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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mich damit sehr beglücken. Aber nun erlaube mir auch, deine Frage an dich selbst zu richten, beste Milda.“
    „Wegen – wegen – der Liebe?“
    „Ja; oder hat der Bruder nicht dasselbe Recht wie die Schwester?“
    „Nicht ganz, weil eine Schwester viel besser zum Schutzengel taugt als ein Bruder. Aber ich kann dich beruhigen. Ich habe da noch keines Schutzes bedurft; und vielleicht grad darum machte mich dein Kuß fast verlegen. Du bist der erste Fremde, der meinen Mund berührt.“
    „Fremde? Ah!“
    „Verzeih! Wir waren uns allerdings bisher fremd. Und nun müssen wir aber scheiden. Dort erscheint der Hausmeister unter dem Portal. Er wird sich über mein so langes Ausbleiben wundern.“
    „Das glaube ich. Und wir – wollen wir uns auch noch einmal wundern, Milda?“
    „Worüber?“
    „Über einen Geschwisterkuß!“
    „Bist du ein so sehr zärtlicher Bruder?“
    „Ja, weil ich eine gar so liebe Schwester habe.“
    „Dann hier!“
    Sie bot ihm die Lippen abermals zum Kuß dar; dann trennten sie sich. Als Milda in das Portal trat, wagte der Hausmeister die Bemerkung:
    „Der gnädige Herr Baron sind schon längst wieder zurückgekehrt.“
    „Warte mit solchen Mitteilungen, bis ich dich frage!“
    Das klang so energisch und zurückweisend, wie er es von dieser zarten, freundlichen Natur noch nie gehört hatte. Er fuhr förmlich vor Schreck zurück.
    „Na“, brummte er. „Ein schöner Tag! Ohrfeigen von einem Landstreicher! Den zerbrochenen Spiegel bezahlen, wie vorhin der Baron sagte! Und nun auch noch von der Baronesse angeschnauzt! Den Tag muß ich rot, grün und blau im Kalender anstreichen!“
    Droben am Korridoreingange saß ein wartender Diener. Er erhob sich respektvoll und meldete:
    „Der Herr Baron wünscht das gnädige Fräulein jetzt noch auf seinem Zimmer zu sprechen.“
    Er griff schon nach der dorthin führenden Tür, um sie zu öffnen.
    „Ich bin heut nicht mehr zu sprechen!“ antwortete sie kurz.
    Sofort sprang er nach der andern Tür, welche zu ihren Gemächern führte. Als sie dort eingetreten war, ging er, den Bescheid der Baronesse seinem Herrn zu melden. Dieser ließ sich's nicht merken, daß er darüber erzürnt war, fluchte aber desto kräftiger in sich hinein.

SECHSTES KAPITEL
    Anton auf Abwegen
    Jetzt wurde unten das Hauptportal verschlossen, und die Lichter verlöschten in den Korridoren. Bald schien alles zur Ruhe gegangen zu sein – schien aber nur. Ein Schatten huschte leise und vorsichtig aus dem rechten Flügel nach dem linken hinüber. Und das hatte folgenden Grund:
    Anton und Asta hatten sich sehr gut unterhalten. Ihnen war es recht lieb, daß niemand sich um sie bekümmerte und daß sowohl der Baron als auch Milda sich entfernt hatten. Später fiel es ihnen aber doch auf, daß sie so alleingelassen wurden, und auf eine in dieser Beziehung an den Diener gerichtete Frage erfuhren sie, daß sowohl der Baron als auch dessen Tochter nach der Stadt gegangen seien.
    „So sind wir also ganz allein“, sagte Anton.
    „Nur auf uns angewiesen. Das ist Ihnen natürlich höchst unlieb!“
    „Woraus schließen Sie das?“
    „Ich vermute es nur.“
    „Aber ohne allen Grund. Ich bin so gern mit Ihnen allein, gnädiges Fräulein.“
    „Ganz wie es im Lied heißt“, lächelte sie verführerisch: „Ich bin so gern, so gern allein. Ist es Ihnen bekannt?“
    „Sehr wohl. Es ist eins der ersten Lieder, welche der Professor mich singen lehrte, so einfach und so herzinnig.“
    „Ich habe diese Melodie wirklich lieb, und den Text ebenso. Ach, wenn Sie es doch einmal singen wollten!“
    „Singen, wenn ich mich mit Ihnen allein befinde?“
    „Warum da nicht?“
    „Wie kann ich singen, wenn alle Gedanken nur bei Ihnen sind!“
    „Schmeichler!“ sagte sie, ihm mit der Hand einen leichten Schlag versetzend. Dabei aber blieb ihre Hand sehr wohl berechnet auf der seinigen liegen. „Eben deshalb sollen Sie dieses Lied singen – nur für mich allein, leise und innig, dabei nur an mich denken. Wollen Sie? Ich werde Sie begleiten.“
    Sie näherte ihr Gesicht dem seinigen und brannte ihren Blick in seine Augen.
    „Nur mit Widerstreben“, antwortete er.
    „Sie sind es aber uns beiden schuldig. Denken Sie, daß es auffallen muß, wenn wir uns so lange Zeit still und beschäftigungslos beieinander befinden. Wenn wir singen, kann man aber nichts vermuten.“
    „Was soll man vermuten?“ fragte er leise und vertraulich.
    „Soll ich Ihnen das wirklich sagen?“
    „Ich bitte

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