68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
Dummes Ding, ich werde dir jetzt zeigen, wer hier zu gebieten hat! Dort steht die Kassette. Ich werde dir gleich den Mut nehmen, welchen du mir wohl nur darum zeigst, weil du im Besitz der Kasse bist. Sie gehört mir. Ich nehme sie in Beschlag.“
Er trat an den Tisch, auf welchem die eiserne Schatulle lag, und wollte sie an sich nehmen; aber sie kam ihm mit einigen schnellen Schritten zuvor, legte die Hand darauf und sagte:
„Halt! Das Geld ist mein, oder vielmehr, es gehört mir nicht, und ich muß es für die rechtmäßige Besitzerin verwalten. Lassen Sie also davon ab!“
„Was! Ich soll nicht –“
„Nein“, unterbrach sie ihn energisch, die Hand abwehrend gegen ihn ausstreckend.
„O doch! Ich werde dir zeigen, ob es hier einen Herrn oder eine Herrin gibt!“
Er faßte ihren Arm. Da richtete sie sich zu ihrer ganzen Höhe auf und fragte: „Wollen Sie mit einer Dame ringen?“
„Ja, wenn ich gezwungen werde!“
„Dann gut! Ich werde aber – ah, Gott sei Dank, es kommt Hilfe! Ich höre es.“
Draußen auf dem Korridore wurden nämlich streitende Stimmen laut.
„Zurück!“ hörte man den Diener sagen. „Der Herr ist bei dem gnädigen Fräulein.“
„Der? Der Herr Baron wohl?“ fragte eine kräftige Stimme, in welcher Milda sofort diejenige des alten Wurzelsepp erkannt hatte.
„Natürlich!“
„Nun, da muß ich halt erst recht hinein!“
„Nein, Sie bleiben hier!“
„Du, mach mir keine Wippchen, sonsten machst du mit meinem Alpenstock Bekanntschaft. Dich werd ich wohl fragen, ob ich dahin gehen darf, wohin ich gehen will!“
„Mensch! Bist du verrückt! Ohne Anmeldung darf überhaupt niemand hinein.“
„Das weiß ich schon auch. Aber anmelden werd ich mich schon selber, dazu brauch ich keinen Faulenzern, der nur den ganzen Tag dasteht und das Mustern von dera Tapeten anglotzt. Mach Platz!“
„Nein! Zurück!“
„Was? Angreifen tust mich auch, mich, den Wurzelsepp! Du, da blas ich dich gleich in denen Wind! So, da fliegst fort! Wünsch glückliche Reisen!“
Man hörte, daß ein Mensch sehr kräftig weit fortgeschleudert wurde und gegen die Wand flog; dann wurde die Tür geöffnet, und der Sepp trat ein.
„Grüß Gott, und guten Morgen auch, Fräulein Baronessen!“ sagte er, indem er die Tür hinter sich rasch wieder zuzog. „Nehmens es nicht übeln, daß ich selber aufimacht hab!“
„Nein, mein guter Sepp“, antwortete sie sehr freundlich. „Du kommst grad zur rechten Zeit.“
„Wieder mal? Es ist doch zum Verteuxeli, daß dera Sepp allemalen grad zur richtigen Zeiten kommt. Brauchst mich wohl?“
„Ja.“
„So sag nur, wozu! Was soll ich tun?“
Er merkte es gar nicht, daß er sie vor Freude, so freundlich empfangen zu werden, duzte. Der Baron war nicht etwa zurückgetreten. Milda hatte sich beim Eintreten des Sepps von dem Tisch entfernt, und das hatte er benutzt, sich der Schatulle zu bemächtigen. Er stand jetzt da, sie mit beiden Händen festhaltend.
„Man will mich bestehlen“, antwortete sie.
„Himmelsakra! Wer ist denn dera Kerlen, der das wagen will?“
„Dieser Mann hier.“
„Dera Baronen? Er will wohl da denen Kasten mausen?“
„Ja. Es ist meine Kasse.“
„Und das willst nicht dulden?“
„Nein. Er wollte Gewalt anwenden und sogar mit mir ringen. Da bist glücklicherweise du dazwischengekommen.“
„Na, so soll gleich das Theatern beginnen. Wart nur den einzigen Augenblick. Ich will mir nur erst die Händen frei machen.“
Er legte den Rucksack, Hut und Alpenstock weg und schritt dann breitspurig auf den Baron zu. Dieser wußte augenblicklich gar nicht, was er machen sollte. Die Situation war eine so ungewöhnliche, ja, gradezu unglaubliche. Er tat zunächst nichts weiter, als daß er den Sepp zornig anblickte.
„Was machst für Augen?“ sagte dieser. „Denkst wohl, daß man sich davor fürchten soll? Da kennst denen Wurzelseppen schlecht. Gleich tust den Kasten wiederum her auf den Tisch!“
„Kerl!“ donnerte der Baron. „Soll ich dich festnehmen und auspeitschen lassen?“
„Durch wen etwa? Ich möcht wohl denen Krötenfrosch sehen, der es wagen wollt, seine Patschen nach dem Sepp auszustrecken! Legst das Kasterl weg odern soll ich dir helfen!“
„Himmeldonnerwetter! Ich bin der Herr hier!“
„Ja, und ich bin dera neue Parkaufsehern, und wannst nicht gleich gehorchst, so sollst merken, wast für einen wackern Diener du verengageriert hast. Vorwärts gleich!“
Er faßte die Kasse mit an, schob sie dem
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