68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
antwortete nicht. Er versuchte, sich von der Eisenfaust des Wurzelsepp zu befreien, mußte aber diesen Versuch sofort aufgeben, denn der Alte drehte ihm das ‚Schlipserl‘ so zusammen, daß er fast keinen Atem bekam.
„Nun, gib Antwort! Ich hab keine Zeit.“
Die Situation war eine verteufelte. Der Baron erkannte, daß es am besten sei, sich zu ergeben. Er sagte sich, daß er ja keinerlei Verpflichtungen auf sich zu nehmen brauche. Darum antwortete er jetzt:
„Laß mich los, Mensch! Ich will euch den Gefallen tun und die mir zugedachte Rolle mit euch spielen.“
„So? Willst! Nun, das ist das allerbeste, wast tun kannst. So will ich dir Luft lassen. Aber nun sag auch, obst dera Kerlen gewest bist!“
Er nahm die Faust von dem Baron. Dieser erhob sich vom Stuhl, holte tief Atem und antwortete:
„Ich sehe keinen Grund ein, es zu leugnen. Ich habe einmal den betreffenden Namen getragen. Es handelte sich um ein hübsches Mädchen. Welchen jungen Mann überkommt dabei nicht eine romantische Idee!“
Da stand Milda von ihrem Stuhl auf. War sie vorher bleich gewesen, so war ihr Aussehen jetzt ein geisterhaftes zu nennen.
„Du gestehst also ein“, fragte sie, „daß Bertha Hiller deine Verlobte war?“
„Ja.“
„Und daß Max Walther dein Sohn ist?“
„Nein.“
„So widersprichst du dir selbst. Wenn sie die Mutter ist, muß er dein Sohn sein.“
„Das sagst du, weil du die Welt nicht kennst“, lachte er höhnisch. „Wer kann mir beweisen, daß er wirklich mein Sohn ist? Wenn meine Verlobte ein Kind bekommt, wer kann behaupten, daß ich der Vater sein muß?“
Der Eindruck, welchen diese Worte machten, war ein ungeheurer. Die Bürgermeisterin stieß einen Schrei aus und glitt zu Boden.
„Mutter, meine Mutter!“ rief Max und sprang zu ihr hin.
Der Sepp griff nach seinem Stock und rief:
„Soll ich den Halunken derschlagen, den elendigen?“
„Still!“ gebot Milda, welche mit beiden Händen nach ihrem Herzen gegriffen hatte, als ob sie dort die Empfindung eines Schmerzes habe. Und nahe zu ihrem Vater herantretend, fragte sie: „Du willst ihn nicht als deinen Sohn anerkennen?“
„Ah!“ lachte er. „Wünscht du es vielleicht?“
„Ja, um meinet-, deinet- und seinetwillen.“
„So! Mir aber kann es nicht einfallen. Ein Bastard in meiner Familie –“
„Schweig!“ donnerte sie ihm entgegen, so laut und streng ihre sanfte Stimme es zuließ. „Also, willst du ihm deinen Namen verweigern?“
„Ja.“
„Dieser Entschluß steht unerschütterlich fest?“
„Unerschütterlich.“
Da trat sie von ihm zurück, zeigte nach der Türe und erklärte:
„So sind wir fertig miteinander, Herr Baron von Alberg, ich bin Ihre Tochter nicht. Max Walther ist mein Bruder. Wir müssen denselben Namen tragen. Darf er den meinigen nicht tragen, so nehm ich den seinigen an. Ich werde die dazu nötigen Schritte bereits morgen tun. Sie können gehen, Herr Baron! Wir haben nichts mehr miteinander zu schaffen!“
Sie stand da wie eine Rachegöttin. Ihre Augen flammten; ihre Wangen hatten sich wieder gerötet, und zwischen ihren halb geöffneten Lippen schimmerten die kleinen Zähnchen weiß und glänzend hervor.
Das hatte er nicht erwartet. Er stand einige Augenblicke stumm. Dann aber schlug er eine laute Lache auf und fragte:
„Gehört das auch mit zu deiner Rolle?“
„Ja. Und ich werde diese Rolle energisch bis zu Ende spielen.“
„Wenn ich es erlaube!“
„Ich gehorche nur meinem Gewissen!“
„Und mir jedenfalls nicht weniger. Das muß ich mir sehr erbitten! Du kannst wohl auf die höchst alberne Idee kommen, auf mich und meinen Namen zu verzichten. Nun aber fragt es sich, was ich für eine Ansicht habe. Bekanntlich hat der Vater gewisse Rechte, und diese werde ich natürlich in Ausführung bringen. Nimm deinen Hut und komm.“
Sie wendete sich ab und antwortete:
„Sie werden allein gehen müssen.“
„Ich befehle es dir!“
„Sie haben mir nichts mehr zu befehlen.“
„Mädchen, soll ich Gewalt brauchen!“ rief er in höchstem Zorn.
„Dagegen würde ich Beschützer finden.“
„Soll ich dich verstoßen, soll ich –“
„Das ist's ja, was ich wünsche“, fiel sie ein.
„Und dich enterben?“
Sie hatte sich so gestellt, daß sie ihn nicht mehr sah; bei seiner letzten Frage aber drehte sie sich rasch zu ihm um.
„Enterben? Davon kann nicht die Rede sein. Sie, Herr Baron, haben keinen Gulden Vermögen besessen. Was wir besitzen, ist von meiner Mutter, einer
Weitere Kostenlose Bücher