte:
„Phantasien eines unreifen Kindes! Für alles, was du soeben getan hast, wirst du deine Strafe erhalten, welche ich dir unnachsichtig diktieren werde. Jetzt nun sage ich kein Wort mehr. Dur wirst mit mir nach Hause gehen. Weigerst du dich, so gebrauche ich mein Recht.“
„Ihr Recht?“ nahm da Max Walther das Wort. „Hören Sie, Herr Baron, ehe Sie das tun, habe auch ich ein Wort mit Ihnen zu sprechen. Zunächst möchte ich mich gegen die Ansicht verwahren, daß ich mich sehne, Ihren Namen zu tragen. Er ist der Name eines Schurken, und ich hätte ihn nicht angenommen, selbst wenn Sie bereit gewesen wären, ihn mit Millionen auf mich zu übertragen. Mein Name ist Walther. Ich habe ihn mit Ehren getragen und werde dieses auch ferner tun. Was ich von Ihnen denke, wissen Sie. Ich habe mich nach meiner Mutter gesehnt, nach Ihnen niemals. Das ist das eine, was ich sagen will. Das andere aber ist eine Warnung. Fräulein Milda hat erklärt, daß sie nichts mehr von Ihnen wissen will, und Sie werden sich nach dieser Erklärung richten. Sie haben keine Rechte mehr auf Ihre Tochter –“
„Oho! Wer behauptet das?“
„Ich!“
„Das ist auch was Rechtes!“
„Er ist ein ehrlicher Mensch, wenn auch nur ein armer Dorfschulmeister. Nicht der Vater allein steht über dem Kind. Es gibt eine Behörde, welche darüber zu wachen hat, daß der Vater nicht nur seine Rechte genießt, sondern auch seine Pflichten erfüllt. An diese Behörde wird sich Fräulein Milda wenden. Mit Ihnen also hat sie nichts mehr zu tun!“
„Wie klug Sie sprechen! Bis jetzt hat sich meine Tochter noch nicht an diese Behörde gewendet, und ich hab also Gewalt über sie. Diese Gewalt werde ich auf alle Fälle in Anwendung bringen. Wenn sie nicht jetzt sofort mit mir geht, werde ich sie durch die Dienerschaft holen lassen!“
„Das können Sie versuchen. Wir werden es in aller Ruhe abwarten.“
„Ich werde es nicht nur versuchen, sondern in Wirklichkeit tun!“
„In Gottes Namen! Jetzt aber machen Sie sich von dannen! Sie sind wirklich ein Mensch, vor dem es einen grauen kann. Wenn es viele Ihresgleichen auf Erden geben sollte, so möchte man es
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