68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
der Stadt irgend etwas erlebt haben, was diesen Eindruck auf sie und diese schnelle Änderung in ihrem Wesen hervorgebracht hat.“
„Das vermute ich auch.“
„Sie vermuten es nur? Ich habe geglaubt, daß Sie sich bei ihr befanden. Mag es sein, was da wolle! Ich bin so beleidigt, daß ich auf Ihre mir sonst so wertvolle Gastfreundschaft verzichten muß. Ich kann nicht in diesem Hause mehr bleiben.“
„Ich glaube es Ihnen und gebe Ihnen ganz recht.“
„Wie? Das ist alles?“
„Was verlangen Sie mehr?“
„Sie geben mir recht und nehmen mich nicht in Ihren Schutz? Wie soll ich das begreifen!“
„Erklären Sie es sich sehr einfach durch die Verlegenheit, in welcher ich mich befinde.“
„Sie kann keine große sein. Darf ich nach ihr fragen?“
Diese Frage kam ihm höchst ungelegen, aber glücklicherweise fiel ihm ein, was er gestern über das erste Zusammentreffen zwischen Asta und der Bürgermeisterin gehört hatte; darum antwortete er:
„Diese Verlegenheit habe ich zum großen Teil Ihnen zu verdanken, beste Asta.“
„Mir? Das ist mir unerklärlich.“
„Sie haben diese sogenannte Bürgermeisterin durch ihre Mißachtung beleidigt.“
„Was mache ich mir daraus!“
„Sie, ja! Aber ich habe mir etwas daraus zu machen.“
„Wieso? Ich kann mir doch unmöglich denken, daß diese Frau eine Person ist, auf welche Sie irgendeine Rücksicht zu nehmen haben, oder Sie ihr verpflichtet sind.“
„Und doch ist es so.“
„Ah! Unbegreiflich!“
„Sie hat bedeutende Verbindungen in der Hauptstadt.“
„Diese Frau? Das darf ich doch wohl bezweifeln!“
„Ich wünschte auch, es wäre so. Aber Sie wissen ja, daß es gewisse Agenten und Agentinnen gibt, auf welche sogar Leute von hervorragender Stellung Rücksicht nehmen müssen.“
„Und so eine ist sie?“
„Ja. Ich habe soeben eine Nachricht von ihr erhalten, welche mich veranlaßt, heute nach Wien zurückzukehren.“
„Sonderbar! Schon Milda sprach davon, daß Sie mich wohl begleiten würden.“
„Weil sie die Nachricht bereits kannte, welche ich erst jetzt empfangen habe.“
„Und Sie reisen wirklich?“
„Ja. Und Sie?“
„Jedenfalls; aber – nicht allein.“
Sie sagte das mit ausdrücklicher Betonung.
„Nicht allein? Meinen Sie meine Begleitung?“
„O nein. Ich glaube, daß Herr Warschauer sich mir anschließen werde.“
„Der?“ fragte der Baron fast erschrocken. „Das wäre mir sehr unlieb.“
„Warum?“
„Weil – hm, Sie wissen ja, welche Absichten ich mit ihm verfolge. Ich wollte das Verdienst besitzen, daß er sich bei mir zum Sänger ausgebildet habe.“
„Das kann ja trotzdem noch geschehen. Muß es denn gerade hier in Steinegg sein? Steinegg ist ja nicht Ihre einzige Besitzung.“
„Da haben Sie ja recht. Ich werde sofort zu ihm gehen, um mit ihm zu sprechen.“
„Nein; überlassen Sie das mir, Herr Baron. Ich schmeichle mir, mehr Einfluß auf ihn zu haben, als Sie. Ich sah ihn vor einigen Minuten vor meinen Fenstern vorbeigehen. Er befindet sich im Garten. Da werde ich ihn aufsuchen.“
„Und Sie glauben, ihn zu überreden, mit uns zu gehen?“
„Jedenfalls.“
„Aber der Professor!“
„Oh, der macht mir keine Sorgen! Der läuft dahin, wo der Sänger hingeht. Er will ganz allein den Ruhm haben, seine Ausbildung vollendet zu haben. Also gehen Sie getrost nach Ihrem Zimmer. Ich werde Ihnen nachher Nachricht bringen.“
Der Baron ging. Als er auf den Korridor trat, kam der Sepp gerade aus Mildas Zimmer. Er hatte bemerkt, daß zwischen ihr, dem Lehrer und der Bürgermeisterin ein Gespräch angeknüpft worden war, bei welchem seine Anwesenheit nur störend wirken konnte, und so hatte er sich in seiner Bescheidenheit für einige Zeit entfernen zu müssen geglaubt.
Er wollte still an den Dienern vorübergehen, ohne ihnen Beachtung zu schenken; aber einer von ihnen sagte dem andern halblaut:
„Ein verfluchter Strolch!“
Da blieb der Sepp vor ihm stehen, sah ihn mit funkelnden Augen an, holte zum Schlag aus und fragte:
„Meinst mich?“
„O nein!“ antwortete der Mann sehr schnell.
Da trat ihm der Sepp noch um einen Schritt näher und sagte:
„Entwedern hast dich gemeint oder mich; einen anderen keineswegs. Wannst eine Ohrwatschen haben willst, daß dir dera Kopf so breit wird wie ein Kuchenbrett, dann sollst mich meint haben. Also red' schnell: Wer ist dera verfluchte Strolchen?“
„Du nicht.“
„Aber wer sonst? Herausi damit!“
Er hielt die Hand noch immer erhoben.
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